Kaiserslautern Traktordemo in Kaiserslautern: „Insektenschutz nur mit den Landwirten“ (mit Video)

Der Start der Demonstration der Bauern mit ihren Traktoren gegen das Insektenschutz-Paket der Bundesregierung in der Von-Miller-
Der Start der Demonstration der Bauern mit ihren Traktoren gegen das Insektenschutz-Paket der Bundesregierung in der Von-Miller-Straße.

Nach einer Sternfahrt durch die Nord- und Westpfalz waren am Dienstag rund 150 Traktoren unterwegs durch Kaiserslautern. Dabei haben sie den Verkehr in der Innenstadt zeitweise ziemlich ausgebremst. Das Aktionsprogramm Insektenschutz erhitzt bei den Landwirten die Gemüter.

Es nimmt kein Ende. Traktor reiht sich an Traktor. Dass die Bauern den Insektenschutz besser können, steht auf den Plakaten. Da steht auch, dass erst die Landwirte ausgelöscht werden und dann die Nahrung importiert wird. Auffallend viele junge Frauen und Männer sitzen auf den Traktoren, sind dem Aufruf von Land schafft Verbindung (LsV) und Bauern- und Winzerverband (BWV) gefolgt und zeigen eindeutig – die Bauern haben was zu sagen!

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Hintergrund ist das Aktionsprogramm Insektenschutz, das am Mittwoch im Bundeskabinett beschlossen werden soll. Das Programm bringe gravierende Folgen für die Landwirtschaft, aber keine Verbesserung für die Insekten, so die Befürchtung der Bauern, die beklagen, dass nur über sie geredet wird, ein echter Dialog aber ausbleibe. Sie befürchten, dass in Deutschland die Nahrungsmittelproduktion nahezu auf der Strecke bleiben wird und mit ihr die Bauernhöfe gerade in der Nord- und Westpfalz. „Ist der Bauer ruiniert, wird das Essen importiert!“, heißt es dazu auf einigen Plakaten.

Bauern setzen sich freiwillig für Artenschutz ein

„Insektenschutz geht nur gemeinsam mit den Landwirten“, hält Jürgen Vogelgesang, der Bauernvorsitzende im Landkreis Kaiserslautern nichts davon, die Bauern als Insektenvernichter niederzumachen. „Wer hat denn die Artenvielfalt durch das Offenhalten der Fläche, durch unterschiedliche Kulturen und durch Fruchtfolgen geschaffen?“

Vogelgesang weiß: Auch die Bauern haben ihren Anteil am Rückgang der Insekten, aber sie steuerten seit Jahren über viele gute Programme dagegen – und zwar auf freiwilliger Basis. In der Stadt werde derweil alles zugepflastert und jedes bisschen Grün entfernt. Was mit dem Insektenschwund durch Lichtsmog sei, werde gar nicht erst erwähnt.

„Wir stehen zum Insektenschutz und setzen seit Jahren zahlreiche Maßnahmen in diesem Bereich um“, kritisiert Vogelgesang, dass die große Bereitschaft der Landwirtschaft offensichtlich nichts mehr zähle. Im Gegenteil: Was nun verordnet werden soll, das laufe dem Insektenschutz entgegen.

Viele Flächen könnten nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden

„Im Dialog und gemeinsam mit der Landwirtschaft geht Insektenschutz besser. Wir sind für Insektenschutz, aber es muss auf freiwilliger Basis laufen, und es muss monetär vernünftig gefördert werden. Was aktuell auf dem Tisch liegt, kommt einer Enteignung nahe“, spricht Andreas Jung, Landwirt aus Heiligenmoschel und Landessprecher der LsV, davon, dass mit dem Inkrafttreten des Programms auf vielen Flächen nie wieder Landwirtschaft betrieben werden könne. Das treffe auch private Grundstückseigentümer.

„Auf freiwilliger Basis machen wir schon viel. Wir sind auch bereit noch weiter mitzumachen. Uns stört aber gewaltig, wenn uns etwas übergestülpt wird, wir Einbußen erleiden oder gar nicht mehr produzieren dürfen und nicht entschädigt werden“, erzürnt sich Uwe Bißbort, Bauernvorsitzender im Landkreis Südwestpfalz.

Was den Insekten hilft, sind laut Bißbort noch mehr Blühstreifen und nicht nur am Rand, sondern auch in der Mitte der Felder. „Wir sind dazu bereit, aber der erhöhte Aufwand und die Ertragseinbußen müssen entschädigt werden“, stellt der Landwirt klar, dass freiwillige Maßnahmen den Insekten deutlich mehr bringen als rigorose Verordnungen.

Landwirten fürchten drohende „Enteignungen“

Wird das Programm als solches verabschiedet, dann ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in ausgewiesenen Schutzgebieten nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt möglich. Artenreiches Grünland und Streuobstwiesen sollen zusätzlich unter Schutz gestellt werden. Laut Bauernverband liegen in Rheinland-Pfalz allein 10.000 Hektar landwirtschaftlich genutzte Flächen in Naturschutzgebieten, 35.000 Hektar in speziellen, europäischen Natur- und Landschaftsschutzgebieten (FFH-Gebieten) und 242 000 Hektar in Vogelschutzgebieten. „Uns wurde immer zugesichert, dass es in FFH-Gebieten keine Auflagen gibt“, schimpft Landwirt Vogelgesang über die Unglaubwürdigkeit der Politik und einer „nun drohenden Enteignung“.

Vor solch einer „Enteignung“ stehe Christian Kau, Landwirt aus der Südwestpfalz. Er bewirtschaftet auf dem Stockbornerhof bislang auch 20 Hektar im Naturschutzgebiet. „Wenn das Programm wie vorgesehen kommt, muss ich das Land ohne Entschädigung aus der Produktion nehmen“, sagt der Familienvater.

Aus polizeilicher Sicht verlief die Demonstration problemlos. Wie eine Sprecherin des Polizeipräsidiums am Dienstagnachmittag auf Anfrage sagt, kam es lediglich zu – erwarteten – Verkehrsbehinderungen.

Der Traktoren-Konvoi zieht sich durch die Stadt.
Der Traktoren-Konvoi zieht sich durch die Stadt.
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