Kaiserslautern Zauber und Poesie in jedem Ton

Großartiger Sound: Gitarrist Armin Heitz (rechts), mit Zeca de Oliveira (links) und Janosch Dörr.
Großartiger Sound: Gitarrist Armin Heitz (rechts), mit Zeca de Oliveira (links) und Janosch Dörr.

Die Ankündigung „The German Gypsy Masters“ war eher noch ein Understatement. Das Armin Heitz Trio aus Karlsruhe und das Gismo Graf Trio aus Stuttgart demonstrierten am Donnerstagabend im gut besuchten Cotton Club der Kammgarn internationale Klasse. Beide verwiesen auf den Übervater Django Reinhardt und dessen Sinti-Swing, und doch hatten sie sich von ihrem Vorbild emanzipiert.

Kaum einer verkörpert die Synthese zwischen der Tradition des Sinti-Swing à la Django Reinhardt und der modernen Jazzgitarre im Stile von Pat Martino, Wes Montgomery, Jim Hall oder George Benson wie der 59 Jahre alte Gitarrenvirtuose Armin Heintz. Sein Sound war großartig. Sein Gespür für Zeit, die Intensität, die Eindringlichkeit jeder Note und Phrase zogen den Zuhörer regelrecht in Bann. Den „One Note Samba“ von Antonio Carlos Jobim startete das Trio im ICE-Tempo, dass jeder verblüfft war über die Virtuosität, mit der die Drei miteinander kommunizierten. Und doch spielten sie mit einem Zauber und der Poesie, die die brasilianische Musik so unverwechselbar macht. Aber Heintz war kaum zu bremsen. In Duke Ellingtons „In A Sentimental Mood“ strömte sein Solo unglaublich viel Wärme aus, verblüffte er durch den langen Atem seiner Griffbrettläufe. Aber es währte nicht lange, und schon erreichte er eine anatomisch fast unerklärbare Geschwindigkeit, indem er den Daumen der rechten Hand wie ein Plektrum einsetzte. In Hochgeschwindigkeit, dass einem schwindelig wurde, spielte Heintz auch den „Bolero“ von Django Reinhardt. Und doch waren die Single Notes glasklar, wenn er mit der Linken über das ganze Griffbrett glitt. Er verstand es auch durch die Harmoniewechsel hindurch zu swingen und in der Bridge, dem Mittelteil, regelrecht zu explodieren. Titel wie „Nuage“ von Django Reinhardt oder „Caravan“ von Ellington waren kaum wiederzuerkennen, da er sie in seinen wunderbar melodiösen Improvisationen total verfremdete. Wenn er zum Hauptthema zurückkam, ging er immer noch weiter auf ein noch erregenderes Niveau, mit Saiten-Bends und Oktaven, die jenes extraspezielle musikalische Blühen brachten, das Django Reinhardt schon so einmalig machte. Auch hierbei zeigte er sich als Meister. Auf dem sechssaitigen E-Bass verblüffte auch Zeca de Oliveira ein ums andere Mal mit seiner Virtuosität, während Janosch Dörr mit seiner rhythmischen Akkordspielweise auf der Gitarre ein überragender Begleiter war. Dass Gismo Graf, Shootingstar des Gypsy Swing, zu den besten Gypsy-Swing-Gitarristen der Gegenwart zählt, wies er im Cotton Club eindrücklich nach. Das Konzert seines Trios war mehr der Tradition des Django Reinhardt verhaftet, so dass man sich in die Atmosphäre des Hot Club de France im Paris der 1930er Jahre versetzt fühlte. Im Spiel des Trios schwang das Saitengefühl seines Volkes mit, ob sie nun – wie in Ungarn – Violine oder – wie die spanischen Gitanos des Monte Sacro – Flamenco-Gitarre spielten. Von Stück zu Stück, vom „Place de Broukère“ über den „China Boy“ und „Djangos Tiger“ bis hin zu „Joseph Joseph“ (alle von Django Reinhardt) überraschte Gismo Graf aufs Neue den Hörer mit seiner Bühnenpräsenz, seiner Spielfreude. Immer wieder begeisterten seine schnellen, chromatischen Rolls, die virtuose Vibrato-Technik, das spannungsvolle Bending von Saiten zur Erzielung von Dirty Tones, die kaskadenhaften Arpeggien, die Synkopierung und die blitzartige Up-stroke-Akzentuierung. Zur gelegentlichen Ausdruckssteigerung benutzte er typische Oktavgänge. An der Rhythmusgitarre hielt Joschi Graf das Wahnsinnstempo seines Sohnes mit passgenauem Timing mit und hatte dabei die natürlichste Art zu phrasieren. Immer wieder gefeiert wurde auch der Bassist Joel Lochner, der das Daumenspiel mit einer virtuosen Oktavtechnik kombinierte, und dazu fügte er noch eine schillernde Flageolett-Technik und virtuoses Akkordspiel hinzu. Die Zuhörer applaudierten beiden Trios euphorisch und erhielten jeweils zwei Zugaben. In der abschließenden Session trieben sich Armin Heitz und Gismo Graf regelrecht in den Wahnsinn.

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