Kreis Germersheim Bauboom lässt Geschäft brummen

„Wir fertigen hier alles, was aus Beton ist, und im Boden verbuddelt wird“, beschreibt Thilo Finger die Produktpalette seines Werkes in Kuhardt. Fachmännisch ausgedrückt werden hier Betonfertigteile für den Tiefbau hergestellt, etwa Schachtbauteile und Rohre für die Kanalisation. Vor zweieinhalb Jahren hat die Firma Finger Beton den Standort übernommen und in neue Maschinen investiert. Seither steigt der Umsatz, der Bauboom lässt das Geschäft brummen. Das weitläufige Werksgelände erstreckt sich zwischen Kuhardt und Leimersheim. Am frühen Nachmittag ist es nahezu verwaist. Die meisten Arbeiter sind schon nach Hause gegangen. Im Moment beginne die Schicht um fünf Uhr morgens, berichtet Werksleiter Jens Viehweger. Grund ist die Hitze, wodurch sich die Produktionshallen sehr stark aufheizten. Für den Beton ist das Gewächshausklima ideal. Denn zum Aushärten benötige der Werkstoff ein feuchtwarmes Klima, so Viehweger. Herzstück des Werks ist die neue Mischanlage für 1,3 Millionen Euro. Auf Knopfdruck sucht sie sich aus acht verschiedenen Silos mit Gesteinskörnung die gewünschte Mischung zusammen. Kies, Sand, Flugasche und Zement werden mit Wasser gemischt. Dabei berücksichtige die Anlage sogar die Feuchtigkeit des von draußen kommenden Materials, etwa bei Regen, sagt Viehweger. „Früher wurde das alles von Hand gemacht.“ Jetzt fehle nur noch der Knopf, mit dem sich das stets staubige Werk selbst reinige. „Den habe ich leider noch nicht gefunden“, witzelt Viehweger. Im Prinzip gleiche die Herstellung von Betonteilen dem Bau einer Sandburg, erklärt Finger. Wie beim versandeten Freizeitvergnügen wird das feuchte Sandgemisch in einer Form verdichtet, „gestürzt“ und dann zum Trocknen aufgestellt. Natürlich ist der Prozess im Werk sehr viel ausgefeilter, aber „eigentlich kann das jeder machen, der das Geld hat, sich eine solche Anlage hinzustellen.“ Das Geheimnis des Erfolges liege in der Effizienz der Fertigung und darin, eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten. Was durch die Automatisierung immer besser gelinge. Deswegen beschränkt sich das Repertoire des Werks auch auf maximal ein halbes Dutzend Mischrezepte. Diese richten sich nach den jeweiligen Anforderungen, welche die Teile erfüllen müssen. So gelten etwa in der Stadt Karlsruhe besondere Normen für die Statik horizontal verbauter Rohre. „In manchen Kommunen ist das so“, sagt Finger. Im Großen und Ganzen aber gilt: „Wir machen hier Massenprodukte“, sagt Finger nüchtern. Die würden allerdings auch „in Massen benötigt“. Zum Glück, denn pro Teil blieben „nur ein paar Pfennige hängen“. Jeden Tag werden Hunderte Teile produziert. 35.000 Tonnen Beton wurden im vergangenen Jahr verarbeitet. Der Umsatz bewegt sich im mittleren einstelligen Millionenbereich und soll weiter steigen. Ganz leidenschaftslos stehen Finger und Viehweger ihrem Werkstoff dennoch nicht gegenüber: Schon die Römer hätten mit hydraulischen Baustoffen gearbeitet, sagt der Unternehmer mit einem Anflug von Begeisterung. Sie entwickelten das opus caementitium, aus dessen Namen das Wort Zement abgeleitet ist. Die nächste große Beton-Revolution habe Mitte des 19. Jahrhunderts der Franzose Joseph Monier losgetreten, auf den auch die deutsche Bezeichnung für Bewehrungsstahl, „Moniereisen“, zurückgehe, erzählt Viehweger. Monier war Gärtner. Er stellte Pflanzkästen aus einer Mischung aus Zement, Sand, Schlacke oder Ziegelbruch und Wasser her. Weil die Kästen im Winter und beim Transport häufig brachen, verstärkte sie der findige Monier mit Blumendraht. Die Bauindustrie macht dies heute mit Baustahl.

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