Kreis Germersheim Germersheimer Ehepaar sorgt sich um Seelenheil der Elmsteiner

GERMERSHEIM. Johann Bernhard Rothuth und seine Ehefrau Eva Apollonia wurden 1739 in Öl verewigt. Die Gemälde zählen wohl zu den ältesten Bildnissen von Menschen, die vor mehr als 300 Jahren in Germersheim lebten.

Wer in vergangenen Jahrhunderten sein Aussehen für die Nachwelt festhalten wollte, ließ sich in der Regel malen. Doch von Künstlern auf Leinwand geschaffene Portraits waren natürlich nur betuchten Persönlichkeiten vorbehalten. Die Gemälde selbst reflektierten dabei in der Regel Selbstverständnis und soziale Stellung der Porträtierten sowie Kleidungsstil und Moden der Epochen. Als eine kleine Sensation aus Perspektive der lokalen Stadtgeschichtliche ist es daher zu werten, dass sich in Elmstein zwei Ölgemälde aus dem 18. Jahrhundert erhalten haben, die den in Germersheim geborenen Johann Bernhard Rothuth und dessen Frau Eva Apollonia zeigen. Entstanden sind die Ölgemälde der beiden Germersheimer im Jahr 1739, so dass es sich um die ältesten in Farbe gefassten Bildnisse von Menschen handelt, die vor mehr als 300 Jahren in der damaligen kurpfälzischen Oberamtsstadt lebten. Wieso beide Gemälde gerade in eine kleine Gemeinde mitten im Pfälzer Wald gelangt sind und dort die Zeiten überdauert haben, lässt sich auch Jahrhunderte später noch erklären: Johann Bernhard Rothuth, 1699 in Germersheim geboren, war in kurpfälzischen Diensten zum „Wirklichen Hofkammerrath“ und „Gefällverweser“ im Oberamt Oppenheim aufgestiegen. Am 22. Oktober des Jahres 1768 erbat er die Genehmigung des Kurfürsten, aus seinem privaten Vermögen eine Stiftung zu tätigen, die dazu dienen sollte, in der Gemeinde Elmstein, im kurpfälzischen Oberamt Neustadt, „zum Seelenheil der in dortiger Wildnis wohnenden, treuesten katholischen Unterthanen“ – wie es in dem Schreiben an den Landesherrn heißt - die regelmäßige Abhaltung des Gottesdienstes zu gewährleisten. Mit dieser Stiftung sollte aber auch der Fortbestand der Pfarrei in Elmstein, des gemeindlichen Lebens und die Abhaltung von Gottesdiensten in der erst 1765 unter großen Mühen fertiggestellten Kirche „Mariä Heimsuchung“ für die Zukunft gesichert werden. Das zum damaligen Zeitpunkt in Nierstein (bei Oppenheim) wohnende Ehepaar Rothuth stellte daher sofort 5735 Gulden an Wertpapieren und 4265 Gulden an barem Geld zur Verfügung. Von den Zinsen, die diese 10.000 Gulden erwirtschafteten, sollten Johann Bernhard Rothuth und seiner Frau Eva Apollonia 400 Gulden zu Gute kommen, während der Jesuitenpfarrer, der in Elmstein damals den Gottesdienst versah, 100 Gulden jährlich erhielt. Gleichzeitig wurde verfügt, dass nach dem Tod des Stifter-Ehepaares die Pfarrei in Elmstein den vollen Zinsertrag von 500 Gulden beziehen sollte. Um den beachtlichen Umfang des in die Stiftung eingebrachten Betrags von 10.000 Gulden ermessen zu können, muss man sich vor Augen halten, dass der Haushalt der Stadt Germersheim noch in den 1780er Jahren nur ein Volumen von rund 3000 Gulden jährlich umfasste. Gleichzeitig lässt sich unschwer erahnen, dass Rothuth ein sehr wohlhabender Mann gewesen sein muss. Dieser Eindruck bestätigt sich auch im Hinblick auf das wenige Jahre später, am 27. Januar 1772, von beiden Eheleuten errichtete Testament. Darin wurde die Pfarrei in Elmstein mit weiteren Geldbeträgen bedacht, die nicht nur den Fortbestand des Gottesdienstes, sondern auch die Vergütung eines Schulmeisters gewährleisten sollten, der „die Jugend in dasiger Gegend sowohl in der christlichen Lehre“, aber auch in Lesen, Schreiben und Rechnen sowie im Singen zu unterrichten hatte. Darüber hinaus wurden 1000 Gulden zur Erbauung eines