Donnersbergkreis Opfer klagen an

Selim Bulut vom Jesidischen Kulturverein Frankenthal bei seiner Ansprache, die von Dolmetscherin Sabina Boga übersetzt wurde.
Selim Bulut vom Jesidischen Kulturverein Frankenthal bei seiner Ansprache, die von Dolmetscherin Sabina Boga übersetzt wurde.

«ROCKENHAUSEN.» Unter dem Terror des sogenannten Islamischen Staates haben jesidische Frauen besonders schwer leiden müssen. Ihnen widmet der junge Verein „Donnersberger Integrationsinitiative“ in Rockenhausen seine erste öffentliche Aktion, die Präsentation der Wanderausstellung „Über Leben“, die zwölf Einzelschicksale von Jesidinnen thematisiert. Am Montag war ihre Eröffnung im Blauen Saal der Donnersberghalle. Die damit gestarteten internationalen Wochen gegen Rassismus setzt der Verein heute fort mit einem Vortrag einer Traumatherapeutin.

„Leila wurde verschleppt und insgesamt sieben Mal verkauft, an Männer, die sie versklavten und sexuell misshandelten“, erzählte Selim Bulut vom Jesidischen Kulturverein Frankenthal bei der Ausstellungseröffnung, zu der rund 30 Interessierte in den Blauen Saal der Donnersberghalle gekommen waren – seine kurdische Ansprache wurde von Sabina Boga übersetzt. Auf den Tafeln mit den zwölf Einzelschicksalen und in der Broschüre zur Ausstellung kehrt das, was hier von Leila erzählt wird, häufig wieder. Als der Übergriff des IS auf Sinjar im Nordirak im August 2014 begann, hätten 400.000 Menschen binnen einiger Stunden alles zurücklassen müssen. Über 6000 Frauen und Kinder seien verschleppt, verkauft, versklavt, vergewaltigt, gedemütigt, zwangsislamisiert worden. Viele gelten als vermisst oder getötet. Bulut möchte mit seinem Verein Integration schaffen, psychologische Betreuung und Traumatherapie für alle Jesiden ermöglichen, die in Deutschland gestrandet sind. Er dankte für die Hilfe, die schon geleistet worden ist. „Die jesidischen Frauen wollen vor allem Gerechtigkeit für Frauen und Kinder, die ermordet wurden, und sie fordern strafrechtliche Verfolgung auf internationaler Ebene“, so Bulut. Jesiden sind eine eigenständige Religionsgemeinschaft, die vor allem im Kurdengebiet beheimatet sind. Wie ihr Verein helfen, was die Frauen in Deutschland tun könnten, fragte Erika Steinert, Vorsitzende der Integrationsinitiative, die fünf anwesenden Jesidinnen aus Saarbrücken. „Wir möchten den Frauen das Gefühl geben, dass sie nicht allein sind. Wir wollen helfen, vor Ort Ressourcen mit Experten zu schaffen, um zu erreichen, dass die Frauen in ihrem Land bleiben können und dort geholfen wird. Das jesidische Volk darf nicht aussterben, deshalb versuchen wir den Ursprung zu finden und zu stoppen“, sagte darauf Zero Al. „Hilfe bekommen die Frauen durch Organisationen, mutige Menschen, Vereine und Familien vor Ort, die helfen, die Frauen nach Deutschland zu holen“, erklärte Sabina Boga auf eine Frage Gabriele Zorns – die Präsidentin des Frauen-Service-Clubs Soroptimist Deutschland ist Schirmherrin der Ausstellung. „Wir wollen alles in Bewegung setzen, den Frauen, die noch vor Ort sind, den Rücken zu stärken. Wir nehmen Hilfe an, egal welche, und sind dafür sehr dankbar“, sagte Zekiye Agirman, eine der Jesidinnen aus Saarbrücken. Nach den berührenden Worten von Zekiye Agirman und Zero Al konnten sich die Gäste ein Bild machen vom Schicksal der zwölf Jesidinnen, die von ihrem Schicksal berichten. Sie zeigen, wie sie sich ihre Menschlichkeit trotz Barbarei erhalten haben. Den Frauen gelang die Flucht vor dem IS. Ihr Überlebenswille und ihr Mut, über die menschenverachtende Gewalt des IS zu berichten, waren stärker. Verbandsbürgermeister Michael Cullmann und Stadtbürgermeister Karl-Heinz Seebald hatten die Gäste begrüßt und sind auch zum anschließenden Büffet der Nachbarschaftshilfe geblieben. Beide betonten, wie wichtig die Aufklärung und die Unterstützung der jesidischen Frauen ist. Kurz-Info —Die Ausstellung „Über Leben – Ezidinnen nach dem Femizid 2014 Aufarbeitung – Gerechtigkeit – Menschenrechte“ wurde vom Deutschen Frauenring gemeinsam mit „pro bono & in Solidarität für die Ezid*innen aus Sinjar“ und der Platform for Struggle for Women Held in Captivity verwirklicht und wird seit November bundesweit gezeigt. — Die Ausstellung ist bis 24. März im Foyer der Donnersberghalle zu sehen (heute von 8 bis 16 Uhr, Sonntag, 16. März, von 11 bis 19 Uhr, 18. bis 21. März, von 8 bis 16 Uhr und 23./24. März, von 11 bis 16 Uhr. –Heute wird auf Einladung der Integrationsinitiative die Psychotherapeutin Susanne Sage vom Psychosozialen Zentrum für Flüchtlinge des DRK in Kaiserslautern aus dem Alltag einer Traumatherapeutin und über die Verarbeitung von Gewalterfahrungen berichten. Der Vortrag beginnt um 19 Uhr im Blauen Saal der Donnersberghalle.

x