Kreis Bad Duerkheim Mit Vorurteilen konfrontiert

Asylbewerber in Deutschland – ein Thema, das bei vielen Menschen mit Vorurteilen belegt ist. Um einige davon aus dem Weg zu räumen, organisierten Schüler der Integrierten Gesamtschule Wachenheim-Deidesheim und des Werner-Heisenberg-Gymnasiums am Donnerstagabend eine Podiumsdiskussion. Thema war die Situation der Flüchtlinge in ihrem lokalen Umfeld.

Mit gängigen Vorurteilen konfrontiert, versuchten die fünf Diskutanten aus Vertretern von Kirche und Politik sowie der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe diese zu widerlegen. „Die große Mehrheit der Flüchtlinge ist sehr bemüht, sich zu integrieren“, betonte Elfriede Rademacher, Vorsitzende vom Arbeitskreis Asyl in Limburgerhof. Bernhard Bücker von den „Freunden für Flüchtlinge“ in Deidesheim erklärte, der größte Wunsch der Asylbewerber sei es, „bleiben zu können“. Deshalb gingen sie auch kein Risiko ein, etwas falsch zu machen. Eine steigende Kriminalitätsrate bei mehr Flüchtlingen sei aus diesem Grund nicht gegeben. Die Diskussion wurde moderiert von Joshua Lacy (IGS) und Jonas Bender (WHG). Die Schüler der „Hingesehen-AG“ des Gymnasiums hatten sich mit einer Initiative von Schülern der Gesamtschule zusammengetan, um den Abend zu organisieren. Die Gesamtschüler planten im Rahmen des Schulwettbewerbs „Trialog der Kulturen“ schon mehrere Veranstaltungen zu diesem Thema. Die Diskussion sollte eine Art Abschluss sein. Die Lehrer waren bei der gesamten Organisation nur „Begleitung“. Das Erlernen der deutschen Sprache bezeichnete Frank Rüttger, Zweiter Kreisbeigeordneter, als den „Schlüssel der Integration“. Diesen zu finden, sei jedoch schwierig, findet Rademacher. Nicht anerkannte Flüchtlinge dürften keine Deutschkurse belegen und nur von Ehrenamtlichen unterrichtet werden. Die von Freiwilligen geleiteten Stunden seien jedoch „sehr gut besucht“, erläuterte Bücker: „Die jungen Leute fühlen sich so wahrgenommen.“ Auf die Frage nach Wirtschaftsflüchtlingen antwortete Iris Schlichthärle von der „Humanitären Hilfe Asylbewerber“ in Neustadt: „Keiner ist ein Verbrecher, weil er sich ein besseres Leben wünscht.“ Durch hohe Arbeitslosigkeit und Bevölkerungswachstum gebe es für viele junge Menschen in ihrem Heimatland keine Zukunftschancen mehr. Auch Brücker kritisierte, dass hoch qualifizierte Asylbewerber trotz des Fachkräftemangels oft keine Chance auf Asyl hätten. Stephan Krämer, Familienreferent vom evangelischen Dekanat Bad Dürkheim, sprach das Problem der Arbeitssuche ausgebildeter Flüchtlinge an. Rechtlich dürften sie nach drei Monaten arbeiten, jedoch nur, wenn es für den Arbeitsplatz noch mindestens sechs andere Bewerber gab, die alle für ungeeignet befunden wurden. Dieses Gesetz sei „in der Praxis völlig untauglich“, befand er. Bücker fügte hinzu, dass Arbeitgeber meist gute Deutschkenntnisse voraussetzten. 3,3 Prozent der rheinland-pfälzischen Asylbewerber werden dem Kreis Bad Dürkheim zugeteilt. Für das laufende Jahr werden etwa 500 Anträge prognostiziert, größtenteils aus Syrien und Serbien. In den nächsten Jahren „rechnen wir jeweils mit 600 bis 700 Flüchtlingen“, so Rüttger. Es werde zunehmend schwieriger, sie in Wohnungen unterzubringen, die einzige Alternative seien kleine Container für maximal 25 Personen. Auf die Publikumsfrage nach Familienzusammenführungen antwortete Krämer, es sei ein „sehr schwieriges Prozedere“. Rademacher machte darauf aufmerksam, dass viele Flüchtlinge keine gültigen Pässe hätten und so Ehen nicht nachweisbar seien. Derzeit werden rund 130 Jugendliche in weiterführenden Schulen im Landkreis integriert, weiß Rüttger. Wie viele es künftig werden, sei jedoch nicht klar. „Wir können es nicht planen“, erklärt er. Im Kreis wird das erste Flüchtlingsmädchen mit Gymnasialempfehlung nach den Sommerferien das WHG besuchen. (ena)

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