Donnersbergkreis „Ich bin kein Paragrafenreiter“

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Winnweiler. Zwölf Jahre war er Bundeswehrsoldat, im Anschluss fünf Jahre bei der Kreisverwaltung Bad Kreuznach tätig und seit 1992 ist Thomas Jung eine unverzichtbare Größe in der Verbandsgemeindeverwaltung Winnweiler. Rund 1500 Ehen hat der 58-jährige Leiter des Referates „Bürgerdienste“, zu dem neben Standes-, Sozial- und Ordnungsamt auch der Bereich Einwohnermeldewesen sowie Brand- und Katastrophenschutz gehört, seither geschlossen – und Kurioses erlebt.

Thomas Jung blickt im Gespräch mit der RHEINPFALZ auf 40 Dienstjahre zurück. Mit 18 Jahren schloss er sich als Soldat auf Zeit der Bundeswehr an, wo er meist in seiner Koblenzer Stammeinheit dem Land diente. Besonders gern erinnert er sich an die mehrmaligen Auslandsaufenthalte über einen längeren Zeitraum auf dem Truppenübungsplatz im kanadischen Shilo in der Prärieprovinz Manitoba. Nach zwölf Jahren schied Jung als Leutnant der Reserve aus, einen Antrag auf Ernennung zum Berufssoldaten stellte er nicht, „da ich zu heimatverbunden bin und wieder nach Hause wollte“. Insgesamt habe ihn die Zeit in der Uniform sehr geprägt. „Der Umgang mit Leuten, Untergebenen und Vorgesetzten, Menschenführung und besondere Fürsorgepflicht: Ich würde es jederzeit wieder machen“, betont Jung, der durch den Innendienst seine Neigung zur Verwaltung erkannte. Nach drei Jahren an der rheinland-pfälzischen Hochschule der Verwaltung in Mayen, wo er blockweise lernte, kam er nahtlos bei der Kreisverwaltung Bad Kreuznach unter. 1992 hörte Jung dann von einer freien Stelle im Sozialamt Winnweiler. Ein Vorstellungsgespräch beim damaligen Bürgermeister Peter Schulz und die Versetzung zum 1. Februar war perfekt. Keine zwei Monate später wurde Jung zusätzlich Standesbeamter – zunächst ohne Lehrgang, den holte er später nach. „Peter Schulz meinte, ich hätte eine kräftige Stimme und könne das doch übernehmen. Dabei suchte er nur Ersatz für die zuständigen Kollegen, die allesamt eine Woche auf der Cebit in Hannover weilten“, schmunzelt Jung. Und so nahm alles seinen Lauf. 1500 Eheschließungen (Rekord: neun Stück am 7.7.2007 zwischen 9.30 und 15 Uhr) liegen bisher hinter dem 58-Jährigen. Auf die Frage, wie viele denn davon wieder aufgelöst wurden, schweigt der charismatische Standesbeamte mit einem breiten Grinsen. Jung traut locker, flockig und cool. „Ich bin kein Paragrafenreiter“, betont er. Seine persönliche Art kommt bei den Ehepaaren an. An Anekdoten mangelt es nicht. Vergangenes Jahr blieb Jung beispielsweise unmittelbar vor der Trauung im Fahrstuhl der Gemeinde stecken und hatte dummerweise den Schlüssel für die Notentriegelung in seiner Hosentasche. „Bis der Notdienst eineinhalb Stunden später kam, hat der Brautvater einen Strohhalm durch den Türschlitz gesteckt und mich mit Cola versorgt.“ Auch an die bis dato zahlenmäßig größte Hochzeit einige Jahre zuvor erinnert sich Jung. „Da wurde vor dem Gebäude eine richtige Partymeile aufgebaut.“ Sein Versprechen eingehalten hat der Standesbeamte auch, nachdem er einem Mann zugesagt hatte, ihn an dessen 50. Geburtstag zu trauen, ohne zu wissen, dass es der 3. Oktober ist. Neben Eheschließungen zählen auch die Ausstellung der Geburts- und Sterbeurkunden zu den Aufgaben eines Standesbeamten. Zwei Geburtsurkunden hat Jung besonders in Erinnerung: Eine Frau war gerade auf dem Weg nach Kaiserslautern ins Krankenhaus, als das Neugeborene nicht mehr warten wollte und auf dem Mitfahrerparkplatz an der Autobahnauffahrt Winnweiler das Licht der Welt erblickte. Eine andere werdende Mutter saß im Zug, ebenfalls Richtung Kaiserslautern, stieg in Winnweiler aufgrund einsetzender Wehen in einen Krankenwagen und gebar am Bahnhof ihr Kind. Sieben Jahre hat Thomas Jung im öffentlichen Dienst noch vor sich. Im Oktober soll sein Referat ins Katasteramt umziehen. Von klein auf ist der gebürtige Rockenhausener Mitglied der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Rockenhausen und hat in den 1990er Jahren fünfmal mit dem Team die Rheinland-Pfalz-Meisterschaft gewonnen. Zwei- bis dreimal jährlich besucht Jung mit einem Freund Rockkonzerte wie die von AC/DC, Depeche Mode, Metallica, Udo Lindenberg oder dem verstorbenen Joe Cocker. Hardrock statt Schnulzen ...

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