Donnersbergkreis Schaurig-schönes Gesamtpaket

Ganz in ihrem Element: Rainer Furch und Madeleine Giese.
Ganz in ihrem Element: Rainer Furch und Madeleine Giese.

«GÖLLHEIM.» Goethe beschrieb eine Ballade als „episch, lyrisch und dramatisch zugleich“, wie Silvia Entenmann, Leiterin der Bücherei Göllheim, das Publikum zu Beginn der Lesung am Donnerstagabend informierte. Die beiden Akteure Madeleine Giese und Rainer Furch setzten die von ihnen ausgewählten Werke gekonnt in Szene und verstanden es, solche Kategorien mit Ausdruck zu füllen. Bürgermeister Dieter Hartmüller freute sich über das insgesamt recht zahlreiche Publikum.

Zu Beginn war man noch etwas ratlos: Der Titel der Veranstaltung lautete „Ein Hering liebt eine Auster“, gelesen wurden anfangs jedoch Balladen von Deutschlands berühmtesten Dichtern Goethe, Schiller und Co. Und als seien diese Stücke nicht schon anspruchsvoll genug, bekam das Publikum von den beiden Akteuren einen zum Abendmotto passenden, schaurigen Hörauftrag: Während der gesamten Lesung sollten die Toten gezählt werden. Wer am Ende der Veranstaltung die richtige Zahl nennen konnte, wurde auf ein Glas Wein eingeladen. Na, dann auf ins kuriose Schauerabenteuer! In Goethes „Der Fischer“ zeigten die beiden Vorlesenden dann gleich ihr ganzes Können. Giese verführte das Publikum als Meerfrau mit geheimnisvoller Stimme, die zu einem am Ufer sitzenden Mann sprach. Als Furch ihn mit seiner Stimme zum Leben erweckte, fühlte man sich, als würde man neben ihm im Sand sitzen und das Schauerspiel direkt miterleben. Auch bei der Ballade „Der Taucher“ von Friedrich Schiller zeigte sich die professionelle Ausbildung der Akteure. Madeleine Giese war lange Zeit als Schauspielerin tätig und ist heute vor allem Schriftstellerin und Hörspielautorin. Rainer Furch wiederum ist seit 25 Jahren Schauspieler und seit 2001 im Pfalztheater Kaiserslautern zu sehen. Klare Artikulation und kunstvolle Wechsel in Betonung und Tempo ließen den Besucher genau lauschen. Der Taucher ist sicherlich kein einfach zu lesendes Werk. Geprägt von einer anspruchsvollen Lautmalerei, fordert die Ballade viel Können und auch Feingefühl beim Vortrag – was die beiden Akteure zweifelsfrei besaßen. So hörte man das Meer zischen und rauschen, man spürte die Naturgewalt in seinen Ohren. Als Schillers Jüngling dann ein zweites Mal im Meer verschwand, um den geforderten Goldbecher zu holen, aber nicht mehr auftauchte, konnte man eine bedächtige Stille im Göllheimer Saal spüren, ehe das Publikum in Beifall ausbrach. Neben Werken so berühmter Dichter wie Goethe und Schiller, Mörike und Hebbel oder Kästner und Busch waren auch weniger bekannte Balladen zu hören: „Goldgräber“ von Emanuel Geibel zum Beispiel. Giese als Erzählerin der Geschichte erzeugte eine kaum auszuhaltende Spannung. Furch, der die Stimmen der drei nach Besitz gierenden Figuren mimte, verstand es, allein durch Variationen seines Ausdrucks jedem der drei einen Charakter zu verleihen. Und wie an diesem Abend so oft, endete das Werk mit dem Tod der drei Hauptfiguren. Dass Balladen nicht nur drama-tisch und schwer sein können, sondern auch eine humorvolle, fast schon sarkastische Seite haben können, zeigten die Akteure gegen Ende der Veranstaltung. Mit „Eine traurige Ge-schichte“ erklärte sich dann nämlich auch der rätselhafte Titel: Es geht in dieser Ballade um einen Hering, der eine Auster liebt. Als diese sich öffnet und der Hering sie zu küssen ver-sucht, schützt diese sich und schließt ihre Schale, wobei der Fisch zu Tode kommt. Locker und entspannt vorgetragen, steckt in dieser Geschichte etwas Skurriles. In der Ballade vom „Ritter Prunz zu Prunzelschütz“ wurden die Lachmuskeln dann ebenso strapaziert wie mit Götz Widmans „Das Leben sollte mit dem Tod beginnen“. So wurde die Lesung zum humorigen wie schaurig-schönen Gesamtpaket. Und wie viele Tote es am Ende waren? Die Publikumsmeinungen reichten da von 21 bis 36. Richtig waren 33, und eine Besucherin lag mit ihrem Tipp richtig.

x