Kreis Bad Duerkheim Die nie alltäglichen Fälle

Am Landgericht Frankenthal gibt es zwei Kammern, die sich mit Handelssachen beschäftigen.
Am Landgericht Frankenthal gibt es zwei Kammern, die sich mit Handelssachen beschäftigen.

«» Handelsrichter? Nie gehört? Vor etwas mehr als fünf Jahren ging es Marcus Keller-Leist nicht anders als den meisten anderen Menschen, die die Arbeit von Gerichten meist nur dann wahrnehmen, wenn in der Öffentlichkeit über spektakuläre Strafprozesse berichtet wird. Inzwischen weiß der 45-Jährige, dass in den Gerichtssälen der beiden Kammern für Handelssachen am Landgericht Frankenthal ebenfalls oft dramatische und mitunter sehr emotionale Fälle verhandelt werden. Und er ist froh darüber: „Es ist ein spannendes und tolles Amt, und ich lerne dabei ein unheimlich großes Spektrum kennen.“ Wann, fragt Keller-Leist, könne man sich schon einmal mit Wartungsverträgen für Flugzeuge befassen? Als sein Vorgänger ausschied, ist das Landgericht auf Vorschlag der Industrie- und Handelskammer (IHK) an Keller-Leist herangetreten. Inzwischen ist er zum zweiten Mal für fünf Jahre nominiert worden und ist auch für den Bereich Bad Dürkheim zuständig. Er gehört der Kammer von Richterin Margret Thiel an, die für alle Verfahren zuständig ist, bei denen die beklagte Partei nicht ihren Sitz im Bezirk des Amtsgerichts Neustadt hat. Jene Fälle landen bei ihrem Kollegen, dem Vorsitzenden Richter Matthias Flörchinger. Wenn beide Parteien, die des Klägers und die des Beklagten, einverstanden sind, gibt es die Möglichkeit, den Richter oder die Richterin allein entscheiden zu lassen. Davon wird nach Auskunft Thiels auch sehr oft Gebrauch gemacht. „Bei etwa zehn Prozent der Fälle sind jeweils zwei ehrenamtliche Handelsrichter dabei“, sagt Thiel. „Wir möchten ihr Engagement auch nicht überstrapazieren, da die Leute ja im Geschäftsleben Verantwortung tragen oder schon im Ruhestand sind.“ Auf der Liste der – in beiden Kammern zusammen – 16 Handelsrichter finden sich namhafte Persönlichkeiten wie TWL-Vorstand Hans-Heinrich Kleuker, Hotelier Frank Darstein (Altrip) oder seit Kurzem der Ludwigshafener Unternehmer Saeid Fasihi. Die Bedingung, Kaufmann zu sein, erfüllt Keller-Leist mit seiner Ausbildung als Einzelhandelskaufmann, seinem BWL-Studium und seiner Tätigkeit als Prokurist und geschäftsführender Gesellschafter von Schuh Keller bestens. Im vergangenen Jahr hat er bei rund 15 Verfahren Recht mitgesprochen. Neben dem Prozess, der zehn Minuten, aber auch zwei Stunden dauern kann, gibt es intensive Besprechungen mit Richterin Thiel. „Mich beeindruckt, wie akribisch am Gericht gearbeitet wird und wie gründlich beide Seiten angeschaut werden“, sagt er. „Da herrscht ein hohes Maß an Gerechtigkeit.“ Und: Es sei interessant zu sehen, dass sein spontanes Gefühl bei einem Fall und die Gesetzeslage für gewöhnlich übereinstimmen. Als Familienunternehmer berühren Keller-Leist besonders die Fälle, in denen eine Firma nicht mehr existieren kann, weil sich die einst befreundeten Inhaber Jahrzehnte nach der Gründung total zerstritten haben. Oder in denen ein Unternehmen vor dem Aus steht, weil ein Todesfall eintrat und für diesen Fall nicht vorgesorgt worden war. „Es ist manchmal kurios und manchmal traurig“, sagt Handelsrichter Keller-Leist, „aber nie alltäglich“.

Marcus Keller-Leist ist den Ludwigshafenern aus der Geschäftsführung von Schuh Keller bekannt.
Marcus Keller-Leist ist den Ludwigshafenern aus der Geschäftsführung von Schuh Keller bekannt.
x