Grünstadt Ein teurer Spaß

91-85136197.jpg

Wer beim Spazierengehen gerne mal auch mit anderen Wanderern plaudert, der sollte sich nördlich des Neuleininger Sportplatzes an die Gabionen-Mauern stellen, die dort seit 2015 auf einer Naturwiese stehen. Nachdem in der Nähe der Premium-Wanderweg Weinsteig vorbeiführt, bleibt man nicht lange allein, bekommt bald Gesellschaft von Neugierigen, die fragen, was es mit den Steingebilden auf sich hat. Nachdem sich die künstlichen Steinwälle nicht von selbst erklären, hat die RHEINPFALZ recherchiert: bei der VG Grünstadt-Land und beim Neuleininger Bürgermeister Franz Adam. Dabei stellte sich heraus, dass der Landesbetrieb Mobilität (LBM) Speyer das 1,2 Hektar große Areal von dem Unternehmen HeidelbergCement erworben hat, das bei Neuleiningen Kalksteine abbaut. Der Speyerer Dienststellenleiter Kurt Ertel informierte dann auf Nachfrage, dass es eine Ausgleichsfläche für neu gebaute Straßen ist. Und die Gabionen, 19 Stück mit einer Länge von vier bis zehn Metern, sollen Unterschlupf für Eidechsen und Nistmöglichkeiten für Steinschmätzer bieten. Von der seltenen Vogelart gibt es in Rheinland-Pfalz nur noch 250 bis 300 Brutpaare. Doch bislang scheint noch keiner dieser Zugvögel, die auf der Roten Liste stehen und den Winter südlich der Sahara verbringen, dort eingezogen zu sein, obwohl ihnen reichlich Brutplatz angeboten wird. Auch nachdem im vergangenen Winter nachgebessert wurde, die Gabionen jetzt an drei Seiten mit Schotter und Folie gegen Zugluft abgedeckt sind, meiden die Steinschmätzer das neue Wohnungsangebot. Vielleicht bevorzugen die Vögel weiter natürliche Nistplätze, die sie reichlich an den Abbruchkanten der benachbarten Kalkgruben finden. Zudem gibt es in dem Bereich keine große Population dieser knapp 15 Zentimeter großen Singvögel: Zwei bis drei Brutpaare dürften im benachbarten Steinbruch ansässig sein, informierte auf Anfrage Manfred Vogel, Naturschutzbeauftragter des Kreises und stellvertretender Vorsitzender der BUND-Ortsgruppe Grünstadt. Er stellt klar, dass er bei diesem Projekt weder beratend tätig war, noch informiert wurde. Rein zufällig habe er die Gabionen-Phalanx entdeckt. So darf man getrost in Frage stellen, ob das Aufstellen der Steinpakete eine sinnvolle Maßnahme für den Naturschutz war, wofür laut LBM Speyer 30.000 Euro aufgewendet wurden. Es sieht eher so aus, als ob hier nur etwas gemacht wurde, um den gesetzlichen Regelungen gerecht zu werden und ein Plus auf dem Ökokonto der Straßenbauer zu verbuchen: Das heißt, hier wurde Geld ausgegeben, ohne dass es wirklich der Natur dient. Und schön sehen die Steinblöcke auch nicht aus, liefern lediglich Stoff für Witze: Die Bandbreite reicht von Kultstätte für Anhänger einer Naturreligion über Landeplatz für Außerirdische bis zu Fallen für Elwetritsche. Ein teurer Spaß.

x