Kaiserslautern Begeisternder Dreiklang

Das Jubiläumskonzert des Musikvereins Kaiserslautern zu seinem 175-jährigen Bestehen begeisterte im dicht besetzten SWR-Studio am Sonntag durch einen Dreiklang aus origineller programmatischer Konzeption, begleitender informativer und gleichzeitig unterhaltender Moderation (durch Georg Emme und Monika Rahm) und konsequenter künstlerischer Realisierung.

Anstelle einer chronologischen oder nach Gattungen und Genres geordneten und aufgebauten konventionellen Vortragsfolge setzten die Programmgestalter auf eine Art musikalische Collage, die um die Liebeslieder-Walzer von Johannes Brahms kreiste. Die Vielzahl ausgewählter Chorsätze wurde zur Themenalliteration Liebe, Lust, Leidenschaft nach übersichtlichen Vortragsblöcken zusammengestellt. Dies spricht für die Kompetenz der Verantwortlichen, die auch organisatorisch neue Wege beschritten und zur Nachahmung einluden: Etwa durch die sinngemäße Kombination aus Musik und Bewegung, als beispielsweise zu den Slawischen Tänzen von Dvorak (in der Fassung für Klavier zu vier Händen) Mitglieder des Ballettensembles des Pfalztheaters diese Musik in tänzerischer Grazie und schwereloser Leichtigkeit in modernes, ausdrucksstarkes Tanztheater umsetzten. Dafne Barbosa und Salvatore Nicolosi nahmen die musikalischen Impulse allegorisch ausdeutend und episodenhaft in szenischer Gestaltung auf und steigerten sie zu Beispielen vollendeter tänzerischer Ästhetik bei perfekter Synchronisation und Koordination der Bewegungsabläufe. Dabei faszinierte Nicolosis gleichsam epische Choreografie in ausdrucksstarker Gestik und Mimik. Inhaltlich passend zu den Liebeslieder-Walzern von Brahms für vierstimmigen Chor und Klavier zu vier Händen (Ahra Hong und Sang-Wook Jung, beide aus Seoul in Südkorea) wurden weitere Chorsätze wie die Zigeunerlieder von Brahms und beispielsweise auch bearbeitete Chorsätze nach Gustav Mahler oder Nils Lindberg aufgeführt. Dabei hielt der Chorleiter Christoph Schuster die Stimmen und die Klavierbegleitung gut zusammen. Der Chor des Musikvereins nutzte die Gelegenheit um sich zu profilieren, gefiel durch die musikantische Frische bei bewegten Tempi und temperamentvollen Ausbrüchen wie etwa bei „Nein, es ist nicht auszukommen“ von Brahms. Bei 14 Frauen- und nur noch zehn Männerstimmen war die klangliche Balance das zu lösende Problem, zumal die führenden Sopranstimmen ihren Part etwas dominant und mit Nachdruck und Messa di voce (Anschwellen bei Textsilben) anlegten, was stilistisch zu überprüfen wäre. Dennoch gefielen die Programmpunkte mit dem Frauenchor noch besser als die des gemischten Chors. Es sei auch nicht verschwiegen, dass beim Jubiläumskonzert zum 170-jährigen Bestehen noch mehr als 50 Vokalisten damals in der Fruchthalle (mit dreifachem Platzangebot) und zusammen mit dem Orchester des Pfalztheaters für Furore sorgten. Doch Konzentration und Reduktion müssen kein Rückschritt sein, sind aber zumindest ein Einschnitt. Und den gilt es zu bewältigen. Dabei war der gut disponierte Chor mit seiner originellen Programmausrichtung und seiner insgesamt ansprechenden, vom Textgehalt beseelten und inspirierten Vortragsweise auf einem vielversprechenden Weg. Einen Quantensprung nach oben machte die Sopranistin Bianca Schuster, die selbst Chöre leitet und beim Musikverein stimmbildnerisch tätig ist. Ihr Vortrag des Schumann-Liedes „Widmung“ nach Text von Friedrich Rückert erklang in strahlender, reiner und sehr fein und schlackenlos geführter Stimme, die poetischen Reize des Textes subtil vermittelnd. Die beiden Pianisten huldigten bei ihren solistischen und begleitenden Aufgaben einer Musikauffassung, die im ständigen bewegten Agitato und im drängenden Accelerando bei überaus kraftvollen Akzenten und stets präsentem Gestaltungswillen das Ideal sehen. Weniger bewirkt oftmals mehr. Gründlich recherchiert hatten Georg Emme und Monika Rahm für die begleitende Moderation, die den konzertanten Ablauf auflockerte.

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