Donnersbergkreis Von Beifuß bis Wermut

Ein betörender, intensiver Duft von frischen Kräutern empfängt den Besucher schon an der Tür zum Untergeschoss des Ramser Kindergartens. Auf den Tischen liegen die verschiedensten Sorten von Heilkräutern ausgebreitet. Frauen der katholischen Pfarrgemeinde sind dabei, aus den Pflanzen Sträuße, die sogenannten Werzwische, zu binden.

„Aus mindestens 16 Kräutern bestehen die Werzwische, die in vielen katholischen Gemeinden am Fest Mariä Himmelfahrt geweiht werden. Früher vertraute man vor allem auf die magische Wirkung der Sträuße. Zu Hause oder im Stall aufbewahrt sollten sie Schutz bieten vor Blitz und Hagel aber auch vor Krankheit von Mensch und Vieh. Heute ist die Kräuterweihe in den katholischen Kirchen ein Ausdruck der Achtung vor Gottes liebevollem Wirken in der Schöpfung, symbolisiert durch die Heilkräuter“, erklärt Erika Behnke, die Leiterin der Aktion. Vor etwa 30 Jahren, so Behnke, habe die katholische Frauengemeinschaft den alten Brauch in Ramsen wieder aufleben lassen. Seither werden jedes Jahr von Frauen Werzwische gebunden, auch wenn es den Verein mittlerweile nicht mehr gibt. Schon Wochen vor dem Treffen, bei dem die Sträuße gebunden werden, beginnen die Frauen damit, die Kräuter in Garten, Wiese, Wald, Feld und Flur zu pflücken. „Dieses Jahr haben wir eine besonders große Auswahl an Heilpflanzen. Der ausgiebige Regen hat alles grünen und sprießen lassen“, berichtet Toni Bangert, eine der Kräutersammlerinnen. Auch sei das Getreide nicht so früh abgeerntet worden und so hätten auch noch mehr Pflanzen an den Ackerrainen gestanden. 25 Sorten haben die Frauen heuer gepflückt. Von Ackerschachtelhalm und Beifuß über Johanniskraut und Maria Bettstroh bis zu Wermut und Zitronenmelisse liegt hier auf den Tischen alles ausgebreitet, was die Natur in und um Ramsen an Werzwisch-Pflanzen zu bieten hat. „Den Frauenmantel habe ich schon im Mai bei mir im Garten geschnitten und getrocknet, daher ist er noch schön gelb und nicht braun geworden“, erläutert Christel Hahn. Sie kennt sich nicht nur gut mit den Pflanzen und deren Heilwirkungen aus, sondern weiß auch einiges über altes Brauchtum zu erzählen: „Früher hatten die meisten Familien hier im Ort eine Geiß im Stall. Wenn die Geiß dann ein Junges zur Welt gebracht hatte, durfte sie zur Belohnung am Werzwisch knabbern. Der war natürlich viel größer als die Sträußchen, die wir hier binden. Damals machte jede Familie ihren Werzwisch selbst und es war Ehrensache, einen möglichst großen und schönen mit zur Kirche zu bringen. 120 Sträuße stellen die neun Ramser Kräuterfrauen an diesem Abend her. Als erstes greifen sie zur Königskerze, die einige von ihnen auch als Marienkerze bezeichnen. Sie bildet den Mittelpunkt des Gebindes. Dann gehen die Frauen um die Tische, nehmen von jeder Pflanzenart mindestens ein Exemplar und stellen so den Strauß zusammen. Zum Schluss wird das Ganze fest mit einem Band umwickelt. Brigitte Storck erläutert: „Wir schnüren die Sträuße recht fest, da sie noch einige Tage getrocknet werden und dabei etwas zusammenschrumpfen. Am Sonntag, wenn wir das Fest Mariä Himmelfahrt in Ramsen feiern, verteilen wir die Sträuße an die Gottesdienstbesucher.“ (kaib)

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