Kaiserslautern Alles schwebt, alles fließt

„Jazzbühne meets Harp“ lautete am Freitagabend in der Fruchthalle das Motto. Dabei trafen Michael Lakatos, Martin Preiser und Stefan Engelmann vom Jazzbühnen-Trio auf die aus Dansenberg stammende Harfenistin Maria Palatine, die seit neun Jahren in Brüssel eine große Harfenschule leitet und als musikalische Botschafterin Belgiens gilt.

Musik von Ruhe und Klarheit. Musik voller Bewegung und changierender Farb- und Klangeindrücke. Klangvoll durch eigens für die Harfe gewählte Tonarten, interessant durch Läufe und Techniken, die sich auf keinem anderen Instrument spielen lassen und doch immer von der Weichheit geprägt wegen des besonderen Nachklangs der Saiten. In diesen Reigen musikalischer Kleinode mischte sich das Trio mit Piano, Kontrabass und Percussion ein, und so entstand ein Wechselspiel von intensivem Bewegungsdrang und Zur-Ruhe-Kommen. Ein Reichtum an musikalischem Ausdruck, verbunden mit expressiver Klangsprache und ausgeprägter fließender Melodik. Maria Palatine ist aber keine gewöhnliche Harfenistin. Sie schreibt ihre Lieder selbst, bricht mit Konventionen. Ihre Musik ist ganz außergewöhnlich und ihre Texte noch mehr. Sie hat sich den Kampf um die Anerkennung der Frau als selbstbestimmtes Wesen zur Aufgabe gemacht. Und so ist auch dieses Konzert, wie schon ihr Album mit dem Titel „She“, eine Hommage an außergewöhnliche, starke Frauen. Und das mit Anleihen aus der Worldmusic. Alles schwebt, alles fließt. Unüberhörbar dominiert hier der melodische Fluss. Schwebeklänge faszinieren den Hörer, verdichten sich zu fragilen Stimmungsbildern. Aber die Harfenistin erzählt ihren eigenen Klangfilm. Sie will auch provozieren, mischt immer wieder splitternde Cluster in das sanfte Spiel, zerpflückt die romantische Aura, die diesem Instrument wie keinem anderen anhängt. Ihr Stil ist ein Mix aus perkussiv angezupften Glissandi und Arpeggien sowie hart angeschlagenen Single Notes. Darüber singt sie mit einer Sirenenstimme, die sich glasklar in höchste Höhen aufschwingt, über allem schwebt wie eine Elfe. Von Anfang an führt sie in einen Zaubergarten. Schon mit dem eröffnenden „Zahyee“ stellt sie sich als einzigartige Harfenistin heraus. Ihre Improvisationen weben auch in „Sumora“ und dem „Chanson pour décolerer“ (ein Chanson, um sich „zu entwütigen“) eine verführerische Kombination als Lyrizismen und musikalischer Kraft. „The other side“ hat sie ihrer afrikanischen Freundin gewidmet, die vor zwei Jahren gestorben ist. Traurigkeit liegt in ihrem Spiel und in ihrer Stimme, die eine sehr große Spannweite besitzt. „God made me woman“ drückt die Freude aus, eine Frau zu sein. Das Gedicht stammt von der nicaraguanischen Schriftstellerin Gioconda Belli. „Living in St. Gilles“ ist ein Lied über sie selbst und das Leben in dem kosmopolitischen Viertel in Brüssel, in dem sie lebt. „Hello Miss Tibet“ schließlich hat sie dem tibetanischen Volk gewidmet und „Mother’s Garden“ ihrer eigenen Mutter. Für das „Jazzbühnen“-Trio war es diesmal wohl am allerschwersten, sich in diese außergewöhnliche Musik einzufügen, zumal sich die Musiker erst am Nachmittag des gleichen Tages, wie immer, bei der Probe kennenlernten. Aber mit größter Nuanciertheit und Differenziertheit wussten sie sich einzubringen. Martin Preiser ist nicht nur ein sehr einfühlsamer Improvisator, er ist auch Hymnen-Lieferant und Harmoniebedürftiger. Ein ausgesuchtes Arsenal an Percussioninstrumenten hatte Michael Lakatos, mit dem er fantasievoll den Rhythmus vorgab. Und spielerischen Witz lieferte immer wieder Stefan Engelmann am gezupften oder gestrichenen Bass mit verführerisch dichtem, ausladendem Ton.

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