Donnersbergkreis „Kulturhistorischer Schatz“

Seit Januar graben die Archäologen dort, wo künftig das umstrittene Wormser Begegnungshaus der Domgemeinde stehen soll. Jetzt gibt es einen Zwischenbericht. Der wartet gleich mit einer Sensation auf: Man fand ein frühchristliches Taufbecken.

Die Taufpriscina (lateinisch für Becken) ist neben Anlagen in Trier, Boppard, Köln und Ingelheim die fünfte, die in Deutschland bislang gefunden wurde. Als Glücksfall bezeichnete es der Baudirektor des Bistums Mainz, Johannes Krämer, dass das rund 1,50 Meter runde Becken, dessen Reste bereits 30 Zentimeter unterhalb des Plattenbelags am Domplatz sichtbar wurden, überhaupt noch erhalten ist. Es sei „mit das Älteste, was man in Worms sehen kann“. Eine saubere, sorgfältige Arbeit, ohne die der Fund vielleicht übersehen worden wäre, bescheinigte Holger Grewe, Leiter der Forschungsstelle Kaiserpfalz Ingelheim, den Archäologen. Grewe, der die Taufpriscina in Ingelheim gefunden hatte, war als Fachmann hinzugezogen worden. Sichtbar in Worms sind eine innere Rundung und der wasserfeste, mit Ziegelmehl angereicherte Estrich. Eine zweite, größere Rundung können sich die Archäologen nicht erklären. Überhaupt, betonte Marion Witteyer, Leiterin der Landesarchäologie, seien noch viele Fragen offen. Zugeschüttet wurde das Becken mit Holzkohle und anderen Abfällen. Während eine Hälfte mittlerweile freigelegt ist, hofft Witteyer, im zweiten Beckenteil auf Glas- oder Keramikscherben zu stoßen. Fehlen diese, bleibt für eine Datierung nur die Holzkohle. Dennoch kann anhand der Nutzung als Taufbecken für Erwachsene eine Datierung auf das sechste bis achte Jahrhundert geschätzt werden. Denn unter Kaiser Karl dem Großen wurde 789 die Kindertaufe angeordnet. Die Erwachsenen-Taufbecken waren vor den Gotteshäusern meist in eigens gebauten Taufkirchen, sogenannten Baptisterien, untergebracht. Das war auch notwendig, denn die Täuflinge stiegen unbekleidet ins Becken mit geweihtem Wasser und wurden damit übergossen. Erst nach dem Zeremoniell erhielten sie ein weißes Taufkleid und konnten an der Messe in der Kirche teilnehmen. Auf mögliche Überreste eines solchen Baptisteriums könnten die Archäologen bei ihren weiteren Grabungen stoßen, vielleicht auch auf eine Verbindung zum auf dem ehemaligen römischen Forum erbauten frühmittelalterlichen Dom. Auf dessen Fundament wurde später der zweite, heutige Dom errichtet. Insgesamt, so Grabungsleiter Markus Forman, werde man noch 1,50 Meter tiefer gehen – so weit wie das Fundament des Gemeindehauses gründen muss. Die Vertreter der Kirche, der Landesarchäologie und der Wormser OB Michael Kissel (SPD) waren allesamt hochbeglückt über den Fund. Eine Verzögerung des Baus des Hauses am Dom werde für weitere Grabungen gern akzeptiert, bestätigte Dompropst Tobias Schäfer. Mehr noch: Man wolle das Sockelgeschoss des Gemeindehauses umplanen. Der Fund soll hier „attraktiv integriert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden“. Dies habe der Verwaltungsrat der Gemeinde beschlossen. Schäfer nannte den Fund „hochinteressant für die Kirchen- und Wormser Geschichte“. Auch OB Kissel war über diesen weiteren „kulturhistorischen Schatz“ erfreut und begrüßte dessen dauerhafte Präsentation. Die Stadt werde den Fund in ihrem touristischen Konzept an „prominenter Stelle mit einbringen“. Thomas Metz, Direktor der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, begrüßte das Vorhaben. Erwartet hatten die Archäologen laut Witteyer, auf Reste des alten Kapitelhauses (dem Vorläufer des Hauses am Dom) sowie auf Gräber zu stoßen. Tatsächlich fanden sie bislang Gräber – vermutlich von Stiftsherren –, Reste der Dombauhütte während der Sanierung in den 1920er Jahren und einen „zweitverwendeten“ römischen Kapitellstein. (cei)

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