Donnersbergkreis „Theatermacher sind Geschichtenerzähler“

„Die Idee zum Bühnenbild kam mir im Schlaf“: Cusch Jung über seine Inszenierung; hier ein Eindruck von den Hauptproben.
»Die Idee zum Bühnenbild kam mir im Schlaf«: Cusch Jung über seine Inszenierung; hier ein Eindruck von den Hauptproben.

«Kaiserslautern.»Cusch Jung ist ein sehr vielseitiger Künstler. Er hat sich als Musicaldarsteller am Theater des Westens in Berlin, Schauspieler, Sänger, Autor, Dozent und Regisseur einen Namen gemacht. Für die Inszenierung von Franz Lehárs Operette „Das Land des Lächelns“ kehrt er in seine Geburtsstadt Kaiserslautern zurück. RHEINPFALZ-Mitarbeiterin Konstanze Führlbeck hat sich mit ihm unterhalten.

Herr Jung, Sie sind als Musicaldarsteller bekannt geworden und leiten heute mit der Musikalischen Komödie Leipzig eines der wenigen deutschen Operettentheater. Ist die Operette heute noch eine zeitgemäße Kunstform oder eine liebenswürdig-verstaubte Schmonzette?

Operetten sind nach wie vor zeitgemäß, aber man sollte nicht versuchen fragwürdige Wege zu gehen, um sie um jeden Preis aktuell zu machen. Der Zuschauer kommt auch für schöne Melodien und gute Geschichten. Und wir Theatermacher sind Geschichtenerzähler. Vielleicht haben diese Geschichten einen politischen Hintergrund, vielleicht will man aber auch nur ein Märchen erzählen. Und der Besucher will zuschauen, in eine andere Welt versetzt werden. Für ihn ist wichtig: Ist das schön und spannend erzählt? Und so gesehen ist die Operette nach wie vor eine Kunstform, die ins Theater gehört. Wie inszeniert man heute eine Operette? Wir haben heute ganz andere Sehgewohnheiten und gucken viel schneller. Wir sind diese Sichtweisen gewohnt und wollen davon eingefangen werden. Wir langweilen uns schnell. Ein Lied mit acht Strophen und einer Nebengeschichte, das können Sie heute nicht mehr verkaufen. Wie sehen Sie das Verhältnis von Text und Musik in der Operette? Ich sage meinen Darstellern immer: Lass’ uns doch mal hören, was im Text steht. Ich habe mir bei der Vorbereitung das Lied „Immer nur lächeln“ mehrfach auf Youtube angesehen, und alle Interpreten haben diese riesige Trauer hervorgekehrt. Aber wo steht das denn? Man muss die Texte genau durchgehen, eine Operette ist nicht nur Dialog und dann wird eben schön gesungen. Der Darsteller muss verstehen, was er erzählt. Der Gesang ist nur die Fortsetzung einer Emotion, die ich sonst nicht mehr ausdrücken kann. Die Musik bestärkt das, was gesagt wird. Dabei kann man eigene Sichtweisen einfügen, man kann die Geschichte aber auch so erzählen, wie sie ist. Ich muss da nicht mit dem Zeigefinger drangehen, das ist nicht meine Aufgabe. Ich will eine Geschichte glaubhaft darstellen und dabei die Gesellschaft, auch die Chinesen, nicht veralbern. Wir verzichten auch auf den österreichischen Dialekt. Wir achten aber genau auf sprachliche Missverständnisse, die im Text angelegt sind. So schlägt Lehár beispielsweise im ersten Akt opernhafte Töne an, als Lisa Sou-Chong als „apart“ bezeichnet, denn er versteht das Kompliment nicht und zeigt sich sehr empfindlich. Was interessiert Sie am „Land des Lächelns“? Wie sehen Sie das interkulturelle Paar – ein Thema, das ja aktuell ist? Da geht es um China. Ein ganzes Land, das immer noch unterdrückt ist, auch wenn es nach außen wie ein modernes Land erscheint. In der Operette ist Prinz Sou-Chong leider nicht in der Lage, die alten Traditionen zu ändern, er bleibt Gefangener des Systems. Die Liebe zwischen ihm und Lisa scheitert nicht an den kulturellen Unterschieden, wohl aber an dem System, das Frauen in der Öffentlichkeit nicht erlaubt und ihnen viele Rechte vorenthält. Als mir im Schlaf die Idee für das Bühnenbild kam, hab’ ich’s sofort aufgezeichnet und meinem Bühnenbildner gesagt: bitte kein China-Restaurant auf der Bühne, bitte nicht dieses Brimborium, speck’ das ab. Auch unser Wiener Salon ist nicht so plüschig, sondern im Stil der 50er Jahre. Und was bedeutet es für Sie, jetzt wieder in ihrer Heimatstadt zu arbeiten? Ich habe hier 1970 als Zwölfjähriger zum ersten Mal als Gustaf mit der Hupe in „Emil und die Detektive“ auf der Bühne gestanden. Ich habe hier viel gelernt, bin ab 1976 in Musicals aufgetreten, habe mir hier meine ersten Sporen verdient und Kaiserslautern viel zu verdanken. Und da ich immer noch in der Ausbildung bin, komme ich jetzt hierher zurück, nach den Inszenierungen von „West Side Story“ und „My Fair Lady“. Das ist ein Geschenk, für das ich sehr dankbar bin. Infos Premiere am Samstag, 8. Dezember, im Großen Haus. Weitere Infos und Termine unter www.pfalztheater.de oder 0631 3675-209.

Cusch Jung
Cusch Jung
x