Grünstadt Für mehr Zusammenarbeit

Unter dem Thema „Menschen mit Behinderung“ steht der diesjährige Partnerschaftsbesuch einer Delegation aus Ruanda, die am heutigen Freitag wieder abreist. Am Mittwoch waren die zwölf Ostafrikaner in der Pfalz. Unter anderem kamen sie, begleitet von zehn Deutschen, zu einer Stippvisite zum Kleinsägmühlerhof der Lebenshilfe Bad Dürkheim in Altleiningen.

Bei einem Rundgang erläuterten Betriebsleiter Richard Danner und seine Frau Maria Burgmaier-Danner den Gästen die Arbeitsweise auf dem Biohof, wo 32 Männer und Frauen mit Handicap beschäftigt sind und teilweise auch wohnen. Mit welchen Tätigkeiten sie betraut werden, wollte der rheinland-pfälzische Behindertenbeauftragte Matthias Rösch wissen. „Ich bin Mädchen für alles“, meinte Niki Weigel, was Rösch beim Übersetzen etwas in die Bredouille brachte. In der Bäckerei arbeitet Juliane Hanke, und Hannelore Sold erzählte stolz, dass sie Expertin für die Hühner sei. Dass es einen Bauernhof mit einem ähnlichen Konzept in Ruanda gebe, sei ihr nicht bekannt, sagte Mona Harbich aus dem Referat des Innenministeriums „Entwicklungszusammenarbeit mit dem Partnerland“ zur RHEINPFALZ. Die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe sei in Ruanda eine ganz andere, verwies Donatilla Kanimba, Geschäftsführerin des Blindenverbands „Union of the Blind“, auf die zahlreichen winzigen Farmen. In einem speziellen Reha-Zentrum lernten Sehbehinderte aber neben Grundlagen der Haushaltsführung Feldbewirtschaftung und den Umgang mit Nutzvieh, um den Alltag auf ihren kleinen Bauernhöfen bewältigen zu können. Einrichtungen wie Behindertenwerkstätten, in denen Menschen mit eingeschränkten Fähigkeiten auf Dauer ihren Lebensunterhalt verdienen, existieren in Ruanda nicht. Generell fehlten gesetzliche Regelungen für die Integration von Menschen mit Handicap ins Erwerbsleben, erläuterte Jean Damascène Nsengiyumva, Geschäftsführer der National Union of Disabilities Organisation of Rwanda (Nudor), dem Dachverband der Behinderten-Organisationen. In einer Strategieplanung der Regierung sei aber die Kooperation mit nichtstaatlichen Interessenvertretungen wie der Nudor festgelegt, so Harbich. Theorie und Praxis lägen jedoch oft weit auseinander. Es hätten sich viele Initiativen gebildet, die für die Rechte der Behinderten kämpfen. Ein Ziel ist laut Rösch, die Zusammenarbeit von deutschen und ruandischen Selbsthilfevereinigungen zu intensivieren. Etliche der Initiativen in Ruanda sind von einer offiziellen rheinland-pfälzischen Delegation im vergangenen Oktober besucht worden. Auch eine Handvoll Schulen habe man sich angeschaut, darunter eine Einrichtung mit einem inklusiven Konzept. „Wir waren überrascht, was mit wenigen Mitteln doch umsetzbar ist“, so Harbich. Rund 1,5 Millionen Euro investiert Mainz alljährlich projektbezogen in Ruanda, wobei der Schwerpunkt auf die Bildung gelegt wird. Geld fließt allerdings nur in Schulen, die Partner in Rheinland-Pfalz haben. Gegenwärtig existierten knapp 230 Schulpartnerschaften. Im Förderbereich besteht in unserer Region ein Austausch zwischen der Schule am Donnersberg in Rockenhausen und dem Maison d’Accueil Espérance in Rulindo sowie zwischen der Hans-Zulliger-Schule Grünstadt und dem Zentrum Amizero Y’Ubuzima bei Huye. Obwohl auch in Ruanda die UN-Behindertenkonvention unterzeichnet worden ist, werden Menschen mit Handicap immer noch verfolgt, versteckt oder sogar ermordet. Harbich: „Manche Familie empfindet ein behindertes Kind als Fluch Gottes.“ (abf)

x