Kaiserslautern Die ganze Welt ist eine Bühne

Gedreht wurde der Film in und um Ulm, uraufgeführt am Wochenende auf dem Filmfest München – und er hat doch durchaus Pfälzer Wurzeln. „Ein Geschenk der Götter“ erzählt die Geschichte einer arbeitslosen Schauspielerin, die in der Arbeitsagentur einem verlorenen Haufen ein Schauspieltraining angedeihen lässt. Er wurde geschrieben und inszeniert von Oliver Haffner, geboren in Germersheim; in Hauptrollen spielen die in Kaiserslautern geborene und am Mannheimer Nationaltheater engagierte Katharina Hauter und Rainer Furch aus dem Schauspielensemble des Pfalztheaters.

Das Münchner Filmfest hat sich spätestens seit dem Erfolg von „Oh Boy“ und „Love Steaks“ zur wichtigsten Plattform für den jungen deutschen Film entwickelt, noch vor der Berlinale-Sektion „Perspektive deutsches Kino“ und dem Saarbrücker Festival Max-Ophüls-Preis, wo Oliver Haffner noch seinen Debütfilm vorgestellt hatte. „Wir haben den Film sehr schnell fertig bearbeitet, weil die Einladung des Filmfests da war, da blieb wenig Zeit zum Nachdenken: Der Film ist vor drei Tagen fertig geworden, knapper geht es nicht“, berichtet Haffner nach der Premiere. „Dass der Film jetzt so gut angekommen ist, ist überwältigend. Aber ich war sehr aufgeregt.“ „Ein Geschenk der Götter“ war die erste Publikumsvorführung des Münchner Filmfestes überhaupt, eine ausverkaufte Vorstellung am frühen Samstagnachmittag. Der lange Applaus erzeugt sichtliche Freude bei den Beteiligten des Teams auf der Bühne des Filmtheaters: Der Film ist angekommen. Dass sein Film in München läuft, empfindet Haffner als großes Glück: „Das besondere am Filmfest München ist, dass es als Festival ganz nah am Publikum ist. Ich mache meine Filme fürs Publikum. Klar: ich mache Filme, die ich gerne mag, aber ich möchte, dass die Leute dadurch bewegt werden. Sie sollen lachen, sie sollen weinen, sie sollen sich berühren lassen und wirklich etwas in ihr Leben tragen.“ Zudem hat er eine persönliche Verbindung zu München: Hier hat er an der Filmhochschule studiert, und hier ist er aufgewachsen: „Ich bin zwar gebürtiger Pfälzer, bin aber im zarten Kindesalter hierher mit meinen Eltern umgezogen.“ „Ein Geschenk der Götter“ ist ein Film, der in seiner Geschichte über die Möglichkeiten des Theaters seinen Protagonisten zu Stärke verhilft. Ein wenig angelehnt an britische Sozialkomödien, die gesellschaftliche Klarsicht mit Feelgood-Atmosphäre verbinden, erzählt Haffner von ökonomischen Verlierern, die sich zusammenreißen und zusammenraufen, um etwas auf die Beine zu stellen. Weil die Mittel für die Computerausstattung in der Arbeitsagentur nicht bewilligt werden, wird den Teilnehmern eines Fortbildungsseminars für Arbeitslose schlicht die ebenfalls arbeitslose Schauspielerin Anna Bischoff vor die Nase gesetzt. Richtiges Sprechen, Körperbeherrschung, das ist ja auch wichtig für den Erfolg auf dem Arbeitsmarkt. Anna beginnt mit dem elenden Häufchen Proben zu „Antigone“, eine Maßnahme, die sich verselbstständigt, auch als sie offiziell schon für beendet erklärt wird. Mit einer Mischung aus Stolz und Trotz machen die Laiendarsteller einfach weiter, denn manchmal kann einem die Kunst zu einem besseren Leben verhelfen. Haffner war, bevor er vor zehn Jahren zum Film kam, dem Theater verpflichtet, arbeitete unter anderem in Kaiserslautern. Der Film ist aus dieser Theatererfahrung des Regisseurs und seiner Darsteller gewachsen: „Es ist ein Film, der unter anderem auch das Thema Theater hat, nach dem Motto: Wir spielen immer, die ganze Welt ist eine Bühne. Für Theaterinsider gibt es dann natürlich auch noch viele Gags, aber der Film funktioniert auch, wenn man gar kein Interesse für Theater hat“, so Pfalztheater-Schauspieler Rainer Furch, der mit viel Verve den aggressiven Proleten unter den Laien-Spielern im Film gibt. Das sei eine interessante Aufgabe für einen Darsteller: „Einerseits versteht man genau, um was es geht. Andererseits müssen wir alle als ausgebildete Schauspieler ja Laien spielen, das ist immer ein Balanceakt.“ Man dürfe nicht bewusst schlecht spielen, und müsse dabei auf Theatertechniken verzichten, die man auf der Bühne selbstverständlich anwendet. Furch ist seit zwölf Jahren fest am Pfalztheater engagiert und hat dort auch schon des öfteren mit Haffner gearbeitet. Nebenbei macht er Filmarbeit: „Im Sommer geht ein Dreh immer. Aber für diesen Film habe ich mich sogar losgekauft, der wurde im November/Dezember gedreht. Da sollte ich eigentlich im Weihnachtsmärchen spielen, aber ich habe eine Vereinbarung mit dem Theater gefunden, dass ich doch bei diesem Film dabei sein konnte.“ Mit dem Regisseur verbindet ihn eine langjährige Freundschaft, auch in dessen Langspieldebüt „Mein Leben im Off“ von 2010 war Furch dabei. Haffner wiederum arbeitet gerne mit einer Filmfamilie zusammen: „Ich bin recht treu beim Besetzen.“ Dabei geht es Haffner nicht nur um ein Porträt des Theatermilieus und der Schauspielarbeit: „Ich habe das Gefühl, dass bei uns so viele Leute unter die Räder kommen, die nicht dem gängigen Leistungsdenken und dem gängigen Sachzwangdenken, die überall gepredigt werden, entsprechen.“ Theater und Film seien stets Stimmen gewesen, die gegen eine solche Gesellschaft der Wirtschafts- und Produktivitätsfokussierung gekämpft hätten. „Insofern ist es durchaus als humanistischer Film gemeint.“ „Ein Geschenk der Götter“ ist zwar für den Kinoeinsatz geplant, einen Verleih hat Haffner aber noch nicht gefunden. Das Münchner Filmfest sei aber ein sehr gutes Forum, um den Film der Branche vorzustellen, so Haffner. Schließlich wäre es schön, wenn der Film auch jenseits einer Fernsehausstrahlung in der Pfalz gesehen werden könnte.

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