Kaiserslautern „Wichtig für die Weltordnung“

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„Muss wirklich erst ein Nicht-Europäer kommen, um Europäern zu erklären, welche Bedeutung das Konstrukt Europa nach wie vor hat?“ Die Frage habe sich gestellt, als kürzlich US-Präsident Barack Obama bei der Hannover-Messe genau das getan hat: „Wir hätten besser ihn hier die Festrede halten lassen sollen“, meinte Dieter Schiffmann scherzhaft. Um dann aber doch seiner eigenen Verpflichtung genüge zu tun, anlässlich des Europa-Tags Gedanken zu Entwicklung und aktueller Befindlichkeit, zu Problemen, Herausforderungen und Zukunft der Union zu äußern.

Dass sich Festredner Schiffmann den mutmaßlich mächtigsten Mann der Welt gut an seiner Statt hat vorstellen können, kam nicht von ungefähr. Ehe der frühere Leiter der Landeszentrale für politische Bildung Obama gleich mehrmals zitierte, hatten dies auch schon zwei Vorredner getan. „Es hätte ja auch zu Kaiserslautern gut gepasst, hätte Obama hier gesprochen“, sagte Schiffmann. Dass indes der US-Präsident habe darauf aufmerksam machen müssen, wie „großartig“ Europa sei, das stelle für die Europäer selbst nicht gerade ein Ruhmesblatt dar. Die Feststellung, dass ein einiges Europa von immenser Bedeutung für den Bestand der Weltordnung sei, dies sei nur zu unterstreichen. Am 9. Mai 1950 hatte der damalige französische Außenminister Robert Schuman eine Vision entworfen, die heute als inoffizielle Geburtsstunde eines auch politisch geeinten Europas zu sehen sei. „Wir sind etwas früh dran“, sagte Norbert Herhammer mit Blick darauf, dass sich der Europatag nun erst am kommenden Dienstag jährt. Herhammer, Vorsitzender des Kreisverbands Kaiserslautern der Europa-Union, hatte am Abend in der Scheune des Zink-Museums knapp über 30 Gäste begrüßen dürfen. Mitveranstalter des Vortrags samt anschließendem kleinen Empfang zum Gedankenaustausch waren das von der Stadt getragene Informationszentrum „europe direct“ sowie die Volkshochschule. Als Repräsentanten der Institutionen, die eingeladen hatten, hießen denn auch der Europa-Abgeordnete der Stadt, Gerhard Degen, sowie Pierangelo Calchera vom Team der städtischen Volkshochschule die Zuhörer willkommen. Für die musikalische Gestaltung des straffen Programms zeichnete das Holzbläser-Ensemble „Pian e forte“ unter Stabführung von Miriam Grapp verantwortlich. Bei den Darbietungen der Musiker durfte am Ende Beethovens „Ode an die Freude“ als Europa-Hymne nicht fehlen. Zuvor hatten Grußworte wie Festrede eine ganze Menge an Lorbeer parat für das zunächst auf wirtschaftlichen Aspekten fußende, dann zunehmend die politische Ebene erobernde europäische „Experiment“. Die Entwicklung sei, eigentlich unstrittig, eine Erfolgsgeschichte, hob der Festredner hervor. Schiffmann, promovierter Sozialwissenschaftler und unter anderem SPD-Landtagsabgeordneter in Mainz, wies auf die Stärken, aber auch auf Schwächen der 28-köpfigen europäischen Familie hin, die – was in der Natur der Sache liege – starke, jedoch ebenfalls einige hilfsbedürftige Familienmitglieder habe. Die Errungenschaften aber – oft als selbstverständlich betrachtet – gelte es gerade heute wieder ins Bewusstsein zu rufen. Fatal sei es, sie wegen nationalstaatlicher Interessen wanken zu lassen. Es gelte, was Obama ausgedrückt habe: „Ein starkes Europa ist von maßgeblicher Bedeutung für die ganze Welt.“ (cha)

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