Kaiserslautern Ein kaputtes Fagott und viel Können

Auch das vierte Kammerkonzert des Pfalztheaters blieb seiner Tradition treu: Einmal demonstrierten viele im Publikum anwesende Musiker und Theaterkollegen ihre – nicht selbstverständliche – Verbundenheit. Zweitens schöpften die für dieses Konzertprogramm Verantwortlichen mit gemischten Trios und Quartetten erneut aus dem Vollen und öffneten weit die Schatzkammer mit Preziosen der klassisch-romantischen Kammermusik-Literatur.

Mehr an Wertschätzung kann ein Komponist einem Zeitgenossen kaum entgegenbringen als Beethoven mit seinem Variationszyklus: Anstelle eigener thematischer Vorlagen wählte er für das Trio mit Flöte (Laura Weiß), Violine (Mari Kitamoto) und Viola (Johannes Pardall) ein Thema aus der Oper „Don Giovanni“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Dessen thematische Anregung führte er allerdings in höchst kunstvollen Variationen durch. Die Künstler setzten das dankbare Werk in geschmeidiger spielerischer Eleganz der verarbeiteten melodischen Linien um; gestochen klar artikuliert und fein ziseliert. Und doch überzog ein Schatten ausgerechnet diese Matinee: Das Fagott der seit 2009 hier engagierten Fagottistin Ji-Myung Cho wies sozusagen über Nacht einen Schaden auf, sodass aus Stuttgart ein Ersatz geliehen werden musste. Das Umsteigen auf fremde Instrumente ist für viele Instrumentalisten zumindest ein psychologisches Problem, andere Mensur und Griffpositionen mit anderer Ansprache verunsichern. Nicht so diese begnadete Fagottistin, die beim Quartett für Fagott, zwei Violen (Pardall und Naomi Ogino) und Violoncello (Dieter Hehl) auch einen viel zu selten zu hörenden und unterschätzten Komponisten aufwertete: Franz Krommer war immerhin – drei Jahre nach Mozart geboren – Ballettkapellmeister am Wiener Hoftheater und 1818 zum Kaiserlichen Hofkomponisten und Hofkapellmeister berufen. Seine Solokonzerte sind eine Bereicherung im Umfeld der Wiener Klassik. Bei seinem Quartett war der souverän auftrumpfenden Fagottistin das Malheur nie anzumerken, sie gestaltete die heiklen Läufe mit waghalsigen Intervallsprüngen traumhaft sicher. Dabei griffen die Streicher ihren Duktus dynamisch mit einem spürbaren Konsens in allen interpretatorischen Fragen wie Dynamik, Agogik oder Artikulation konsequent und stringent auf. Durch die ungewöhnliche Kombination eines Bass-Instruments als Melodieträger und mit zwei Violen (anstelle einer Violine) und mit einem zusätzlich grundierenden Cello gewann diese restlos überzeugende Aufführung sehr sonore, angenehm dunkel timbrierte Klangfarben. Alles war präzis aufeinander abgestimmt. Klanglich niemals mulmig, sondern in kristallener Transparenz plastisch artikuliert. Und dies, obwohl die Dialoge zwischen Fagott und der führenden ersten Bratsche den Spielern alles an Brillanz und Rasanz abverlangte. Nach der Pause erwies sich der Kapellmeister Markus Bieringer für das Pfalztheater einmal mehr als Glücksfall: Neben klarer Zeichensprache und Übersicht beim Dirigieren fällt er bei Kammermusik-Aufführungen immer wieder durch seine pianistischen Fähigkeiten auf. Im Trio für Klavier, Flöte (Laura Weiß)und Fagott (wieder Ji-Myung Cho) von Beethoven spielte er seine reichhaltigen Erfahrungen als ehemaliger Solorepetitor beim Staatstheater Wiesbaden aus. Durch seine Übersicht, Flexibilität und Expressivität mit nuanciertem Anschlag und seine prägenden Werkvorstellungen wurden die Bläserpartien entsprechend inspiriert und alles erklang in höchster klanglicher Ausgewogenheit – alles in allem eine Aufführung von Seltenheitswert.

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