Kaiserslautern Ein Kunstwerk steht im Walde

Kunst unter freiem Himmel heißt zunächst einmal, Werke im öffentlichen Raum zu zeigen. Doch diese Art der eher beiläufigen Konfrontation mit Plastiken und Installationen hat den Nachteil, dass sich die Werke in einem zunehmend unsensibler gestalteten Umfeld aus Stadtmöblierung und Konsumaufdringlichkeiten kaum behaupten können. Wie viel schöner sind da die Skulpturenparks – etwa der von Tony Cragg.

Tony Cragg ist einer der weltweit bedeutendsten Bildhauer. Seine Plastiken faszinieren auch ein nicht kunstaffines Publikum. Der gebürtige Liverpooler ist mehrfacher Biennalen- und Documenta-Teilnehmer, war Turner-Preisträger und bis zum vergangenen Jahr Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie. Erst im Juni wurde in Bonn wieder eine Plastik des Künstlers enthüllt. Seit einigen Jahren bearbeitet Cragg ein weiteres Betätigungsfeld: einen eigenen Skulpturenpark. Die Anlage liegt in Wuppertal, wo der Künstler seit Langem lebt und arbeitet. Einer Stadt, die durch Kürzungen im Kulturetat für negative Schlagzeilen gesorgt hat. Privates Engagement kann da gegensteuern. Als Cragg vor rund zehn Jahren auf das Gelände an der Villa Waldfrieden aufmerksam gemacht wurde, war die Grünanlage verwildert, das Gebäude war marode. Da der Künstler aber schon länger von einem Park für Skulpturen geträumt hatte, erwarb er das Areal. Mit großem Engagement ließ er restaurieren und renaturieren. Der Skulpturenpark Waldfrieden, der 2008 eingeweiht wurde, ist ein Kunst-Refugium oberhalb der Stadt. Schon den leichten Aufstieg säumen Plastiken von Cragg. Vor dem Eingang steht Jonathan Monks „Covered Motorbike“ – aus Bronze. Der Spazierweg durch den Park führt den Hügel hinauf in ein Waldstück. Auf einer Wiese kontrastieren drei sich in den Himmel schlängelnde Bronzeplastiken mit einem in sich verschachtelten, gelben Exponat mit deutlich ausgeprägter Bodenhaftung. Neben solchen Arbeiten des großen Formenfinders Cragg findet man Werke von Richard Deacon und Hubert Kiecol, Bogomir Ecker und William Tucker, einen Januskopf von Jaume Plensa sowie seit Neuestem eine monumentale, aber verstümmelte Darstellung des Paris von Markus Lüpertz. Der Park und sein Skulpturenprogramm wachsen. „Mein Bestreben ist, Menschen für Bildhauer zu begeistern und zu zeigen, was Bildhauerei heute kann“, erklärt Cragg. Mittlerweile sind es knapp 40 Werke, denen man im Park begegnet. Außerdem wurden zwei gläserne Ausstellungspavillons in die Anlage integriert. Im kommenden Jahr soll ein dritter folgen. Nicht selten werden Werke aus den Wechselausstellungen von der Cragg Foundation, die den Park betreibt, angekauft. Im Park herrscht ein rücksichtsvolles Miteinander von Kunst und Natur. Die Skulpturen haben Wald und Wiesen nicht kolonisiert, sondern – so scheint es – finden Schutz unter hohen Wipfeln. Zentral auf der Rasenfläche vor der Villa ragt dagegen „Vater Staat“ empor. Die Figur von Thomas Schütte wirkt mit ihrer Größe von 3,70 Metern, bodenlangem Mantel und topfähnlicher Kopfdeckung furchteinflößend und gütig zugleich. Die Villa und das Geschehen drumherum observiert sie jedenfalls gewissenhaft. Die Villa Waldfrieden wurde von Franz Krause Ende der 1940er-Jahre nach den Prinzipien des organischen Bauens für einen Wuppertaler Unternehmer geplant. Das ehemalige Wohnhaus, das sich mit großen Fenstern und Terrassen zum Garten öffnet, verzichtet auf jegliche Symmetrie. Heute werden hier Veranstaltungen durchgeführt. Die Villa kann bei Führungen besichtigt werden. „Ich glaube, dass Bildhauerei eine Art sensibilisierender Tätigkeit und ihre Rolle die eines Katalysators ist, der uns vielleicht zu einem sensibleren Denken führt“, sagt Cragg. Sein Skulpturenpark Waldfrieden ist ein schöner Ort, um dieser Einschätzung in Ruhe nachzuspüren.

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