Kreis Germersheim Auf erbarmungslosen Kampf folgt die Verbrüderung

100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges setzten die Partnerstädte Kandel und Reichshoffen (Elsass) am Allerseelentag an der Gedenkstätte Hartmannswillerkopf ein Zeichen. Ihr heutiges freundschaftliches Miteinander sei nicht selbstverständlich, sondern Folge unablässigen Bemühens der Bürger. Friede sei kein Selbstläufer. Er müsse über das Handeln der Politiker hinaus von der Bevölkerung getragen und gefestigt werden, betonten die Initiatoren der Gedenkaktion, Werner Esser und Reichshoffens Beigeordneter Pierre-Marie Rexer.

Wie die Reichshoffener waren rund 50 Kandeler per Omnibus in die Südvogesen gereist: Stadträte, Mitglieder des Arbeitskreises Geschichte der Volkshochschule und des Vereins grenzüberschreitende Freundschaften, der die Städtepartnerschaften unterstützt. Während der Fahrt skizzierte Esser das Kampfgeschehen am Hartmannswillerkopf, dessen düstere Vergangenheit im krassen Gegensatz zum spätsommerlichen Wetter stand. Nach serpentinenreicher Auffahrt legten die Bürgermeister Günther Tielebörger und Hubert Walter an der 1932 errichteten Krypta, dem Mittelpunkt der Gedenkstätte, den gemeinsamen Kranz nieder. Der Gang über den Nationalfriedhof mit 1256 Einzelgräbern zeigte, dass nur ein Teil der Gefallenen ein Begräbnis erhalten hatte. Mehrere Ossarien bergen die Gebeine unbekannter Soldaten. Solche werden nach wie vor auf dem Berg gefunden, den eine Stiftung pflegt, der auch der VdK angehört. Die ausgedehnte Führung ging über das unübersichtliche Schlachtfeld hinauf zum Gipfel. Dort mahnt ein überdimensionales, bei Dunkelheit beleuchtetes weißes Kreuz, sichtbar auch auf der gegenüberliegenden Rheinseite. Mehrsprachig dokumentieren Stationentafeln die physischen und klimatischen Entbehrungen, das hygienische Elend, die dauernde Anspannung und Ängste der Soldaten. Beklommen begeht der Besucher enge Schützengräben, kleine Unterstände, sieht im Unterholz die Reste des Stacheldrahtverhaus und einst vermintes Gelände. Selbst in den „ruhigeren“ Phasen des mit unvorstellbarem Aufwand geführten Krieges lauerte hier ständig der Tod. Am 11. November 1918 trat um 11 Uhr vormittags der Waffenstillstand in Kraft. Auf dem Berg mischten sich jetzt Erleichterung, Freude und Trauer: „Freund und Feind stehen auf den Deckungen, winkten einander zu, bewirten sich, doch vielen, vielen blutete das Herz“, berichtete Hauptmann Gustav Goes. Französische Offiziere „schleuderten strenge Befehle gegen die Verbrüderungen. Es half nichts“. Der Besichtigung folgte das gemeinsame Essen im Berggasthof am benachbarten Molkenrain, der im vergangenen August bereits die Staatspräsidenten Gauck und Hollande zu Gast hatte. Den Besuchern hatte der so blutig umkämpfte Hartmannswillerkopf drastisch verdeutlicht, weshalb er auch Todesberg oder Menschenfresser genannt wurde. Esser ist sich darum „sicher, dass wir den Wert unserer Städtepartnerschaft auf der Rückfahrt für noch wichtiger halten als zuvor“. (hakr)

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