Frankenthal Popkorn und Ping-Pong-Bälle

Ausgelassene Stimmung: Zuschauer am Wormser Tor.
Ausgelassene Stimmung: Zuschauer am Wormser Tor.

„Die werden sich doch nicht verlaufen haben“, spöttelte ein Besucher im Europaring. Es war 14.30 Uhr und vom Umzug weit und breit noch nichts zu sehen. Lediglich ein einsamer Brezelmann bot seine Ware zu gesalzenen Preisen feil. Dann endlich wurden die ersten Akteure gesichtet: Mit „Mendocino“ griff der Spielmanns- und Fanfarenzug Eppstein ganz tief in die Oldie-Kiste. Derweil brachten Oberschultheiß Martin und sein Magistrat in fasnachtlicher Verkleidung kistenweise Äpfel unters Volk. Auf drei Rädern kam ein Piaggio als kultureller Werbeträger für das Theater Alte Werkstatt daher. Der Umzug, für dessen Sicherheit die Polizei rund 100 Einsatzkräfte stellte, bot ein imposantes Wechselspiel von mehr oder weniger fantasievoll gewandeten Fußgruppen, schicken Cabriolets mit gekrönten Häuptern und teilweise aufwendig gestalteten, von schweren Traktoren gezogenen Mottowagen. Und dazwischen marschierten zur akustischen Erbauung der Zaungäste mehr als ein halbes Dutzend Spielmannszüge und Kapellen, bei denen die Guggenmusiker auch optisch den Vogel abschossen. „Heit geht’s uff die Gass“ tönte es immer wieder aus den Lautsprechern. Meist waren es die Präsidenten der Karnevalvereine, die die stellenweise dicht an dicht stehenden Zaungäste bei Laune hielten – nicht nur verbal, sondern auch mit Popcorn, Süßigkeiten, Rosen oder anderen kleinen Aufmerksamkeiten. Bei den Frankenthaler Autohändlern, die ein reichlich antiquiertes Gefährt zum „Feinstaubmesswagen“ umfunktioniert hatten, gab es Wein aus dem Fass in einer streng geheimen Fasnachtsmischung. Im Biene-Maja-Look präsentierte sich der Tanzsportclub Gelb-Schwarz Casino, während die Fußgruppe des Tischtennisclubs ihre Overalls mit Ping-Pong-Bällen dekoriert hatte. Lautstark machten die „knaggische Sandhase“ aus Weisenheim am Sand auf sich aufmerksam und attestierten der fröhlich mitmachenden Narrenschar: „Ihr habt den perfekten Groove.“ Hierzu leisteten auch die rollenden Diskotheken der Tanzschulen ihren Beitrag. Die Jusos hingegen blieben mit dem Spruch „Kapitalismus ist die Schlange in unserem Paradies“ ihrer politischen Linie treu. Da waren die Beiträge der Karnevalvereine schon um einiges lustiger. Die Maudacher Mondglotzer kultivierten ihre Quietsche-Entchen. Der FCV hielt den Zuschauern wie schon in den Vorjahren den Narrenspiegel vor. Der Chorania blieb es vorbehalten, mit ihrem Mottowagen eine in Frankenthal vom Aussterben bedrohte Spezies, das Lokalkolorit, zu bedienen. „Ein Baukran, der ist wunderbar, er steht bestimmt noch ein bis zwei Jahr“, machten sich die Karnevalisten ihren Reim auf das „Arbeiter-Denkmal“ am Rathausplatz. Eine „Eiszeit in Studernheim“ rief die Karnevalgesellschaft Royal aus. Mit erwärmenden Balletteinlagen überbrückten die Gardemädchen der Rosenkavaliere die langen Standzeiten und ernteten für ihre spontane Aktion viel Applaus. Und die Mörscher Wasserhinkele hatten sich das Motto „Auf Kreuzfahrt mit dem Narrenschiff“ ausgedacht. Zu einem echten Hingucker wurde die Schlussnummer des Umzugs, für die die noch bis Aschermittwoch den Stadtschlüssel verwaltende Gockelswoog verantwortlich zeichnete. In einem offenen Straßenkreuzer, einem Cadillac Eldorado, Baujahr 1973, saß – von Uwe Bürkle chauffiert und von Elferräten flankiert – das Stadtprinzenpaar Emily I. und Bernd I. Einmal mehr waren die Miss Strohhut und der Bürgermeister für eine publikumswirksame Charmeoffensive gut. Und schon rückte das für den „Kehraus“ zuständige EWF-Reinigungskommando an. Zeitgleich lief die After-Show-Party auf dem Rathausplatz noch auf vollen Touren. LOKALSEITE 2

Klangvoll: der Musikzug der Siedlergemeinschaft Nordend.
Klangvoll: der Musikzug der Siedlergemeinschaft Nordend.
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