Kaiserslautern „Es isch, wie es isch“

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Kabarettistische Höhenflüge erlebte das Publikum am Mittwochabend im gut besuchten Cotton Club mit dem preisgekrönten Parodisten Reiner Kröhnert. In seinem neuen Programm „Mutti reloaded“ verstand er es, nicht nur die Kanzlerin Angela Merkel zu sezieren, sondern er fühlte auch unzähligen anderen Prominenten gehörig auf den Zahn. Hinter dem Künstler war aber auch deutlich die Sprache des „Ghostwriters“ Wolfgang Marschall zu erkennen.

Blonde Perücke auf dem Haupt, Haltung stark nach vorne gebeugt, Finger zur Raute geformt, Mundwinkel zeigen ein dümmliches Grinsen: Fertig ist die „Mutti der Nation“. Sogar die Stimmfarbe Angela Merkels trifft Reiner Kröhnert genau, wenn er sie die Weltordnung erläutern lässt. „Testosteron, das war gestern“, verrät Merkel. Die Herren der Schöpfung hätten die Sache oft genug gegen die Wand gefahren. „Wenn ich eine Wand sehe, dann bremse ich und wende.“ Anpassungsfähigkeit, das sei ihre Devise. Mit Blick auf „abgesägte“ Gefolgsleute wie Friedrich Merz meint Merkel: „In Muttis Universum gibt es zwar ein paar nützliche Trabanten, doch nur eine Sonne, und das bin ich.“ Auch „Flinten-Ursel“ habe gegen sie keine Chance: „Ich spreche ihr dreimal das Vertrauen aus, dann: aus die Maus.“ Der Meister der süffisanten Parodie hat sich aber noch 20 weitere illustre Gäste eingeladen. Mit wenigen, treffenden Sätzen arbeitet er den Charakter seiner Figuren heraus und demaskiert so manche Kostümierung, wirft einen schonungslosen Blick hinter gar manche Fassade. Gespickt mit intelligentem Wortwitz und schauspielerischen Höchstleistungen. Der ehemalige Minister Pofalla träumt immer noch von der „After-Show-Party“, seit er in Merkels Allerwertesten kriechen durfte und als „Kopfgeburt wieder ans Licht kam“. Den „Worthülsenproduzenten“ Joachim Gauck lässt er über sein Lieblingsthema „Frieden“ schwafeln und ihn mahnen: „Wir müssen begreifen, dass wir in der Welt wieder eine führende Rolle spielen müssen.“ Das sei kein Kindergeburtstag, kein Ponyhof und auch kein Picknick. In einer rasanten Gedankenkette erklärt Gauck, dass Kredit von Credo komme und Credo von Glaube. „Als Gläubige sind wir doch alle Gläubiger“, ist sein Gedankenschluss. Und plötzlich ist er wieder da. Hitler. Übergangslos. „Hätte ich zu meinen glorreichen Zeiten nicht Eva Braun, sondern Julija Timoschenko, die „Superoligarchin unter den Oligarchen“, an meiner Seite gehabt, was hätten wir beide bewerkstelligen können!“ „Es ischt, wie es ischt. Dass es so isch, wie es ischt, ischt die Crux“, lässt Kröhnert den „Drachmentöter“ Schäuble schimpfen. Besonders abgesehen hat es der „Minister der schwarzen Null“ auf Varoufakis „mit seinem Randale-Rucksäckle aufm Schuldebuckel“. Der habe ja keine Ahnung „von Tuing un Blowing“. An Kröhnerts Körperhaltung, an seiner Mimik und sparsamen Gestik kann man auf Anhieb seine parodierten Personen erkennen. Und so zieht der 58-Jährige munter weiter durch das politische Leben. Jeder Satz ist gestochen scharf. Er verdichtet, überspitzt Wahrheiten, und Unbequemes zieht er ins Lächerliche. Bissig, pointiert, tiefgründig, sprachgewandt, humorvoll und toppaktuell. Bemerkenswert die Fachsimpelei der alternden Politiker Hans-Dietrich Genscher, Rita Süßmuth und Norbert Blüm. „Wie konnte das nur passieren. Überall auf der Welt wird gemordet. Und meistens mit deutschen Waffen“, lispelt Süßmuth. „Wie konnte das nur passieren, dass von Ramstein in der Pfalz aus Drohnen gesteuert werden, die auch kleine Kinder töten?“ Da kann man eine Stecknadel im Saal fallen hören. Und Blüm: „Wie konnte das nur passieren, dass die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinanderklafft?“ Gelächter ertönt, als Blüm alias Kröhnert ergänzt: „Wie kann man nur Wahlversprechen machen, nur, dass man wieder an die Macht kommt?!“Sogar Altbundeskanzler Helmut Kohl lässt er zu Wort kommen, der über die Verräter Blüm, Geisler, Schäuble und Merkel schimpft und über die „Saumagenintoleranz“ von Merkel sinniert. Zu einem philosophischen Diskurs gerät die Talkshow „Der Intellekt hat viele Gesichter“, zu der sich Michael Friedmann und Rainer Safranski Gäste wie Boris Becker, Dieter Bohlen oder Daniela Katzenberger eingeladen haben. Wie das verläuft, kann sich jeder vorstellen. Das begeisterte Publikum klatschte mehrere Zugaben heraus.

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