Frankenthal Missbrauch: Fünfeinhalb Jahre Haft

Schwerer sexueller Missbrauch von drei Kindern in 47 Fällen – darunter seine eigene Tochter: Für diese Taten ist ein 55 Jahre alter Frankenthaler gestern von der Zweiten Großen Strafkammer des Landgerichts nach einem Geständnis seinerseits zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt worden.

Bei einem Rechtsgespräch der Prozessbeteiligten am ersten Verhandlungstag vergangene Woche war dem 55-Jährigen ein schnelles Prozessende und eine Freiheitsstrafe zwischen fünfeinhalb und sechs Jahren in Aussicht gestellt worden, falls er ein umfassendes Geständnis ablege. Ob eine solche Verfahrensweise der Gerechtigkeit genüge, darüber philosophierte der Vorsitzende Richter Karsten Sauermilch in seiner Urteilsbegründung. Sein Fazit: „Das Zahlenspiel wird dem menschlichen Drama nie gerecht.“ Konkret heißt das: Von den 178 Einzelfällen, die dem Angeklagten von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt wurden, blieben am Ende noch 47 übrig – 31 davon begangen an seiner leiblichen Tochter, der Rest an zwei Töchtern einer Lebensgefährtin, mit der er von 2003 bis 2005 eine Beziehung unterhielt. Zu Beginn der Taten, die zwischen 2003 und 2008 stattfanden, waren die Kinder zwischen sechs und zehn Jahre jung. Unverständnis äußerte der Richter darüber, wie jemand sexuelle Erregung an so jungen Kindern empfinden könne. Das Gericht könne in einem Prozess nicht alles in angemessener Weise aufarbeiten, sagte Sauermilch. Schwierig sei allein, dass solche Delikte selten zeitnah zur Verhandlung kommen. Die Opfer müssten erst einmal alles realisieren, in Worte fassen und sich jemandem anvertrauen können. Ins Rollen kam dieses Verfahren durch einen anonymen Hinweis auf belastende Dateien auf dem PC des Angeklagten. Richter Sauermilch lobte in der Urteilsbegründung die Besonnenheit aller Prozessbeteiligten – auch die des Angeklagten: „Kindesmissbrauch ist zu Recht stigmatisiert wie kein anderes Delikt. Da ist es nicht leicht, die Taten zuzugeben.“ Deshalb halte er das Signal für richtig, dass ein Angeklagter von einem Geständnis profitiere – zumal so den Opfern die Aussage vor Gericht erspart werden konnte. „Der Prozess hätte ganz anders verlaufen, sich mit unangenehmen Fragen und Anträgen in die Länge ziehen können.“ Sowohl den Opfern als auch dem Täter riet er zur Therapie: „Schade, dass dies bei den Kindern bisher nicht erfolgt ist“, sagte Sauermilch. Verteidigerin Katja Kosian unterstrich in ihrem Plädoyer, die Taten seien nicht wiedergutzumachen. Ihrem Mandanten sei aber anzurechnen, dass er die Flucht nach vorn angetreten und so seine Tochter und die anderen beiden jungen Mädchen vor schwierigen Aussagen im Prozess bewahrt habe. Im Vollzug sei ihr Mandant jetzt in der unter Strafgefangenen üblichen Hackordnung aufgrund des Delikts ganz unten angesiedelt. Die Staatsanwaltschaft und die Nebenklagevertreterin Regina Lorenz-Reinsch hatten das im Rechtsgespräch gesetzte obere Strafmaß – sechs Jahre – gefordert. Anklägerin Wassermann meinte, dass die Reduzierung der Fälle sehr großzügig vorgenommen worden sei, trotzdem reichten sie aus, um die Taten in ausreichendem Maße darzustellen. Der Angeklagte habe klar Vertrauensverhältnisse missbraucht. Gegen ihn spreche der lange Zeitraum, in dem die Taten stattfanden. Lorenz-Reinsch sagte, die Opfer hätten an den Taten noch lange zu knabbern, wenn sie sie überhaupt jemals überwinden könnten. (nt)

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