Kaiserslautern Bilder wie Feuer und Sturm

Weilerbach fühlte sich an Pfingstmontag durch die Pfälzische Landeskirche geadelt. Die Aufführung des „Elias“ von Mendelssohn-Bartholdy durch die Pfälzische Singgemeinde (Oratorienchor der Landeskirche) unter Leitung von Jochen Steuerwald in der protestantischen Kirche war eine Aufführung von großem dramatischem Atem. Zweidreiviertel Stunden lang hielten der mehr als 100-köpfige Chor, die Kammerphilharmonie Mannheim sowie großartige Solisten die 700 Besucher quasi auf der Sitzkante.

Das Sujet um den alttestamentarischen Propheten Elias hält ja auch genügend spannungsgeladene Episoden bereit. Der Kampf mit den heidnischen Baalspriestern, das Regenwunder, die Feuerprobe, schließlich der Eremit in der Wüste, der mit feurigen Rossen gen Himmel reitet. Szenen von biblisch mitreißender Kraft. Zwei Ebenen stellt Mendelssohn in den Vordergrund: zum einen den Chor, der sowohl kommentiert als auch aktiv in das Geschehen eingreift. Zum anderen ist die individuelle Persönlichkeit des Elias bestimmend. Als imposante zentrale Gestalt strahlte hier Markus Krause als Elias eine hypnotische Wirkung aus, wie sie nur ganz großen Künstlern eigen ist. Mit seiner Ausdrucksintensität und künstlerischen Autorität verlieh er dem Propheten quasi eine übermenschliche Aura. Auch hatte Krause, der sehr erfolgreich mit führenden europäischen Orchestern gearbeitet hat, eine stetige, raumfüllende und gut einschwingende Bass-Bariton-Stimme und das Gespür für eine sorgsame Austarierung von Ton und Wort, der sogar in den tiefsten Bereichen konzentrierte Resonanz hatte. So begann das Oratorium völlig ungewöhnlich mit einem Rezitativ, dem Fluch des Elias, in dem er das Ausbleiben von Tau und Regen ankündigt, der die Zuhörer schon fast erzittern ließ. Wie subtil er sein konnte, zeigte das Arioso am Schluss, als er, geläutert, ein inniges Gebet intonierte. Mit großartigen Chorszenen setzte Steuerwald den Gegenpunkt. Schon in der Ouvertüre, die er als permanentes Crescendo durchzog, das dumpf in den Bässen aufstieg und in den verzweifelten Aufschrei des Chors mündete, zeigte sich Steuerwald als genauer Planer. Er blieb es auch, wenn er innerhalb eines zügig-lebendigen Duktus wohl bemessene Steigerungen initiierte, die in aufgewühlte Dramatik mündeten. Schilderungen wie etwa in Nr. 16 (Das Feuer fiel herab) oder Nr. 38 (Und der Prophet Elias brach hervor wie ein Feuer) verursachten Gänsehaut und gewannen förmlich Plastizität, was auch der Schlagkraft und Intonationssicherheit des ständig auf sorgfältige Dynamik achtenden Chors zu danken war. Die architektonische Qualität der gewissenhaft austarierten Verschachtelung der Chorstimmen steigerte der musikalische Leiter noch durch einen Kunstgriff: indem er Sängerinnen links und rechts auf die Empore postierte und dadurch die Raumqualität erhöhte. Die Spannung wusste Steuerwald, der mit Ganzkörpereinsatz dirigierte, noch durch geschickten Einsatz von Pausen zu steigern, bevor sich dann der Chor wie in Nr. 34 (Der Herr ging vorüber) ins Unermessliche steigerte und Bilder wie Feuer und Sturm im Kopf des Zuhörers erzeugte. Nach diesem ekstatischen Ausbruch wirkte das plötzliche Pianissimo umso eindringlicher. Eine sanft schwebende Streicherbewegung untermalte in zartesten Farben das geheimnisvolle, weihevolle Flüstern der Chorstimmen. Und „Heilig, heilig ist Gott, der Herr!“ Engelschöre erschallten immer größer und festlicher, ein achtstimmiger Chor trug den Jubel in alle Lande. Als großartige Solisten sind die ebenmäßig singende Sandra Fechner (Alt) und der überaus schlank intonierende Tenor Timo Schabel (für Andreas Weller eingesprungen) zu nennen, und nicht zuletzt die lyrische Sopranistin Vera Steuerwald mit flexibler Koloraturfähigkeit, die mit ihrem zarten Vibrato und Sicherheit in den höchsten Tönen bestach. Mit makellosem, brillantem Spiel, gepaart mit Engagement und musikalischem Witz, begleitete die Kammerphilharmonie Mannheim und demonstrierte dabei höchste Klangkultur. So erfuhr das bedeutende Werk mit dem Schlusschor zu den Worten „Herr, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name“ eine würdig erhabene Krönung. Über fünf Minuten lange, stehende Ovationen.

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