Grünstadt Nichts verläuft nach Plan

Kein heilloses, eher ein „heilvolles“ Durcheinander mit zahlreichen aberwitzigen Verwechslungen war am Samstagabend im Evangelischen Gemeindehaus Eisenberg zu sehen. Das Publikum im nahezu ausverkauften Theatersaal erlebte sechs aus Fernsehproduktionen bekannte Schauspieler, darunter Karsten Speck in der Hauptrolle, in der Komödie „Im Himmel ist kein Zimmer frei“ von Jean Stuart.

Das Licht geht aus, Led Zeppelins „Stairway To Heaven“ untermalt die düstere Kulisse, wo sich eine schneeweiße Wolke von der sonst rabenschwarzen Bühne abhebt. Man hört, wie ein Auto gestartet wird, wie es losfährt, beschleunigt und dann mit lautem Rums irgendwo gegenrast. Totenstille. In einem zerrissenen Anzug taumelt Paul Seval (Karsten Speck), ein lediger Geschäftsmann, ins spärliche Rampenlicht und schaut sich verwirrt um. Petrus (alias Gernot Endemann), der an einem Pult steht, ruft in die Dunkelheit: „Der Nächste bitte!“ und fordert den Neuankömmling auf, Name und Geburtstag zu nennen. Paul fragt: „Bin ich verletzt?“ und stößt damit einen für das Stück, das unter der Regie von Jan Bodinus inszeniert wurde, typischen, von trockenem Humor gekennzeichneten Dialog an. „Nein“, antwortet der Apostel. „Gott sei Dank!“ – „Sie sind tot.“ – „Aber mir tut doch gar nichts weh.“ – „Wenn man tot ist, tut einem nichts weh.“ Die Zuschauer kichern amüsiert, um im nächsten Moment herzhaft loszulachen. „Sie stehen nicht auf dem Lieferschein“, verkündet der Himmelsmann und berichtet von einem Computerproblem über den Wolken, wo seit dem Sündenfall mit Apple gearbeitet werde. Leider sei nun kein Platz hier oben, und der verunglückte Anzugträger müsse sich Flügel im „Amt für Rückführung“ besorgen. Der Auftakt zu der Komödie gelingt spannend und witzig. Gern möchte man wissen, wie es weitergeht. Auch hat man die beiden Protagonisten schnell ins Herz geschlossen: den dämlichen Autofahrer, der mit der einzigen Eiche in drei Kilometern Umkreis kollidiert ist und durch köstliche Mimik brilliert, und den väterlichen Petrus, der so sympathisch menschliche Züge hat. Ein tanzender Engel hilft zu „I’m In Heaven“ beim Umbau der Kulisse, die sich ruckzuck in Pauls Wohnzimmer mit bunter Tapete und reinweißem Mobiliar verwandelt. Dort hat sich aber, so muss der Heimkehrer feststellen, sein Freund und Geschäftspartner André Marsan (Jens Knospe) eingenistet. Der verheiratete Mann, der zu allem Überfluss auch noch Pauls Identität angenommen hat, möchte mit seiner Geliebten Sophie Lantier (Celine Lochmann) in der schicken Villa ungestört ein paar schöne Tage verbringen. Dabei kommt er eher als stotternder Pantoffel- denn als cooler Frauenheld daher. Der geübte Schwank-Zuschauer ahnt es schon: Nichts verläuft nach Plan, Unwahrheiten und Heimlichtuereien haben kurze Beine. Anspruchsvoll ist die Geschichte nicht, eher leichte Unterhaltung. Aber sie macht Spaß. Die schauspielerische Leistung ist durchweg gut, die Charaktere werden authentisch verkörpert. Unter den weiblichen Rollen glänzt vor allem Sabine Schmidt-Kirchner als Haushälterin Maria. Sie ist durch ihre resolute Art und ihre emotionslos verkündeten Kommentare sozusagen das Salz in der Komödien-Suppe. Ausgezeichnet stellt Natascha Hirthe die betrogene Gattin Irene Marsan dar, die natürlich auch auftaucht. Die Mittvierzigerin avanciert mit dicker roter Mähne und südländischem Temperament zum Vamp, der den zurückhaltenden Hausherren zu einem Rache-Seitensprung verführt. Lochmann, Jahrgang 1986, ist die Rolle der leicht überdrehten und von ihrem Abenteuer enttäuschten Sophie wie auf den Leib geschnitten. Für schallendes Gelächter sorgt sie, als sie mit ihrer langen blonden Haarpracht immer wieder das Gesicht von Petrus verdeckt, der darunter kaum Luft bekommt. Der mit den Worten „Endlich mal etwas anderes als Weihwasser“ Cognac genießende Apostel ist nur für Paul existent und steht mehrmals im Mittelpunkt von urkomischen Szenen: Etwa als Paul und Irene rechts und links des Unsichtbaren auf der Couch sitzen und sich küssen. Blitzschnell schiebt Petrus sein Gesicht dazwischen, sodass seine beiden Wangen von den gespitzten Lippen berührt werden. Nachdem der Himmelsmann seinen Job erledigt hat – Paul und Sophie zusammenzubringen – wird er per Whatsapp vom Chef abkommandiert. Das Ende der Geschichte ist dann ein bisschen dick: Ohne Koffer will Paul mit seiner neuen Flamme in den Urlaub an den Palmenstrand fliegen, und als sich Sophie über das fehlende Gepäck wundert, haucht er: „Das Wichtigste sind doch Sie!“ Zum Ausklang – sehr passend – der Hit „Vom selben Stern“ von Annette Humpe und Adel Tawil.

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