Grünstadt Grünstadt: Neue Gleis-Schmieranlage gegen Zuglärm

Weil in den Gleisbörgen am Grünstadter Bahnhof bei den Zügen mit starren Achsen Metall auf Metall reibt, bleiben Anwohner des Bi
Weil in den Gleisbörgen am Grünstadter Bahnhof bei den Zügen mit starren Achsen Metall auf Metall reibt, bleiben Anwohner des Bitzenstraßen-Hochhauses vom Kreischen nicht verschont. Ende September sollen nun in einem Pilotprojekt die Gleise geschmiert werden.

Hintergrund: Die Erprobung der Lärmschutzanlagen an den Bahnhöfen Grünstadt und Freinsheim nimmt konkrete Formen an. Die ersten Aufträge für die akustischen Messungen des Kurvenquietschens der Züge sind bereits vergeben. Ende September wird nördlich des Grünstadter Bahnhofs der Prototyp einer Gleis-Schmieranlage eingebaut.

„Zur Zeit ist es wieder unerträglich“, klagen Dieter und Veronika Berzel aus dem vierten Stock des Bitzenstraßen-Hochhauses. Denn der lange und regenarme Hochsommer setzt ihnen gleich doppelt zu: Neben den üblichen Hitzeproblemen leiden sie „ganz extrem“ unter dem Kreischen der Züge. Wegen der trockenen Schienen quietschen die Züge – wie mehrfach berichtet – in den engen Gleisbögen derzeit besonders lang und laut: 73 Mal zwischen 4.30 Uhr am Morgen und 23.30 Uhr in der Nacht. „Schon wenn der Zug beim Halt Grünstadt Nord anfährt, ist das erste Quietschen zu hören und man weiß: Gleich kann man sich auf dem Balkon nicht mehr unterhalten“, sagt Berzel. Auch nächtliches Durchlüften sei nur in der quietschfreien Zeit oder mit Kopfhörer möglich. Die Situation könnte sich bald bessern: Ende September sollen nördlich des Grünstadter Bahnhofs Gleisschmieranlagen installiert werden. Wie berichtet, handelt es sich dabei um Praxistests neu entwickelter Lärmschutz-Techniken des Projekts I-LENA.

Bundesverkehrsministerium übernimmt Kosten für Ein- und Abbau

Bei I-LENA – Initiative Lärmschutz-Erprobung neu und anwendungsorientiert – übernimmt das Bundesverkehrsministerium die Kosten für Ein- und Abbau, für Messungen und gutachterliche Bewertungen. Die Firmen stellen ihre Prototypen kostenlos zur Verfügung und die Bahn AG wählt die am besten geeigneten Teststrecken für die in der Praxis noch unerprobten Lärmschutztechniken aus. „Für die Erprobung von Techniken gegen Kurvenquietschen wurden die Abschnitte Freinsheim und Grünstadt ausgewählt“, bestätigte nun ein Sprecher des Verkehrsministeriums auf RHEINPFALZ-Anfrage. Nördlich des Bahnhofs in Freinsheim werden nach Angaben des Ministeriums zwei Schienenschmiereinrichtungen und im südlichen Bereich Schienenstegdämpfer auf ihre akustische Wirksamkeit erprobt. Ebenfalls eine Schienenschmiereinrichtung – eine so genannte Konditionieranlage, die vom Hersteller selbst eingebaut wird – werde nördlich des Bahnhofs Grünstadt erprobt. Laut Ministerium sind die ausgeschriebenen Messleistungen inzwischen vergeben; die Messungen sollen Ende August/Anfang September beginnen. Der Einbau der Schienenstegdämpfer sei noch ausgeschrieben. Deshalb sei „eine Aussage zum Gesamtumfang der Maßnahmen derzeit noch nicht möglich“, informiert der Ministeriumssprecher auf die Frage nach den Kosten, die das Verkehrsministerium mit den beiden I-LENA -Projekten in Grünstadt und Freinsheim übernimmt. Grundsätzliches Ziel von I-LENA sei es, „durch objektive und reproduzierbare akustische Messungen die akustische Wirksamkeit neuer Lärmschutztechniken zu ermitteln, für die bisher keine Erprobungs- und Messergebnisse vorliegen“, so der Ministeriumssprecher. „Verwertbare akustische Messergebnisse“ erwartet das Ministerium auf unbebauten Erprobungsabschnitten an der Strecke München – Rosenheim und Berlin – Frankfurt an der Oder. Aber auch in Grünstadt und Freinsheim. Hier hatte die zuständige DB Netz „Lärmminderungspotenzial, Wirtschaftlichkeit und gute Bedingungen für akustische Messungen durch die freie Schallausbreitung“ ausgemacht.

Hohe Last auf starren Achsen machte Quietschen

Zum Hintergrund: Eine vor einem Jahr erfolgte Untersuchung der TU Berlin hatte ergeben, dass die hohen Lasten auf den starren Achsen der seit drei Jahren in der Region eingesetzten Lint-Züge fürs Quietschen am Grünstadter Bahnhof verantwortlich sind. Das Kurvenkreischen resultiert demnach aus der Unfähigkeit der Lint-Bahnen, die engen Gleisbögen bei Trockenheit so zu durchfahren, dass nicht Metall auf Metall reibt. Außerdem legen die Räder auf der gemeinsamen Achse auf der Innen- und Außenseite des Kurvenbogens unterschiedliche Wege zurück und die Räder geraten in hochfrequente Schwingungen. Obwohl die neuen Lint-Modelle der Firma Alstom dadurch lauter sind als die Vorgänger, erfüllen die Fahrzeuge die EU-weit geltenden Schall-Grenzwerte. Allerdings hatten sich nach den Bürgerprotesten in Grünstadt und Freinsheim Vertreter der Bahn, Kommunen und Politik mit Bürgerinitiative-Abgeordneten getroffen, um nach Lösungen zur Eindämmung des durch die Lint-Züge verursachten Lärms zu suchen. Gegenmaßnahmen wie etwa der Austausch der neuen Lint-Reihe oder Ausweitung der Gleisbögen kamen schon allein wegen der hohen Kosten für die Bahn nicht infrage. Das Schmieren der Schienen und Dämpfen der Räder über I-LENA kostet die Bahn dagegen erst einmal nichts.

Hoffentlich läuft's bald wie geschmiert

Ganz anders sieht es aus, sollten die neuen Techniken erfolgreich sein und das Kurven-Kreischen mindern oder gar ganz verhindern. Bei den dauerhaft installierten Lärmschutz-Einrichtungen an den Schienen wäre die DB Netz AG (finanziell) gefordert. Wie dies die Bahn dann entscheidet, steht noch in den Sternen. Genauso, ob Alstom als Hersteller der kreischenden Lint-Züge mit ins Kostenboot geholt werden kann. Von der DB Netz ist auf unsere Anfragen bislang gar nichts zu hören. Für die Anlieger des Grünstadter Bahnhofs ist zu hoffen, dass es nach dem Einbau der Schienenschmieranlage ähnlich ruhig ist. Und es wie geschmiert weiterläuft. Dann wär’ die nächste Trockenperiode für die Berzels nur halb so schlimm – und die Türklingel auch vom Balkon aus wieder zu hören ...

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