Donnersbergkreis Wo das Gesetz von Raum und Zeit außer Kraft ist

Physiker, Lehrer, renommierter Fotokünstler aus Kaiserslautern: Jörg Heieck (Jahrgang 1964) stellt zurzeit im Museum Pachen aus.
Physiker, Lehrer, renommierter Fotokünstler aus Kaiserslautern: Jörg Heieck (Jahrgang 1964) stellt zurzeit im Museum Pachen aus.

«Rockenhausen.» „Singularities“ ist die neue Ausstellung im Museum Pachen betitelt. Gezeigt werden abstrahierte Landschafts-Fotografien von Jörg Heieck sowie Aufnahmen aus seiner Serie „lauterLand“. Der promovierte Physiker, Fotograf und Gymnasiallehrer lebt in Kaiserslautern und setzt sich seit den 1980er Jahren mit besonderen Ecken und Ausblicken seiner westpfälzischen Heimat auseinander.

„Singularities – Sonderbarkeiten, Einzigartigkeiten“ ist die Schau überschrieben (wir berichteten gestern im überregionalen Kultur-Teil unserer Ausgabe). Bei der Vernissage führte die Kunsthistorikerin Claudia Gross (Kaiserslautern) in Intention und Arbeitsweise Heiecks ein: Sein Blick habe sich für landschaftliche Schönheiten geschärft. Es gehe ihm jedoch nicht um romantisch verklärte Postkartenidyllen, vielmehr um das Extrakt aus den Sujets. „Jörg Heieck reduziert seine Landschaften auf das geometrische beziehungsweise bildnerische Element der Linie oder aber auf die Farbe.“ Er nutze Landschaft als Vehikel zur Abstraktion. Gross ging auf Techniken ein: Für die „Singularities“, digital aufgenommen, wählte der Künstler das Stilmittel Schwarzweiß. Dies sei nicht nur voller Poesie, sondern auch echt überraschend: Ein Beispiel, wie fein nuanciert solche Grau-Abstufungen in der Landschaftsfotografie wirkten, ohne dass man eine Landschaft sieht, zeige sich mit einem verschneiten Feld: Im Grunde nur zarte Grautöne, die das Bild in fünf fast horizontal verlaufende Bereiche aufteile. Analog entstand die farbige Serie „lauterLand“. Zeit und Geduld seien dabei gefordert. Wesentlich aufwendiger noch sei die Cyanotypie, ein Edeldruckverfahren, bei dem nichtlösliche Eisensalze das Bild blau färben. Besonders eindringlich ist dies in drei „Himmelsbildern“ zu sehen, in denen grelle Kondensstreifen den Himmel durchschneiden. Heieck, so erläuterte Gross, nutze dazu eine Lochkamera; bei dieser Arbeitsweise ist jedes Bild ein Unikat. Der Begriff „Singularities“ sei doppeldeutig gemeint: Einerseits bezeichne er pfalz-typische Landschaften wie Weinberge, Äcker und Wald. In der Astrophysik aber seien „Singularitäten“ Orte, wo das Gesetz von Raum und Zeit außer Kraft gesetzt ist. Der Physiker und Künstler spiele im Titel mit dem Bezug von Zeit und Raum – „also, dass man als Fotograf zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein muss“. Im Erdgeschoss sind die größer formatigen Schneelandschaften präsentiert: Verwehte Ackerfurchen-Parallelen schneiden sich scheinbar in der Unendlichkeit, aus Erde und Schnee oder Reif entsteht eine filigrane Maserung, die an Holz denken lässt. Eine schwarze Diagonale zertrennt ein changierendes Schneefeld. Die quadratischen „Singularities“ im Obergeschoss komprimieren ähnliche Aspekte auf kleineres Format – jeweils sieben hängen nebeneinander . Ohne Titel, aber der ist ohnehin überflüssig. Da sind etwa die geometrisch exakt aufgereihten Rebstöcke, punktgenau auszumachen, aber unzählbar. Helle Wegelinien zerteilen den Wingert in Rauten. Da sind die minimalistischen Strukturen eines Winterwaldes, skizziert durch feines Geäst und dürre Reiser, die sich im Wasser spiegeln. In warmen Farben und raumgreifendem Format leuchten sieben „lauterLand“-Fotografien. Ein Meer dunkelgrün wogender Halme, daneben rostrotes, schier unbegrenztes Land, in der Mitte durchzogen von einem Grünstreifen. Ein Getreidefeld, Ton in Ton hellbeige, fast verborgen knickt im rechten Winkel eine Wegspur ab. Oder das tiefbraun in braun gestreifte Geflecht eines gepflügten Feldes. Tritt man nah heran, erkennt man winzige Details in den großflächigen Agrarkulturen. Alles bleibt malerisch festgehalten in horizontlosen Landschaftsaugenblicken. Die Bilder wirken in sich schlüssig, bedürfen keiner Erklärung. Sie haben eine klare, elementare Ästhetik, die sich spontan mitteilt. Und irgendwann können sie einen ins Nachdenken bringen über die Schönheit der Geometrie - aber auch das ist ein weites Feld. Bei der Vernissage sprachen auch Stadtbeigeordneter Gerd Fuhrmann und Stefan Engel, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Pfälzer Künstler. Info Die Ausstellung im Museum Pachen ist bis 13. August geöffnet, Dienstag bis Sonntag von 14. 30 bis 17. 30 Uhr, sowie nach Vereinbarung unter Telefon 06361 221 36.

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