Kaiserslautern Greg, Rachel und Minnie fordern Katniss heraus

91-74333420.jpg

Zwei Teenagerfilme der sensibleren Sorte kommen jetzt zeitgleich ins Kino, beides US-Independent-Arbeiten, die beim Sundance-Festival in Utah zu den großen Gewinnern gehörten. Doch „Ich und Earl und das Mädchen“ sowie „The Diary of A Teenage Girl“ erfüllen die Erwartungen nicht. Gerade für Teenagerinnen ist daher wohl „Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil 2“ mit der kämpferischen Heldin Katniss die klügere Wahl.

„Ich und Earl und das Mädchen“: Schon der Titel – im Original lautmalerischer und schockierender „Me and Earl and The Dying Girl“ – zeigt das Hauptproblem des Films auf: Der Ich-Erzähler nimmt sich selbst zu wichtig. Dabei sind die interessanteren Figuren der beste Freund Earl und das an Leukämie sterbende „Mädchen“ Rachel. Doch im Fokus der Verfilmung des Romans von Jesse Andrews steht eben das Ich. Der 17-jährige Greg (Thomas Mann) fühlt sich als Highschool-Außenseiter, auch wenn er ziemlich gut aussieht und beliebt ist. Allerdings eher, weil er sich einschleimt: Greg passt sich gern an, hält zu allen Kleincliquen der Schule guten Kontakt, um kein Mobbing-Opfer zu werden. Und er ist sehr schlau. Der Film von Alfonso Gomez-Rejon, der als Regisseur der TV-Teenagerreihe „Glee“ Gespür für Außenseitergeschichten bewies, strotzt vor oft tatsächlich witzigen Bonmots des Helden, der bald in die Bredouille kommt: Gregs Mutter zwingt ihn, sich um seine alte Grundschulfreundin Rachel (Olivia Cook) zu kümmern, die an Leukämie erkrankt ist. Zwischen den Jugendlichen, die sich aus den Augen verloren hatten, entwickelt sich bald eine Freundschaft. Das Positive am Film: Es wird keine romantische Liebesgeschichte daraus. Rachel hat – zunächst – einen ähnlich sarkastischen Blick auf die Welt wie Greg. Doch der Krebs zehrt bald an ihr. Greg, der mit seinem ungleich lässigeren und weiseren Kumpel Earl (RJ Cyler) Arthouse-Film-Parodien dreht, will sie mit seinen Kurzfilmhommagen aufmuntern und nach Jahren des mit viel Wortwitz arbeitenden Kopierens einen ersten Originalfilm drehen. Die putzigen Parodien des Dreamteams Earl und Greg aber sind der Höhepunkt des Films, vor allem Werner Herzog ist den Jungs Vorbild: Das ist liebenswertes Nerdtum und eine Feier der Magie des Kinos. Schade ist allerdings, dass die Regie darüber Rachel nurmehr zur still vor sich hin siechenden Leidensfigur macht. Ganz passiv wird sie, keine Wut, keine Lebensenergie stecken mehr in ihr. Bisweilen hat man gar das ungute Gefühl, dass die Figur als Statistin missbraucht wird. Zwar muss nicht jeder Krebsfilm von letzten Reisen ans Meer handeln, doch so lieblos wurde noch keine zuvor als doch selbstbestimmte Heldin eingeführte Filmfigur im Indiekino ins Jenseits verabschiedet. Über die Entfaltung der eigenen Sexualität will „The Diary Of A Teenage Girl“ noch deutlicher von weiblicher Selbstbestimmung erzählen. Marielle Hellers Verfilmung der autobiografisch gefärbten Graphic Novel von Phoebe Gloeckner scheitert aber noch augenfälliger an diesem Anspruch. Im Mittelpunkt der in den 1970ern spielenden Handlung steht die 15-jährige Minnie (Bel Powley), die gerade ihren Körper entdeckt. Sie beschließt, dass der 20 Jahre ältere Liebhaber ihrer Mutter ihr „Erster“ werden soll. Willig lässt sie sich entjungfern, träumt sich aber fortan eine Beziehung zurecht, in der doch sie die Abhängige, Unterwürfige zu werden droht. Nach allerlei Verwicklungen, die recht vorhersehbar sind, behauptet der Film am Ende immerhin, dass Minnie aus der doch sehr schäbigen Affäre gelernt hat. Sie brauche keinen Mann, um sie selbst zu sein, verkündet die sich nun als Comiczeichnerin versuchende Heldin. Eine Kehrtwendung, die man der Figur leider nicht glaubt, zu sehr hat sie zuvor den schmierigen Schnurrbartträger Monroe (Alexander Skarsgård) angebetet. Zwei Filme also, die gerade Teenagerinnen eher verwirren dürften. Da ist die ihr Leben überaus aktiv in die eigene Hand nehmende Katniss Everdeen (Jennifer Lawrence) aus „Die Tribute von Panem“, deren letzte Folge ab morgen ebenfalls in den Kinos läuft, doch das stärkere Vorbild.

91-74333424.jpg
x