Donnersbergkreis Glänzendes Oratorienkonzert

Dass das große Publikum in Kirchheimbolandens Paulskirche am Samstag die Pfälzische Singgemeinde, das Orchester L’arpa festante, die Gesangssolisten und Landeskirchenmusikdirektor Jochen Steuerwald als künstlerischen Leiter geradezu bejubelte, war nur verdient: klanglich prachtvoller, gestalterisch gediegener, künstlerisch interessanter lässt sich ein Oratorienkonzert kaum denken.

Das lag zunächst einmal am Programm dieses Eröffnungskonzerts zum 37. Landeskirchenmusiktag der Evangelischen Kirche der Pfalz, das kennenswerte Musik bot, die aber bislang kaum jemand kennt: Die wenigen Jahre zwischen Johann Sebastian Bach und Mozart stehen ohnehin noch immer ein wenig im Schatten des Konzertbetriebs, und das Hauptwerk des Abends, Carl Philipp Emmanuel Bachs „Dank-Hymne der Freundschaft“, war als Weltkriegsfolge bis vor wenigen Jahren in der Ukraine verborgen, erst Ende 2013 ist die Komposition im Druck erschienen. Und sie erwies sich am Samstag als sehr einfallsreiches, mannigfaltiges Werk mit vielen Schönheiten. Auch die beiden Kantaten von Gottfried August Homilius zum Himmelfahrts- und zum Pfingstfest vermochten den Hörer mit vielen Schönheiten zu erfreuen. Homilius war in jenen Jahren des späten 18. Jahrhunderts lutherischer Kirchenmusiker an der Dresdner Frauenkirche, als der Hof um der polnischen Königskrone willen wieder katholisch geworden war. Einzig an der Frauenkirche wurde Figuralmusik in der Tradition Johann Sebastian Bachs, der Homilius’ Lehrer war, gepflegt, und zwar auf durchaus beachtlichem künstlerischen Niveau. Mehr als einmal zeigt sich diese Musik auf einer Mittelposition zwischen der Bachkantate und Mozarts „Exultate, jubilate“. Homilius steht noch die ganze strenge polyphone Satztechnik seines Lehrers zu Gebote, aber sein Interesse neigt sich mehr zur gefühlvollen Kantabilität, zur melodischen Linie, die er eingängig und gefällig gestaltet, die man durchaus aber auch bisweilen als süßlich empfinden kann. Reicher Bläsersatz, dichte kompositorische Faktur geben indes Ausführenden wie Hörern viel Stoff, es herrscht nie kompositorischer Leerlauf. Hier hatte zunächst das Orchester, L’arpa festante, alle Gelegenheit zu glänzen. Es verwendet barockes Instrumentarium, was besonders den Bläsersatz ungemein licht, strahlend und durchsichtig machte – bei stets hervorragender Intonation. Die Streicher zeigten sich ungemein agil und plastisch profiliert, alles war kraftvoll und anschaulich, nichts teigig, fett oder plärrend - kurz: der Instrumentalpart bot reine Freude, welche der Oratorienchor der Pfälzischen Landeskirche, bestehend aus vielen Musikfreunden aus der ganzen Pfalz, noch vermehrte. Die Pfälzische Singgemeinde ist unter Jochen Steuerwalds ebenso fordernder wie fördernder Leitung zu einem Paradebeispiel dafür geworden, wie viel differenzierte Gestaltungsfähigkeit aus einem Ensemble ambitionierter Nicht-Profis herauszuholen ist. Der Chor erwies sich als bestens vorbereitet und – auch und vor allem in den komplexen Chorsätzen der „Dank-Hymne“ mit Fern-Chor auf der Empore – vollkommen sicher, in allen Stimmen strahlkräftig und sonor. Und immer wieder gab es Momente spannungssteigernder, kleinräumiger Gestaltung, die bestens gelangen. Nur Gutes lässt sich auch über das Solistenquartett sagen – vier unterschiedliche Charaktere, die sich bestens zum Ensemble verbanden: Die Sopranistin Vera Steuerwald war nicht nur in jener wunderbaren Vogelstimmen-Arie der „Dank-Hymne“ ganz reinen Wohlklang zelebrierende Hingabe. Klar, wohlklingend und schön konturiert sang die Altistin Margot Oitzinger; nur in der ersten Arie blieb sie eindeutig zu leise. Gotthold Schwarz war ein plastisch und entschieden artikulierender Bassist, während der Tenor Rüdiger Linn besonders den wort- und gedankenreichen Rezitativen der Dank-Hymne eine durchaus passende intellektuelle Note verlieh.

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