Frankenthal „Es fehlt einem etwas“

FRANKENTHAL. Oliver Leicher galt als großes Talent. Der ganz große Durchbruch blieb ihm jedoch verwehrt, er spielte aber über Jahre in der Bundesliga. Nun hat der Hockeyspieler der TG Frankenthal seine Karriere im Alter von 25 Jahren beenden müssen – verletzungsbedingt.

Auf der einen Seite durchlebt Oliver Leicher momentan eine schwere Zeit. Schließlich ist Hockey, ist die TG Frankenthal für ihn so etwas wie seine zweite Familie. Er vermisst das Training, das Zusammensein mit den Mannschaftskollegen, das Messen mit dem Gegner. „Es fehlt einem etwas“, sagt er. Auf der anderen Seite durchlebt Oliver Leicher momentan eine schöne Zeit. Er hat mehr Zeit für Freunde, für die Verlobte und für die vielen anderen schönen Dinge, die das Leben neben dem Hockeyfeld noch so bietet. „Man kann jetzt auch mal ein Weinfest mehr besuchen“, sagt Leicher mit einem Augenzwinkern. Und doch ist es ein ernst gemeinter Satz für jemanden, für den in den vergangenen 22 Jahren eigentlich nur eins gezählt hat: Hockey. Leicher ist stolz auf das, was er erreicht hat („Die Erfolge nimmt einem keiner mehr“), fühlt eine gewisse Erleichterung, weil er den unendlichen Kreislauf aus Training und Spielen hinter sich gelassen hat. Aber wenn man ihn dann Sätze sagen hört wie: „Mein Wunsch wäre es gewesen, noch zwei bis vier Jahre in der Bundesliga zu spielen. Gerade weil in Frankenthal momentan unter Trainer Fabian Rozwadowski und Kapitän Timo Schmietenknop etwas Tolles heranwächst“, dann weiß man, wie schwer ihm der Entschluss des Abschieds gefallen sein muss. Es war keine Entscheidung des Herzens. Es war eine der Vernunft. Für ein schmerzfreies Leben, für ein normales Leben. Denn der Körper streikte. Es ging nicht mehr. Seit fünf Jahren quälten ihn Probleme an der Knochenhaut des Schienbeins. Im Training, im Spiel, nach dem Training, nach dem Spiel. Nur Schmerztabletten und Spritzen sorgten für Linderung. „Aber irgendwann ist man an einem Punkt, an dem man keine Schmerztabletten mehr einnehmen oder sich nicht mehr fitspritzen lassen will“, sagt Leicher. Der Ludwigshafener, der als Dreijähriger bei den Minis des TFC Ludwigshafen mit dem Hockey begonnen hatte, wechselte bald nach Frankenthal, spielte in der Jugend in mehreren Rheinland-Pfalz-Auswahl-Mannschaften und deutschen Nachwuchs-Nationalteams. „In meiner Jugend hatte ich nur Hockey und das Training im Kopf“, erzählt er rückblickend über diese Zeit, auf die er stolz ist, die ihn menschlich und sportlich geprägt hat: „Das Zuhause war immer die Hockeyhalle.“ Er, dieser extrem ehrgeizige Typ, feierte Aufstiege, Deutsche Meisterschaften in der B-Jugend, spielte mit der TG und zwischenzeitlich mit dem TSV Mannheim knapp acht Jahre in der Bundesliga. Dass es für den ganz großen Sprung, zum Beispiel in die Herren-Nationalmannschaft, nicht gereicht hat, stört ihn, wenn man ihn richtig versteht, nicht weiter. Im Endeffekt hat er sich schon nach der Mittleren Reife, in dem Moment, als er eine Ausbildung begann, für den Beruf und gegen den Sport, mit dem sich nicht wirklich Geld verdienen lässt, entschieden. Die Prioritäten verschoben sich damals, vor knapp zehn Jahren – zumindest ein bisschen. So viel Zeit wie seine Kumpels, die dem Abitur entgegenstrebten, hatte er für das Training nicht mehr. „Ich konnte einfach nicht das Trainingspensum mitgehen, das du gehen musst, um auf Dauer erfolgreich zu sein“, sagt Leicher. Es war für ihn schon fast unmöglich, die oftmals mehrwöchigen Lehrgänge in der Ausbildung so zu legen, dass er an möglichst vielen Trainingseinheiten und Punktspielen teilnehmen konnte. Er, der bei der AOK arbeitet, schaut nicht wehmütig zurück, überhaupt nicht. Es scheint eher so, als habe er schon damals, als Jugendlicher, ziemlich richtig eingeordnet, was möglich ist – und was nicht. Und da Leicher von dem, was möglich war, ziemlich viel erreicht hat, kann er zufrieden auf seine Karriere zurückblicken. Auf eine Karriere, in der er viele tolle Momente erlebt hat. Etwa die bei den Derbys in seiner ersten Bundesliga-Hallensaison in Frankenthal gegen Bad Dürkheim. Als jüngster Spieler schoss er im Hinspiel zwei Tore, im Rückspiel gar fünf. Oder den Durchmarsch mit dem TSV Mannheim von der Zweiten Regionalliga in die Bundesliga. Alles Erinnerungen, die ihm helfen, wenn doch wieder das Gefühl aufkommt, das Hockeyspielen sehr zu vermissen ...

x