Grünstadt „Zeigen, dass anders ganz normal ist“

Bei den Dreharbeiten zur SWR-Doku auf dem Kleinsägmühlerhof, links: Betriebsleiter Richard Danner.
Bei den Dreharbeiten zur SWR-Doku auf dem Kleinsägmühlerhof, links: Betriebsleiter Richard Danner.

«ALTLEININGEN/GRÜNSTADT.» Am Sonntag haben zwei Folgen aus der SWR-Reihe „Land – Liebe – Luft“ in der Filmwelt Grünstadt Premiere: „Der Prinz auf dem Traktor“ und „Mit Handicap zum Erfolg“. Letzteres ist eine Dokumentation der Regisseurin Sigrid Abel über den Kleinsägmühlerhof der Lebenshilfe Bad Dürkheim in Altleiningen. Sie und die Mitwirkenden werden den Besuchern im Kino Rede und Antwort stehen. Über die Dreharbeiten sprach die gebürtige Mannheimerin, die seit 1999 als freie TV-Journalistin arbeitet, mit Anja Benndorf.

Frau Abel, wie sind Sie auf den Kleinsägmühlerhof aufmerksam geworden und warum wollten Sie unbedingt dort einen Film für die Reihe drehen?

SWR-Redakteurin Sara Endepols hat sich um die Auswahl der Höfe für die Reihe „Land – Liebe – Luft“ gekümmert. Sie hat mich gefragt, ob ich mir den Kleinsägmühlerhof vorstellen könnte. Als ich das erste Mal da war, war ich gleich begeistert. Der schöne Hof, das tolle Konzept und die wunderbaren Menschen. Wie hat Betriebsleiter Richard Danner reagiert, als Sie sich mit Ihrem Anliegen an ihn gewandt haben? Es war Oktober 2017, als wir das erste Mal auf dem Hof waren. Richard Danner fand die Idee sehr interessant, aber natürlich galt es auch, ihn zu überzeugen, dass die Dreharbeiten nicht zu sehr den Betrieb aufhalten. Schließlich musste die viele Arbeit ja geschafft werden. Wie groß war die Unruhe dann tatsächlich? Musste der Betriebsablauf wegen der Dreharbeiten mitunter „anhalten“ oder „noch mal gezeigt“ werden? Das meiste ist ziemlich reibungslos gelaufen, auch dank genauer Absprachen. Und dank des ausgezeichneten Kameramanns Andreas Schlosser, der auch für den Schnitt verantwortlich zeichnet, musste eine Einstellung ganz selten wiederholt werden. Zudem waren Richard Danner und Maria Burgmaier-Danner praktisch immer ansprechbar für Fragen und Ideen. Hielt das Projekt spezielle Herausforderungen für Sie bereit? Eine besondere Herausforderung war natürlich die Arbeit mit den behinderten Mitarbeitern. Hier musste ich erst einmal Vertrauen gewinnen. Aber sehr schnell war das Eis gebrochen, und wir wurden eigentlich immer freudig empfangen. Fast schon wie Freunde. Das heißt, die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Hofes war angenehm? Absolut. Die Mitarbeiter haben uns im wahrsten Wortsinn Tür und Tor geöffnet, keine Frage war zu viel. Mit ein oder zwei Ausnahmen war jeder bereit, mitzumachen. Wir haben von Dezember 2017 bis in den Herbst 2018 gedreht, um die Geschehen im Laufe der Jahreszeiten zu zeigen. Und dabei hatten wir viel Spaß miteinander. Gab es Bereiche oder Zeiten, die für die Kamera tabu waren (außer Klo und Dusche)? (lacht) Da gab es keine. Und nach Klo und Dusche habe ich nicht gefragt. Hat Sie etwas besonders beeindruckt? Mich haben besonders die Mitarbeiter mit Einschränkungen berührt, jeder von ihnen ist eine unverwechselbare Persönlichkeit mit einer ganz eigenen Geschichte. Ich war sehr dankbar für das große Vertrauen, das sie uns entgegengebracht haben. Sie nehmen einen, wie man ist. Ich habe viel gelernt von diesen Menschen. Und natürlich haben mich die Danners sehr beeindruckt, die bis heute, noch nach 30 Jahren, alles geben für dieses Projekt. Gab es auch traurige Erlebnisse? Ja, so manches, was uns erzählt wurde von den jungen behinderten Frauen und Männern, deren Geschichten und Schicksale. Manchmal ganz alltägliche Dinge, die wütend machen. So erzählte mir Mario, dass er nicht besonders gut lesen kann, etwa die Fahrpläne, wenn er mit Bus und Bahn unterwegs ist. Dann kommt es vor, dass er dumm angemacht oder beleidigt wird, wenn er um Hilfe bittet. Unglaublich. Wie viele Stunden Filmmaterial sind dabei zusammengekommen und wie viel ist davon verwendet worden? So in etwa 27 Stunden. Am Ende steht der 45-minütige Film. Zudem gibt es noch eine weitere 30-Minuten-Fassung. Die wird im Fernsehen erstmals am Montag ausgestrahlt. Was wollen Sie mit der Doku transportieren oder vielleicht sogar bei den Zuschauern bewirken? Nun, ich glaube, dass das Projekt an sich schon beeindruckend ist, ein Biobauernhof, auf dem Nichtbehinderte mit Behinderten leben und arbeiten. Jeder nach seinen Fähigkeiten. Aber der Film will nicht vordergründig politisch sein, zur Betroffenheit erziehen oder gar Mitleid auslösen. Wenn es gelingt, zu vermitteln, dass anders eigentlich ganz normal ist, dann bin ich glücklich. Vieles ist auch mit einem Augenzwingern erzählt, denn der Spaß darf nicht zu kurz kommen. Das ist im Film nicht anders als im Leben. DOKUS Sonntag, 24. März, 18 Uhr, Filmwelt Grünstadt, Premieren von „Mit Handicap zum Erfolg“ (Erstausstrahlung im SWR-Fernsehen am Montag, 25. März, 18.15 Uhr) und „Der Prinz auf dem Traktor“ über ein Weingut in Wallhausen mit 800-jähriger Familientradition (TV-Premiere am Freitag, 29. März, 18.15 Uhr), Ticket: 2 Euro, Spenden für die Lebenshilfe Bad Dürkheim sind willkommen.

x