Pfarrhauses in Elmstein in Aussicht gestellt, samt einer Reihe von Hausrat, Schmuck und weiteren persönlichen Gegenständen, die nach dem Tod der Eheleute nach Elmstein gebracht werden sollten. Schon wenige Monate, nachdem das Testament errichtet war, verstarb Johann Bernhard Rothuth am 1. Juli 1772, seine Frau Eva Apollonia starb knapp sechs Jahre nach ihn, am 17. Mai 1778. In der Kirche „Mariä Heimsuchung“ in Elmstein hält heute noch ein in die Seitenwand eingelassener Gedenkstein die Erinnerung an das Ehepaar Rothuth wach. Nach dem Wortlaut des Steins wurde Johann Bernhard Rothuth am 7. März des Jahres 1699 in Germersheim geboren. Er stammte wohl aus einer der Familien, die sich erst einige Jahre nach dem großen Stadtbrand und der nahezu vollständigen Zerstörung Germersheims durch französische Truppen (1674) hier niedergelassen hatten. In den Stadtratsprotokollen aus dem frühen 18. Jahrhundert begegnet man Johann Anton Peregrinus Rothuth als Stadtschreiber, der in den 1720er und 1730er Jahren mehrfach das Amt des Bürgermeisters bekleidete. Der spätere kurpfälzische Hofkammerrat und Gefällverweser könnte sein Sohn gewesen sein. Die Familie Rothuth lässt sich noch bis in das ausgehende 18. Jahrhundert in Germersheim nachweisen: So nennt der kurpfälzische Hof- und Staatskalender für das Jahr 1780 in Germersheim noch einen Stadt- und Fautheyschreiber gleichen Namens. Über die ebenfalls in Germersheim geborene Eva Apollonia Giesin wissen wir noch weniger als über ihren Ehemann. Sie entstammte wohl einer in Germersheim mit Beginn des 18. Jahrhunderts nachweisbaren Familie. So lässt sich ein Namensträger der Familie „Guise“ (die vermutlich richtige Schreibweise des Namens), Nicolaus Guise, im Jahr 1705 als Bürgermeister in Germersheim nachweisen. Da die 1717 geborene Eva Apollonia 18 Jahre jünger war als Johann Bernhard Rothuth, dürfte ihre Eheschließung erst in den späten 1730er Jahren stattgefunden haben. Das Ölgemälde, das Johann Bernhard Rothuth zeigt, trägt auf der Rückseite neben dem Namen des Künstlers (A. Sadeler) die Datierung „1739“. Unter der Voraussetzung, dass sich die Eheleute zur gleichen Zeit malen ließen, würde dies bedeuten, dass Johann Bernhard Rothuth im Alter von 40 Jahren, seine Frau Eva Apollonia mit 22 Jahren porträtiert wurde. Offenbar waren beide zu diesem Zeitpunkt bereits sehr vermögend. Das Ehepaar trägt die für die Zeit typischen gepuderten Perücken und die aufwendige Kleidung mit Rüschen, farbigen Stickereien, Manschetten, Aufschlägen, Bordüren und sonstigem Zierrat (so trägt sie neben Perlenohrringen ein mit Perlen besetztes Ärmelband am rechten Oberarm) spiegeln Wohlstand und die hohe soziale Stellung des kurpfälzischen Beamten und seiner Frau wider. Welche dienstlichen Stationen Rothuth auf seinem Weg zum Titel eines „wirklichen Hofkammerrats“ und dem Amt als „Gefällverweser“ beschritt, der die kurfürstlichen Einnahmen („Gefälle“) in seinem Amtsbezirk verwaltete, wissen wir nicht. Die Zeiten überdauert haben jedoch die Ölgemälde in Elmstein. Dorthin gelangten sie nach dem Tod von Eva Apollonia Rothuth nebst Hausrat und persönlichen Gegenständen aus dem Nachlass. In Elmstein blickt man in diesem Jahr auf das Jubiläum „250 Jahre katholische Kirche Mariä Heimsuchung“. Anlässlich eines Festgottesdienstes zu diesem 250-jährigen Bestehen der Kirche „Mariä Heimsuchung“ wurden die sonst an anderer Stelle sicher aufbewahrten Original-Gemälde den Gottesdienstbesuchern im Rahmen einer Ausstellung zur Geschichte der Pfarrei, zu deren Fortbestand und Entwicklung die Rothuth’sche Stiftung einst das Fundament gelegt hatte, gezeigt. (lh)

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