Donnersbergkreis Ungeahnte Räume aufgestoßen

Walter Brusius: der Künstler im Kreis seiner Werke.
Walter Brusius: der Künstler im Kreis seiner Werke.

«ROCKENHAUSEN.»„Denkmalerei“ ist die Gemälde-Ausstellung von Walter Brusius im Rockenhauser Museum Pachen betitelt. Sie stößt ungeahnte Räume auf: surreal, skurril, grotesk. Unbedingt sehenswert!

Bei der Eröffnung am vergangenen Sonntag äußerte Stadtbürgermeister Karl-Heinz Seebald seine Freude, den in Bad Kreuznach lebenden Künstler endlich persönlich kennenzulernen. Mehrfach hatte Brusius, angetan von der Stadt und ihrer ländlichen Umgebung, Rockenhausen Bilder und Grafiken überlassen. Diesmal waren es insgesamt 66 Arbeiten, von denen 36, meist großformatige Gemälde, hier auf zwei Etagen gezeigt werden – nur ein Bruchteil aus fruchtbarer Schaffenszeit von 1992 bis 2016. Der Gesamtwert ist mit 56.400 Euro angegeben. Im Fokus steht dabei die bereits im Frankfurter Skyper Tower präsentierte komplette Reihe Denkmale, die der Künstler nicht auseinanderreißen wollte. Auf den ersten Blick springen die zwölf Bilder den Betrachter geradezu an in ihrer vitalen, malerischen Farbigkeit mit Tendenz zur Abstraktion. Mit genialem schwarzem Strich sind auf farbenfrohe Kulissen die Konturen von Skulpturen gezeichnet. In ihrer Laudatio deutete die Kaiserslauterer Kunsthistorikerin Claudia Gross die Serie als exotisch-bunte Unterwasserlandschaften mit Korallenriffen. Auf dem Meeresboden liegen eine Büste, eine ganzfigurige verstümmelte Skulptur, diverse Torsi, eine Kopfplastik. Relikte einer Erinnerungskultur, die nicht durch äußere Einflüsse zerstört, sondern von den Bildhauern bewusst geplant wurden. Um beim Unterwasser-Bild zu bleiben, sei das versunkene, mythische Inselreich Atlantis vorstellbar, vielfach herangezogen, „um ein Idealbild oder aber eine Utopie darzustellen. Eigentlich ein Idealstaat, scheitert Atlantis an seinem Expansionswillen und seiner Hybris, seiner Selbstüberschätzung.“ Für Anmaßung, gepaart mit Realitätsverlust, fänden sich gegenwärtig fast zu viele Beispiele. Gross: „So sind die Bilder der Denkmalerei für uns in jedem Fall Aufforderungen, mal zu denken, uns zu erinnern und uns von der mahnenden Erinnerung bestenfalls in eine Richtung leiten zu lassen, in der das Resultat nicht verstümmelte und kaputte Kreaturen sind.“ Ausnahmslos und absichtlich sind auch die weiteren Exponate ohne Titel, sie geben Denkanstöße als vieldeutige, rätselhafte Fantasie-Sujets. Man muss sich Zeit für sie nehmen, sich auf sie einlassen. Dann entdeckt man versunkene Zitate – etwa eine „Leda mit Schwan“ – und man bekommt Lust, zunächst Ungereimtes zu entschlüsseln und weiterzuspinnen. Vieles ist dabei so überraschend und verblüffend wie die surreale Ironie der Szenarien und Figuren, die der Autor Brusius in seinen als Groschenromane aufgemachten „Atelierheften“ schildert. Es bleiben Fragen, individuelle Spekulationen, Widersprüche. Da ist beispielsweise die in Orange und Gelb gehaltene schmale Frau, die neben einer blauen Liege kniet und, die Hände vorm Gesicht, zu weinen scheint. Beichtet sie dem übergroßen, wie in sich ruhenden Männerkopf – ein Christusbild, ein „Übervater“ an der Wand? – etwas Schreckliches? Was hat sie getan, weshalb diese Verzweiflung? Ist ihr Sündenfall nur trivial? Gibt es Vergebung? Und welche Geschichte steckt hinter dem sichtlich vom Leben hart gezeichneten Mann im Sportdress (grün/ schwarz), der barfüßig auf hohen Stelzen an blauen Blumen vorbeistakst? Und was hat es mit dem winzigköpfigen Dickwanst auf sich, der sich aus dekorativem Muster, giftgrün auf hellorange, aufmacht: Kommt er aus einem Spinnennetz, einer Blüte? Ist er brutal oder nur ein Scheinriese oder beides? Schimpfend bis drohend wird er zur Karikatur. Rundum sympathisch wirkt dagegen das auf dem Hintergrund kräftiger blauer Strukturen picassoid reduzierte Gesicht eines jungen Menschen. Gross abschließend: „Mir persönlich hat sich die Assoziation mit einer Unterwasserwelt und Atlantis angeboten. Ich wünsche Ihnen nun eine vergnügliche Zeit dabei, wenn Sie Ihren eigenen Anschauungen folgend auch andere Geschichten in den ausgestellten Bildern finden.“ Kurz-Info Die Ausstellung ist bis 20. Januar im Museum Pachen, Speyerstraße 3, in Rockenhausen zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 14.30 bis 17.30 Uhr.

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