Kaiserslautern „Niemand hat gelacht über mich“

Die Integration von Migrantinnen und Migranten versteht die Lina-Pfaff-Realschule plus als eine Aufgabe der gesamten Schulgemeinschaft. Kulturelle Vielfalt ist an der Schule Normalität. Die Weichen für ein Zusammenleben stellt ein Eingliederungslehrgang Deutsch.

Shifa (13) und Moezza (14) sind Geschwister. Über einen mehrjährigen Aufenthalt in Italien kamen sie vor zwei Jahren von Pakistan nach Deutschland. An der Lina-Pfaff-Realschule plus fühlen sie sich wohl. „Es hat niemand gelacht über mich, auch nicht über mein Deutsch“, sagt Moezza. Die Schüler und Lehrer seien sehr offen und verständnisvoll. Shifa geht sehr gerne in ihre Klasse, besonders in den Deutschkurs. „Alles ist so normal an der Schule.“ Aufgrund guter Noten konnte sie eine Klasse überspringen. „Ich bin jetzt in der achten.“ Sprachen lernt sie leicht. Kein Wunder. Ihren Mitschülern hat sie einiges voraus: sie spricht Pakistanisch, Englisch, Französisch und Italienisch. Natalia (14) stammt aus Polen. Sie lebt seit zwei Jahren in Deutschland. „In meiner Klasse sind viele Schüler aus anderen Ländern. Alle mögen mich.“ Probleme hat sie mit der deutschen Grammatik, räumt sie ein. Wie den drei Schülerinnen der Integrationsklasse geht es vielen ihrer Mitschüler in der Lina-Pfaff-Realschule plus. Schüler kommen aus aller Herren Länder: Rumänien und Bulgarien, Russland und Polen, und Brasilien, China und Moldawien. „Viele Schüler, die mit ihren Eltern gerade aus dem Ausland nach Kaiserslautern kommen, werden an unserer Schule aufgenommen“, so Schulleiterin Tracy O’Brien. Sie besuchen zunächst einen Eingliederungslehrgang Deutsch, einen Intensivkurs in der deutschen Sprache. Ziel sei es, die Jugendlichen so zu fördern, dass sie nach und nach am Regelunterricht ihrer Jahrgangsstufe teilnehmen können, erläutert die Schulleiterin. Seit über 20 Jahren profitiert die Schule vom Eingliederungslehrgang Deutsch. Über ein halbes Jahr stehen vormittags 21 Wochenstunden zur Verfügung, neun Unterrichtsstunden besuchen die Schüler den Regelunterricht ihrer Klassenstufe. Danach nur noch den Regelunterricht mit einem zusätzlichen Förderangebot in Deutsch. Gerne erinnert sich O’Brien an Ellen Blank, die all die Jahre den Intensivkurs Deutsch unterrichtet hat. „Gerne hat man ihre Schüler als ,Blank-Kinder’ bezeichnet.“ Seit Februar stehen den jugendlichen Migranten Erina Lenz, Russland, und Tamar Schira, Georgien, als Lehrerinnen für Deutsch als Fremdsprache zur Verfügung. Den Lehrerinnen ist daran gelegen, dass die Kinder so viel wie möglich sprechen. „Manchmal müssen wir sie erst wach machen“, berichtet Lenz. Wichtig sei, dass sich die Kinder öffnen und langsam sprechen. Fehler seien nicht schlimm. Die Lehrerinnen legen Wert auf kleine Dialoge, auf Lesen und Schreiben. Mit ihrem Konzept hat die Schulleiterin bisher nur gute Erfahrung gemacht. Als positives Beispiel nennt sie einen Schüler aus Eritrea, der erst zur siebten Klasse in die Schule kam, Schülersprecher wurde und die Mittlere Reife machte. „Das spricht für den Erfolg dieser Arbeit.“ Die Integration von Migranten sei für der Schule ein Selbstverständnis, Menschen aus unterschiedlichen Ländern mit unterschiedlichen Ansichten nichts Befremdendes. „Lehrer und Schüler nehmen das einfach hin. An unserer Schule sollen sich alle wohlfühlen“, betont Tracy O’Brien, die in Kanada auf die Welt kam und die britisch-kanadische Staatsbürgerschaft besitzt. Zum Integrationskonzept gehört ein Musikprojekt, das von Alex Breidt, einem weltweit gereisten jungen Musiker aus dem Saarland geleitet wird. Es wird innerhalb des Ganztagsschulangebots als Arbeitsgemeinschaft von Schülern besucht. Über die Musik gelingt es dem Gitarristen, die Teilnehmer zum Nachdenken über Toleranz und Politik zu bewegen. „Plötzlich diskutieren die Jugendlichen über Gesellschaft und ihre Zusammenhänge.“ Total happy ist Alex, wie er von den Schülern genannt wird, dass sie einen eigenen Songtext geschrieben haben. „Jeder ist anders“, so der Liedtitel. Nicht vorenthalten will er den Refrain: „Die einen sind so, die anderen sind so. Jeder ist anders und keiner weiß wieso.“ „Wir können das nicht“, lässt Breidt nicht gelten. Ihm ist wichtig, dass die Schüler auch lernen, Respekt vor sich selbst zu haben. Zurzeit wird ein Video über das Musikprojekt gedreht. Es soll im Offenen Kanal gezeigt werden. Vorhang auf für die Projektteilnehmer heißt es bei der Verabschiedung der Absolventen am Schuljahresende. Für den Beigeordneten Joachim Färber begünstigt das Integrationskonzept der Lina-Pfaff-Realschule plus eine „gelebte Vielfalt“. „Ein gutes Beispiel, wie positiv Integration in Bewegung und in den Alltag kommt.“ Die Lina-Pfaff-Realschule plus mit 480 Schülern verfügt über zwei Standorte. In der Schreberstraße werden die fünften und sechsten Klassen, in der Friedrichstraße die Klassen sieben bis zehn unterrichtet. (jsw)

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