Grünstadt Ausstellung in Galerie Roter Turm: Emotionen auf Leinwand

Barbara Berger präsentiert auch bunte Collagen aus „Abfallprodukten“ und ein KI-Bild (links).
Barbara Berger präsentiert auch bunte Collagen aus »Abfallprodukten« und ein KI-Bild (links).

Barbara Bergers Bilder entstehen aus dem Bauch heraus. Rund 50 ihrer Werke sind in der Galerie Roter Turm in Asselheim unter dem Titel „Selected 1.0“ zu sehen. Darunter sind auch etliche, die in einer besonderen Technik gefertigt wurden.

Aus einem schwarzen Haufen mit einem Berg heller Steine ziehen zarte Rauchfahnen in den grauen Himmel, dezente gelbliche und rote Farbtupfer lösen Assoziationen mit Feuer aus. Die Zahl 456 springt dem Betrachter ins Auge. Ist hier ein Flugzeug abgestürzt? Oder handelt es sich um einen Kriegsschauplatz? Wer einen Bezug zur aktuellen Weltlage vermutet, irrt. „Ich gebe keine politischen Statements ab“, sagt die Künstlerin Barbara Berger. Das gelte auch für ihr Werk „Weinender Jude“, eines der wenigen Exponate mit Titel. In der Regel verzichtet die Malerin auf eine derartige Interpretationshilfe. Das sei ganz bewusst so, sagt die 60-Jährige. „Ich will Raum für individuelle Deutungen bieten und es jedem erlauben, sich unvoreingenommen auf die Kunst einzulassen.“

Das Bild der rauchenden Trümmer (oder was man auch immer darin sehen möchte) sei – zusammen mit einem gleichgroßen, ähnlichen Bild – entstanden, als der Fünf-Jahres-Vertrag für ihr Atelier in Altlußheim ausgelaufen war und keine Verlängerung zu annehmbaren Konditionen angeboten wurde. „Als ich es malte, war ich sehr traurig“, erläutert Berger, die momentan auf der Suche nach neuen Räumlichkeiten ist.

Zunehmend abstrakter

Gegenständliches stellt die gebürtige Polin eher selten dar. Das war in der Anfangszeit ihres kreativen Schaffens noch anders. Damals hat Berger viel mit Aquarell gearbeitet, hier ein Mohnblumenfeld, dort eine Katze. Seit etwa 2009, als die Maschinenbauingenieurin begann, sich als Freiberuflerin ganz der Malerei zu widmen, wurden ihre Werke zunehmend abstrakt. Heute lässt sich nur hin und wieder zum Beispiel eine krumme Vase im Grünen erahnen, ein Vogel oder eine stilisierte Person. Mitunter sind es auch Karikaturen. „Ich male das, was ich fühle“, sagt Berger. Während der Corona-Pandemie, als man das Haus nicht verlassen durfte, habe sie nur zwei Werke zustande gebracht, „und die sind extrem düster“. Die Künstlerin zeigt sich experimentierfreudig, probiert immer neue Techniken aus. Manche werden nach kurzer Testphase wieder verworfen. So etwa die Kombination Öl und Wachs. Die Verarbeitung sei mühsam, unter anderem, weil die Farbe nur sehr langsam trockne. „Ich habe keine Geduld“, sagt Berger. Deshalb sei sie auf Acryl umgestiegen. „Der Unterschied zu Öl ist nur von absoluten Fachleuten zu erkennen“, erklärt die Galeristin Brit Hinz.

Bei einigen Gemälden hat Berger Sumpfkalk verwendet, das Risse auf der Oberfläche und dadurch interessante Effekte erzeugt. Eine besondere Vorliebe hat sie für Monotypien entwickelt. Sie deutet auf ein Bild, auf dem verschiedene Pflanzen zu sehen sind. „Ich nehme eine Gelatine-Platte, walze mit Farbe drüber, lege gesammelte Blätter und Blüten drauf und dann ein Stück Papier“, erläutert sie. Diese Vorgehensweise lasse sich mit unterschiedlichen Farben wiederholen, sodass ein buntes Bild entsteht. Bei Pflanzenmotiven vorwiegend in dezenten Naturtönen. Von den kräftigen Grundfarben Rot, Blau und Gelb lebt die Darstellung einer vollbusigen Hippiefrau in Veddelhose mit Blumenmuster. „Für die Figur hab ich eine Schablone erstellt“, so die Autodidaktin, die in Oberhausen-Rheinhausen lebt. „Bei der Finissage wird sie demonstrieren, wie sie diese Drucke herstellt“, kündigt Hinz an.

Rokoko-Dame aus dem PC

Aus Abfallprodukten von Monotypien hat Berger größere Collagen bis zu 60 mal 80 Zentimeter gemacht. Lauter gleichgroße Quadrate wurden dafür zu dekorativen Objekten zusammengestellt. „Im vergangenen Jahr hatte ich für eine Ausstellung in der Orangerie Schwetzingen Werke zum Thema ,Mission Rokoko’ angefertigt. Dabei blieb von dem selbst gestalteten Papier viel übrig und es war zu schade zum Wegschmeißen“, erklärt sie, wie es zu den bunten Bildkompositionen kam. Apropos Rokoko: Daneben hängt das Porträt einer feinen Dame aus dieser Epoche, die so gar nicht zum Stil der übrigen Exponate passen will. Berger klärt auf: „Ich habe ein KI-Programm mit entsprechenden Stichworten gefüttert und das war einer der Vorschläge.“

Termin

Vernissage der Ausstellung „Selected 1.0“ im Roten Turm, Eistalstraße 6, Grünstadt-Asselheim, am Samstag, 25. Mai, 17 Uhr. Die Schau ist jeweils sonntags, 16 bis 20 Uhr, geöffnet. Finissage mit Vorführung einer Drucktechnik am 16. Juni, 17 Uhr.

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