Kreis Bad Duerkheim Ein Antrag für den Antrag eines Antragsformulars ...

Ein Antrag für den Antrag eines Antragformulars zur Bestätigung der Nichtigkeit des Durchschriftexemplars. So sang der Liedermacher Reinhard Mey in den Tagen meiner Kindheit. Heute, als Erwachsener, beginne ich zu verstehen, was der Barde uns damit sagen wollte. Da gibt es zum Beispiel den Herrn Z. aus Syrien, dem im Januar der Status als Flüchtling zuerkannt wurde und Bleiberecht erhielt. Seine Frau (hochschwanger) und seine beiden Kinder waren zu dem Zeitpunkt aus dem Kriegsgebiet in die Türkei geflohen. Laut Gesetz hat Herr Z., nach seiner Anerkennung, drei Monate Zeit, einen Antrag auf Familienzusammenführung zu stellen. Also hin zur Ausländerbehörde. Dort erfahren wir, dass die Ehefrau von Herrn Z. in der deutschen Botschaft des Herkunftslandes vorsprechen muss, um diesen Antrag zu stellen. Genaueres gibt es auf der Website der Botschaft. Also ran an den PC. Erste Info: Die deutsche Botschaft in Damaskus ist wegen der Kriegshandlungen bis auf weiteres geschlossen. Die Botschaften in Beirut und Ankara nehmen die Anträge entgegen. Auf der Website von Ankara erfahren wir, was benötigt wird: gültige Reisepässe, Heiratsurkunde, Geburtsurkunde der Kinder, Auszüge aus dem Melderegister, Polioschutzimpfung und ein Nachweis des Goetheinstituts über Deutschkenntnisse aller Einreisewilligen. Alles im Original und noch einmal übersetzt von einem vereidigten Dolmetscher und von der Botschaft in Beirut „legalisiert“, also bestätigt. Ordnung sind. Das Goetheinstitut in Syrien hat wegen der Kriegshandlungen geschlossen, weshalb bei Syrern auf diesen Nachweis, vorübergehend, verzichtet werden kann. Wir füllen Antragsformulare aus und Herr Z. setzt sich mit seiner Frau in Verbindung. Ein paar Tage später haben sie alle Dokumente beisammen. Wir rufen bei der Botschaft an und fragen nach einem Termin für seine Frau. Antwort: Die Interviewtermine werden über eine Fremdfirma vergeben. Wir rufen dort an und lauschen einer türkischen Stimme auf dem Anrufbeantworter. Das Spiel wiederholen wir mehrere Tage. Ich gehe wieder auf die Homepage der Botschaft und erfahre, dass es wegen der vielen Flüchtlinge Wartezeiten von sechs bis elf Monaten gibt. Wie bitte? Er hat drei Monate Zeit den Antrag zu stellen. Ich rufe beim Bundesamt für Migration an und frage, wie die Frist einzuhalten sei bei diesen Wartezeiten? Die Dame erklärt mir, dass alle Ausländerbehörden informiert seien, dass sie, zur Wahrung der Frist, die formlosen Anträge annehmen und registrieren sollen, weil die Botschaften nicht mehr nachkommen. Wenn die Botschaften wieder Luft haben, geht es weiter. Wie bitte soll jemand, der vor der Terrororganisation Islamischer Staat geflohen und traumatisiert ist, die deutsche Sprache noch nicht so gut spricht, damit klarkommen? Natürlich ist dies keine Böswilligkeit der Behördenmitarbeiter. Aber kann man das nicht sehr viel einfacher organisieren, wenn jemand anerkannt wurde und Bleiberecht hat? Warum genügt nicht die Heirats- und eine Geburtsurkunde für die Kinder und dann ab in den Flieger? Inzwischen ist das dritte Kind des Ehepaares Z. auf der Welt und der frischgebackene Vater ist traurig, weil er sein Neugeborenes, wenn überhaupt, erst im November oder Dezember zum ersten Mal in seinen Armen halten wird. Aber er lässt sich nicht unterkriegen. Tapfer geht er jeden Tag zum Deutschunterricht und hofft auf einen Arbeitsplatz, damit er seine Familie ernähren kann, wenn diese endlich da ist. Zur Last fallen, möchte er niemanden, nur in Frieden und Sicherheit leben. Der Autor Stephan Krämer ist Familienreferent im Protestantischen Kirchenbezirk Bad Dürkheim.

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