Donnersbergkreis Das bestmögliche Repertoire gibt das Instrument vor

Verschiedene Musikstile und ihre Klangauffassungen haben auch zu baulichen Veränderungen der Kirchenorgeln geführt: In der sogenannten „Orgelbewegung“ zwischen den beiden Weltkriegen fand beispielsweise wieder eine Rückbesinnung auf einen asketischen, durchsichtigen und helleren, obertonreichen Klang statt.

Die Orgel in der katholischen Kirche St. Sebastian in Rockenhausen mit ihrer pneumatischen Traktur wurde von Orgelbauer Paul Sattel 1936 in Hochspeyer gebaut und ist eine Beispiel für diese Orgelbewegung. Diese Orgelbewegung führte zu neobarocken Klangidealen im schlichteren Praetoriusstil des frühen 17. Jahrhunderts mit vielen Aliquotregistern. Es handelt sich um eine der wenigen erhaltenen Orgeln dieser Werkstatt, noch dazu im Originalzustand, wobei Bezirkskantor Martin Reitzig bei seiner Analyse der Register und beim Ausloten der klanglichen Möglichkeiten nebenbei einräumt, dass solche Instrumente ab ihrem 70. Baujahr unter Denkmalschutz stehen. Und nächstes Jahr blickt diese Orgel schon auf eine 80-jährige Nutzung zurück. Nach der Einweihung der Rockenhausener Orgel war der Orgelbauer im Aufwind, richtete 1938/39 eine neue Werkstatt in Speyer ein, weil er vom Bischof den Großauftrag erhielt, die Speyerer Domorgel umzuarbeiten. Wie bei den bisherigen Rundgängen der Donnersberger Kirchenorgeln erkennbar, haben die romantisch gefärbten Baustile der Orgeln einen Schwerpunkt mit den grundtönigen Achtfuss-Registern, dabei sehr wenige Vier- und Zweifuß-Register. Die Sattelorgel hat dagegen viele Zweifuß-Register und noch kleinere und klingt dadurch wesentlicher heller, im vollen Plenum sogar bisweilen schrill. Selbst im gewichtigen Pedal mit üblicherweise Acht- und Sechzehnfuß-Registern finden sich Vierer und Zweier, was nach Reitzigs bisherigen Erfahrungen im Orgelbau sehr selten ist. Beibehalten wurde bei dieser Orgel die bisherige Pneumatik. Reitzig lässt in diesem Zusammenhang die vier Trakturen historisch Revue passieren: Die mechanische als die älteste, abgelöst von dieser pneumatischen gegen Ende des 19. Jahrhunderts und gefolgt wiederum von der elektropneumatischen ab den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts. Und jetzt ab den 70er Jahren sei - so Reitzigs Beobachtung - wieder eine Rückkehr zur mechanischen Traktur zu beobachten. Zurück zu den Besonderheiten der Orgel in der katholischen Jugendstilkirche: Der Spieltisch ist freistehend, weit weg vom Pfeifenwerk. