Donnersbergkreis Ruppertsecken: Ein Assistenzhund fürs Leben

„Mit Hunden geht es mir besser“, sagt Anna-Sophie – hier mit den Therapiehunden Gonzo (links) und Luzie, die regelmäßig mit eine
»Mit Hunden geht es mir besser«, sagt Anna-Sophie – hier mit den Therapiehunden Gonzo (links) und Luzie, die regelmäßig mit einer Therapeutin zu Besuch kommen. Foto: Bergner/frei

Assistenzhunde können Menschen mit Behinderung den Weg zu mehr Selbstständigkeit ebnen. Sie können Gegenstände aufheben, Türen öffnen, aber auch Leben retten. Die fünfjährige Anna-Sophie wünscht sich einen solchen tierischen Helfer. Dafür hofft ihre Familie auf Unterstützung.

Anna-Sophie ist ganz aufgeregt, als sie von ihrem sehnlichsten Wunsch spricht: einem Assistenzhund. Immer wieder will sie wissen, ob der Hund ihr die Türe aufmachen könne oder sich mit ihr auf den Boden lege. „Das wäre schön, dann kann ich mich entspannen“, sagt die Fünfjährige aus Ruppertsecken. Als Frühchen auf die Welt gekommen, leidet sie aufgrund von Komplikationen während und nach der Geburt an einer Spastik und einer schwachen Rumpfkontrolle. Alleine sitzen, stehen oder laufen fällt ihr schwer. „Außerdem leidet sie an einer seltenen Form von Epilepsie“, berichtet ihre Mutter Nancy Bergner.

Anna-Sophies Lebensfreude ist ansteckend. Sie lacht viel, ist neugierig – und sich sicher, dass ein Assistenzhund ihr Leben noch schöner machen kann. „Diese Hunde werden dafür ausgebildet, Menschen mit Behinderung im Alltag zu unterstützen“, erklärt Thomas Gross vom Verein Patronus-Assistenzhunde. Beispiele seien Blinden- und Epilepsiewarnhunde. Diese könnten etwa Schubladen öffnen, das Telefon bringen oder Wäsche aus der Maschine ziehen. „Hinzu kommen die medizinisch nachgewiesenen Verbesserungen der Vitalfunktionen durch den Umgang mit dem Tier.“ Studien zu diesem Thema führt beispielsweise das Deutsche Assistenzhunde Zentrum (DAZ) durch, wie Hundetrainerin Petra Köhler berichtet. So habe etwa die Studie „Der Nutzen von PTBS-Assistenzhunden“ des DAZ von Luca Barrett und Diana Poyson positive Ergebnisse hervorgebracht. Jede der Testpersonen berichtete, „dass sich mindestens eine der Aufgaben, die der Hund (...) gelernt hatte, als wertvoll erwiesen hat“. Zudem wurde von einem gesteigerten Sicherheitsempfinden durch die Ausbildung des Hundes berichtet.

Einschneidendes Erlebnis

Aufmerksam geworden auf diese tierischen Helfer ist Familie Bergner 2017 auf der Rehab-Messe in Karlsruhe, eine internationale Fachmesse für Rehabilitation, Therapie, Pflege und Inklusion. „An einem Stand sind wir mit Therapiehunden in Kontakt gekommen. Die Chemie zwischen Anna-Sophie und dem Hund hat sofort gestimmt. Sie war ein ganz anderer Mensch“, blickt ihr Vater Björn Bergner zurück. Anna-Sophie genieße es, die Tiere zu streicheln, mit ihnen zu kuscheln. „Es ist faszinierend, das zu erleben“, erzählt der 43-Jährige. Der Messebesuch sei ein einscheidendes Erlebnis gewesen. Denn seitdem habe sie der Gedanke an einen Assistenzhund nicht mehr losgelassen. Mittlerweile komme einmal im Monat eine Therapeutin über den Verein MUT mit zwei Hunden zu Anna-Sophie. Bei Luzie und Gonzo könne sie sich fallen lassen, ihre Muskeln entspannten sich. „Was Physiotherapie in 30 Minuten schafft, schafft der Hund in fünf“, sagt die 41-jährige Nancy Bergner. Und auch Anna-Sophie berichtet, wie gut ihr die Zeit mit den Vierbeinern tut: „Mir geht es dann einfach besser.“

Auf der diesjährigen Rehab-Messe lernte die Familie den Patronus-Assistenzhunde-Verein kennen. „Wir haben uns ausgiebig informiert“, berichtet Nancy Bergner. Mit ihrem Mann habe sie dann beschlossen, einen Bewerbungsbogen auszufüllen. „Sechs Wochen später kam der Anruf vom Verein.“ Dann ging alles schnell. Im Sommer reisten sie zu dessen Hauptsitz nach Mönchhagen bei Rostock. „Das war ein intensiver Austausch, am Ende haben wir das Okay bekommen.“

Der Verein, der sich nach eigenen Angaben ausschließlich über Spenden, Fördermitglieder und Sponsoren finanziert, lässt Assistenzhunde für verschiedene Behinderungen ausbilden. Anna-Sophie weiß genau, wie ein solcher Hund ihr helfen kann. „Ich schlafe alleine, wenn dann etwas mit mir ist, kann der Hund runterhüpfen und meinen Eltern Bescheid sagen. Das kann ich nicht.“ Zudem könne sie unabhängiger von ihren Eltern sein. „Ich kann mich beim Hund aufstützen und er mir Sachen aufheben“, erklärt Anna-Sophie mit strahlenden Augen. Ohnehin ist sie voller Vorfreude. Sie überlegt bereits, welche Leine es werden soll. „Das Geschirr soll rosa sein“, hat sie ihre Lieblingsfarbe im Visier. Ihre Eltern wissen ebenfalls, wie wichtig ein Assistenzhund sein kann. „Wir haben zwar ein Babyphone, aber wenn sie etwa einen Krampfanfall hat, hilft das nicht viel. Der Hund merkt das und gibt uns Bescheid“, sagt Björn Bergner.

Positiver Effekt auf Entwicklung

Anna-Sophie steht laut ihren Eltern immer unter Strom. „Der Hund kann sie mal runterbringen“, sagt Nancy Bergner. Das sei auch mit Blick auf ihre Einschulung im kommenden Jahr wichtig. „Anna hat wegen einer Hirnblutung Konzentrationsstörungen. Da hilft Entspannung sicher.“ Ohnehin erhoffen sich die Eltern einen positiven Effekt auf die Entwicklung ihrer Tochter, aber auch Entlastung für sich selbst. „Man hat immer Angst, dass etwas passiert. Diese innere Unruhe begleitet einen Tag und Nacht“, gibt Nancy Bergner einen Einblick in ihre Gefühlswelt.

Bis ein Assistenzhund Anna-Sophie begleitet, sind noch ein paar Hürden zu nehmen. Die größte ist die Finanzierung. „Wir gehen in der Regel von zirka 26.000 Euro aus“, benennt Gross die Kosten. Der Großteil entfalle auf die Ausbildung, hinzu kommen etwa die Anschaffung des Hundes und Tierarztkosten. „Die öffentliche Hand übernimmt weder die Assistenz- noch Therapiehundeausbildung.“ Die Bergners hoffen durch eine vom Verein Patronus organisierte Spendenaktion auf Unterstützung.

Ist die Finanzierung gesichert, geht es an die Details. „Nach neun Monaten der Sozialisierung in einer Patenfamilie beginnt die einjährige Grundausbildung bei einem Hundetrainer“, erläutert Gross. Während der anschließenden zehn- bis zwölfmonatigen Spezialausbildung lerne der Hund Fähigkeiten, die für den Betroffenen wichtig sind. Generell müsse der Hund einen ausgezeichneten Grundgehorsam beherrschen für Kommandos wie „Sitz“, „Platz“ und „Komm“. „Ein Assistenzhund sollte ausgeglichen und wachsam sein, darf kein unkontrolliertes Jagdverhalten zeigen.“ Häufig werde mit Labradoren, Golden Retrievern oder Australian Shepards gearbeitet. „Wichtiger als die Rasse ist aber der Charakter.“ Läuft alles nach Plan, kann Anna-Sophie ihren Hund zirka neun bis zwölf Monate nach dem Erstkontakt empfangen. Welcher Hund es wird, entscheidet auch die Harmonie zu ihr. „Sie sucht sich den Hund quasi selber aus“, berichtet Nancy Bergner – und Gross ergänzt: „Die Chemie muss stimmen. Die Tiere gehen zwar mit zwölf bis 13 Jahren in Rente, bleiben aber ein Leben lang in den Familien.“

Die Spendenaktion

Spenden können unter Angabe des Verwendungszwecks „Anna-Sophie“ auf das Konto des Patronus-Assistenzhunde e.V. überwiesen werden. Bank: Postbank, IBAN: DE64 1001 0010 0908 527105, BIC: PBNKDEFF.

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