Kaiserslautern „Früher war da mehr Platz für Fantasie“

Das war mal brandneu – und steht wieder hoch im Kurs. Betagte Videospiele und Konsolen waren bei der Hohenecker Retro-Börse erhä
Das war mal brandneu – und steht wieder hoch im Kurs. Betagte Videospiele und Konsolen waren bei der Hohenecker Retro-Börse erhältlich.

Wie ratlos mag da wohl mancher Teenager vor den leicht angestaubt wirkenden bunten CD-Hüllen und dem Glotzkasten von Computermonitor verharren? Nun, jene Generation, die von Anfang an in ebenso rasante wie hochkomplexe virtuelle Spielewelten hat eintauchen dürften, die war in der Burgherrenhalle nicht zu sehen. Bei der ersten Retro-Börse für Videospiele fanden sich weit überwiegend nicht mehr ganz so junge Semester ein. Wenngleich: Solche Treffs taugen längst nicht nur dazu, in Nostalgie zu schwelgen.

„Heute braucht man Tutorials“, weiß Marco Riebe. Ohne Anleitung geht offenbar nichts mehr in den abenteuerlich animierten Computer-Spielewelten. „Früher haben die beschränkten Grafikmöglichkeiten viel mehr Raum zur Fantasie gelassen“, erläutert Riebe. Reinstöpseln, loslegen, sozusagen. Abschalten vom Alltag. „Da hat man schnell mal ’ne Runde Pokémon gezockt.“ Und heute? Ist die Phase zum Einfinden schon ein echter Zeitfresser. „Pong kennt jeder“, nennt Alexander Jung einen Videospiel-Meilenstein. Ja, die steuerbaren Balken, die einen kleinen Ball auf die Gegenseite zurückspielten, die markieren einen Anfang. Das allererste Spiel? Schwer zu sagen; eine Frage der Definition, sagen Riebe und Jung. Sie widmen sich dem Spielehobby auch organisiert, zählen zur Gruppe „Retro-Aktiv“, die in Kaiserslautern schon seit 2012 spielerischer Nostalgie frönt. Retro-Aktiv hat das Organisationsteam bei der Börsenpremiere in der Burgherrenhalle gestellt. Eigentlicher Veranstalter war Jens Brinkmann, in Bochum zu Hause und seit einiger Zeit als Spielebörsen-Ausrichter unterwegs. Solche Kauf- und Tauschtreffen erfreuten sich seit einiger Zeit schon der Konjunktur. „Wir wollten das auch mal nach Kaiserslautern holen“, sagen Riebe und Jung. Jetzt hat es geklappt. „Ziemlich gut, reibungslos“, resümiert Riebe. „Nur eins hat geklemmt. Eine Geldkassette.“ Na, das sei ja wohl zu verkraften. Dafür sei die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung als Hallen-Vermieterin prima und unkompliziert verlaufen. Andrang? Überschaubar. Doch finden die Organisatoren auch nachvollziehbare Gründe dafür, warum nicht Scharen von Leuten zur ersten Retro-Börse für klassische Videospiele die Türen der Hohenecker Halle eingerannt haben. FCK-Spiel, prognostizierte Glätte, der Termin inmitten des Weihnachtsgeschäfts hätten Besucher gekostet. Und die Tatsache, dass sich Fans aus der Region erst kürzlich bei gleich zwei Börsen im Saarland hätten eindecken können. Aber immerhin: 250 zahlende Besucher seien sicher gar nicht schlecht. Die betagten Spiele seien für Programmierkundige interessant, auch für solche Anwender, die es nicht zu kompliziert und abgefahren wünschten. Und natürlich für solche, die den (damals hochmodernen) Zeitvertreib aus ihrer Jugend neu entdecken. Alex Diesers Vater hat einst bei einem Umzug alles verkauft. „Ich besorge mir jetzt all die Spiele neu“, sagt Dieser, der mit Lebensgefährtin Michelle Fock aus Neunkirchen gekommen ist. Er steht auf Retro, sie bevorzugt die neueren Games. Sascha Ruck ist ebenso fündig geworden wie Kumpel Dieser, während Rucks Freundin Emily Lugowoj ein Überraschungspäckchen zeigt. Animé-Figuren für die Konsole. „Früher war mehr Seele im Spiel“, bestätigt der Neunkircher Ruck die Worte Marco Riebes. Wenn auch einige Aussteller unzufrieden waren: Vincent Kolb und Begleiterin Esther Zora aus Baden Baden waren es nicht. „Ich komme nicht des Geldes wegen her“, sagt Kolb, der Aberhunderte Spiele Zubehör und mehr angeboten hat. „Mir geht’s auch darum, Gleichgesinnte zu treffen.“

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