Donnersbergkreis „Die Leute investieren in Beton“

«Rockenhausen.» Die Formel ist eigentlich einfach. „Wenn gebaut und konsumiert wird, hat das ganze Handwerk gut zu tun“, sagt Brigitte Mannert. Und gebaut und konsumiert wird derzeit viel. Die Auftragsbücher der Firmen sind voll – auch am Donnersberg. Eine Situation, wie sie die Präsidentin der Handwerkskammer der Pfalz gerne hat. „Das Handwerk boomt. Es läuft noch besser als im letzten Jahr“, erzählt Mannert – und ergänzt: „Die Leute investieren nicht mehr in Aktien, sondern in Beton.“ Ein Ende der Hochphase? „Nicht vorauszusehen“, sagt die Präsidentin. Und doch ist es nicht so, dass deswegen viel mehr Handwerksbetriebe neu gegründet werden. „Das hält sich die Waage“, sagt die Friseurmeisterin. „Wenn ein kleiner Betrieb aufhört, wird er oft von einem Großen übernommen. Die Betriebe werden größer, das ist nicht schlecht.“ Dennoch sei es aber auch schade, dass es immer weniger kleine, familiengeführte Firmen gibt. Auch den Transformationsprozess in der Arbeitswelt voranzubringen und den wachsenden Qualifizierungsbedarf der Wirtschaft vor dem Hintergrund der Digitalisierung zu decken, sei ein großes Thema im Handwerk, sagt die Präsidentin. Ein vom Land geförderter Digitalisierungsberater, der bereits vorhandene Beratungsleistungen ergänzt, stehe seit 1. Januar im Dienst der Handwerkskammer. Der Berater unterstütze die Betriebe vor Ort bei der Umstellung auf digitale Geschäftsprozesse und stehe ihnen bei allen Fragen rund um dieses Thema mit Rat und Tat zur Seite. Ein Thema, das sich auch in diesem Jahr nicht geändert hat und vielen Unternehmen Sorge bereitet, ist das fehlende Personal. Dennoch ist Mannert hier aber etwas zuversichtlicher als noch vor einigen Jahren. „Die Talsohle scheint überwunden.“ So habe man zuletzt in der Pfalz über 2321 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge verzeichnet, ein Plus von 6,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit liege die Pfalz über dem Landesdurchschnitt von 3,5 Prozent. „Wir machen sehr viel, um Leute zu gewinnen und mit verantwortlich für diese positive Entwicklung ist sicherlich auch die Integration von Geflüchteten in das pfälzische Handwerk“, erzählt die 63-Jährige. Weiter ein Problem: Abiturienten zieht es eher ins Studium als in einen Ausbildungsbetrieb. Hier will die Handwerkskammer mit einem Pilotprojekt gegensteuern, das gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium, der Berufsbildende Schule Kaiserslautern und der Hochschule Kaiserslautern läuft. Dessen Titel: „Lehre plus Hochschule“. Die Idee: Berufliche und akademische Welt sollen unter einen Hut gebracht werden. Konkret sieht das so aus: Ab dem neuen Lehrjahr können sich junge Menschen, die sich für den Beruf des Elektrotechnikers interessieren und das (Fach-)Abitur in der Tasche haben, für eine Ausbildungsvariante entscheiden, zu der sie neben der Ausbildungszeit im Betrieb und in der Berufsschule noch Module an der Hochschule Kaiserslautern bekommen. Im Laufe der dreieinhalbjährigen Lehrzeit erwerben die jungen Menschen zwischen 30 und 35 ECTS-Punkte, die für ein späteres Bachelor-Studium anerkannt werden. Zum Vergleich: Wer in Vollzeit studiert, erwirbt im Schnitt in einem Semester etwa 30 ECTS-Punkte. Wer sich nach der Ausbildung für den Meisterbrief entscheidet, bekommt das an der Hochschule angeeignete Wissen ebenfalls anerkannt. „Das ist zukunftsweisend“, freut sich Mannert – und ergänzt: „Wir brauchen Fachkräfte.“ Gerade auch junge Menschen, die nach dem Abitur etwas Praktisches machen möchten. „So können sie in einen Beruf hineinschnuppern, können aber danach immer noch studieren oder ihren Meister machen.“ Ein Loblied singt die Präsidentin auf die Handwerksunternehmen in der Pfalz. „Wir haben tolle Betriebe. Diese suchen aber händeringend junge Leute.“ Das gehe durch alle Bereiche. Und sie hofft, dass sich viele Unternehmen und ausbildungswillige Jugendliche an dem Pilotprojekt beteiligen. „Wer mitmachen möchte, kann sich gerne bei der Handwerkskammer melden.“ Die Handwerkskammer der Pfalz mit Sitz in Kaiserslautern wird einen neuen Hauptgeschäftsführer bekommen. Vor kurzem hatte sich die Vollversammlung auf Till Mischler als Nachfolger von Ralf Hellrich festgelegt. Der gebürtige Westpfälzer Mischler arbeitet derzeit im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium in Mainz. Er tritt sein Amt zum 1. Oktober an. Zu diesem Zeitpunkt wechselt Hellrich in gleicher Funktion zur Handwerkskammer nach Koblenz. Und Till Mischler wird dann noch etwas mehr als ein Jahr mit der Präsidentin zusammenarbeiten. „Im Dezember 2019 ist Schluss“, sagt Mannert. Das sei so auch vereinbart gewesen. Dann werde Zeit für jemand jüngeren. „Das Handwerk ist ja auch jung“, sagt sie schmunzelnd. Arbeit habe sie bis zu ihrem Abschied noch genug. „Ich werde mittendrin sein bis zum Schluss“, kündigt die 63-Jährige an. Und dann? Auch da hat Brigitte Mannert keine Bedenken, dass es ihr langweilig wird. Schließlich hat sie in Alsenz weiterhin ihren Friseursalon – und dann werden da auch noch zwei Enkelkinder sein. Diese freuen sich bestimmt, wenn die Oma etwas mehr Freizeit hat ...

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