Frankenthal Wenn die Demokratie am Strick baumelt

Abwechslungsreich in den Sparten und mit einem Schwerpunkt auf zeitgenössischer Kunst hat der Frankenthaler Kunstverein Die Treidler sein Programm für das Kunsthaus gestaltet, sagt Vorsitzende Alis Hoppenrath. Mit vier Ausstellungen ergänzen sie das Angebot der Stadt. Erstmals wird es keine Jahresschau der Künstler unter den Treidler-Mitgliedern geben. Sie wollten ein Jahr pausieren, um mehr Vorlauf für das nächste Projekt zu haben.

Neu ist auch die Kooperation mit einer kommerziellen Galerie. Nur, indem sich die Treidler die Transportkosten mit der Speyerer Galerie Josef Nisters teilen, habe der Konzeptkünstler Jesús Algovi aus dem spanischen Sevilla eingeladen werden können, sagt Hoppenrath. Vom 10. April bis 8. Mai sind seine Arbeiten in Frankenthal zu sehen. Jetzt schon sind Gemälde und kleinere Skulpturen von Algovi in Speyer ausgestellt unter dem Titel „La Palabra/Das Wort“. In einigen Arbeiten befasst Algovi sich mit der Geschichte seines Landes, das unter Diktatur und Unterdrückung zu leiden hatte. So lässt er bronzenen Buchstaben, die zusammen das Wort „Demokratie“ formen, am Strick baumeln. Inspiriert wird Algovi von Gedichten, die er selbst oder Poeten wie Pedro Salinas und Manuel Machado verfasst haben – aber auch von seinem Einkaufszettel. „Wie die Musik Gedichte in ihre Lieder integriert, möchte ich Gedichte in Plastiken einflechten und verschmelzen“, sagt er über sein Konzept. „Algovis Thema sind auch Worte, wie sie auf die Menschen einstürzen, und wie diese damit umgehen“, sagt Hoppenrath. So ordnet er auf seinen Bildern deutsche und spanische Sprachfragmente wie in einem Puzzle an, aus dem einzelne Buchstaben fast herauszufallen scheinen: Manches bleibt hängen, manches verflüchtigt sich, wie in einem Gespräch. Algovi, Jahrgang 1968, ist seit seinem Stipendium beim Speyerer Künstlerbund 2001 regelmäßiger Gast in der Domstadt und hat sich auch schon an der Art Karlsruhe beteiligt. Zu seinem Werk gehören auch Klangskulpturen und Videos, Performances und Aktionskunst. Los geht es im Treidler-Programm aber schon zu Jahresbeginn: Vom 10. Januar bis 7. Februar stellt Maria Maier aus Regensburg abstrahierte Pflanzen in kraftvoller Farbgebung unter dem Titel „Farbduft“ aus. Auch diese Schau ist eine Kooperation, erklärt Hoppenrath. Arbeiten Maiers waren bereits bei dem Görlitz-Gemeinschaftsprojekt, an dem auch die Frankenthalerin Christa Riedel beteiligt war, im Kunsthaus zu sehen. Den Treidlern gefiel wohl, was sie sahen. Und sie vermittelten Maria Maier einen Zuschuss der Sparkasse Rhein-Haardt zu ihrem nächsten großen Projekt, zu dem die Wanderausstellung und ein Katalog gehören. Die aktuellen Arbeiten von Maria Maier sind das Ergebnis eines Arbeitsstipendiums 2011 in Irland. Damals lag ihr Fokus auf Stadtlandschaften, die sich auf der grünen Insel aber nicht anboten. So habe sie sich umorientiert und die Vegetation fotografiert, erzählt die Treidler-Vorsitzende. Zurück in Regensburg hat sie die Fotos überarbeitet und verfremdet. Frankenthal ist die letzte Station der Ausstellungsreise. „Schräge Vögel“ zeigt der Kunstverein vom 19. Juni bis 17. Juli. Seine dritte Präsentation folgt dem Kultursommermotto „Sommer unseres Vergnügens“ und versammelt Karikaturen und Illustrationen des Rendsburger Kreises. Der Dudenhofener Oliver Schollenberger trifft sich mit anderen Zeichnern aus dem ganzen Bundesgebiet wie Tibor Rácskai, André Poloczek, Ari Plikat und Peter Neuhaus jedes Jahr zu bei einem grafischen Trainingslager in Rendsburg zu Arbeit und Austausch. Teil der Ausstellung, an der auch Tom Breitenfeldt, Christoph Gremmer, Derek Pommer, Charlotte Wagner und Ulrike Wenzel teilnehmen, sind Lesungen. Geplant sei eventuell auch als Kooperation mit der Stadtbücherei eine Ausstellung von Kinderbüchern, sagt Hoppenrath. Die 250 Quadratmeter im Kunsthaus mit nur einem Künstler zu bespielen, sei nicht leicht, sagt Hoppenrath. Die Treidler bieten daher gerne Gemeinschaftsausstellungen. Eine solche ist die letzte Präsentation 2016 mit Arbeiten von Martina Diederich, Irmgard Weber und Katharina Worring. Der Arbeitstitel: „Konzept : Malerei“. Vom 9. Oktober bis 6. November wollen die drei Künstlerinnen aus Trier im Dialog ihrer Arbeiten nach eigenen Angaben ausloten, welche Harmonien oder Disharmonien das Zusammenwirken ihrer Bilder entwickelt. Weber zeigt Landschaften, Worring auch, aber stark abstrahiert, während Diederich sich realistisch und situativ mit Menschen und Rauminterieurs befasst. (möt/oxa) Info —Zu sehen ist die Schau von Jesús Algovi in der Speyerer Galerie Josef Nisters bis zum 23. Dezember, dienstags bis freitags, 14 bis 18 Uhr, samstags, 11 bis 15 Uhr. —Infos zu Frankenthaler Ausstellungen unter www.kunsthaus-frankenthal.de.

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