Kaiserslautern Wenn die Stimme zum Instrument wird

Lange Zeit hat sich die Jazzsängerin Jutta Brandl in der Barbarossastadt rar gemacht. Am Donnerstagabend feierte die ehemalige Gesangslehrerin an der Emmerich-Smola-Musikschule im Cotton Club mit ihrem Jazzquartett einen wunderbaren Triumph.

Das war eines der diszipliniertesten und spannendsten Konzerte der freien Musik in der letzten Zeit. Denn spielfreudig, virtuos und inspiriert, ätherisch und doch geerdet, gelang dem Quartett ein jazziges Kunstwerk. Neben Titeln von Herbie Hancock, Michel Legrand oder Toots Thielemans, die sie in einer neuen, zeitgenössischen Ästhetik interpretierten, hatten sie auch eigene Kompositionen im Programm. Jutta Brandls Stimme schwamm dabei sicher auf vielen stilistischen Wassern. Ja, die Songs schienen ihr förmlich auf den Leib geschrieben zu sein. Wenn sie mit ihrem schlichten schwarzen Kleid und geschlossenen Augen vorm Mikrofon steht, ist sie ganz Konzentration, ganz Stimme. Sie hat ein erstaunliches Jazzfeeling und die Fähigkeit, den Ton auf die vielfältigste Weise zu verändern und mit emotionalem Inhalt aufzuladen. Bei Balladen wie „I Remember You“ von Johnny Mercer geht sie ganz auf in der Strömung der Melodie. Wobei ihre Stimme in den tieferen Registern samtig, in hohen Lagen schmiegsam, kultiviert, sensibel klingt. Ihre größte Stärke allerdings liegt im Scatgesang. Da wird ihre Stimme zum Instrument: Mal phrasiert sie wie ein Saxofon wie in Herbie Hancocks „Chans Song“ oder Thielemans „Bluesette“, mal rattert und schnalzt die Zunge wie in ihrer Eigenkomposition „Fairy Tale“ oder „A Smile“ von Martin Preiser. Zungenakrobatisch gar scatet sie in dem Samba „Aquelas Coisas Todas“ oder Jobims „One Note Samba“ und legt dabei ihre ganze Empfindsamkeit offen. Die Songs werden dabei zu emotionalen Strudeln, in die man unweigerlich hineingezogen wird. Mit ihren drei Begleiterin ist Jutta Brandl längst zu einer sich blind verstehenden Einheit verschmolzen. Da werden von den Instrumentalisten Impulse gesetzt, die von der Sängerin aufgegriffen und ausgeführt werden. Martin Preiser setzt am Piano seine Akzente und Linien und öffnet mit Subtilität und Farbenreichtum regelrechte Klangfenster für neue Perspektiven. Er glänzt mit schnellen Läufen, die aber nie, trotz ihrer Geschwindigkeit, an tonaler Intensität verlieren. Eine pianistische Kür, begleitet von sprühender Spiellaune und genialen improvisatorischen Ideen. Die Soli sind dabei stets in den Ensembleklang eingebettet. Das hat bestechende Klarheit, eine Qualität, die das ganze Konzert auszeichnet. Die Balance zwischen Eigenständigkeit und Kollektiv war ideal. Mit nachtwandlerischer Sicherheit führt Bassist Johannes Schaedlich all die verschiedenen Linien, die sich in der Musik seines Ensembles bilden, und hält sie zusammen. Bestechend dabei ist sein großer Ton. Kristof Körners Schlagzeugspiel besitzt einen farbenreichen, eigenen Sound und ist bei aller Impulsivität stets durchsichtig und präzise. Das pulsierende Spiel des in Wiesbaden aufgewachsenen und in Mannheim wohnenden Musikers verknüpft sich organisch mit den erdigen Basslinien Schaedlichs. Langer, begeisterter Beifall.

x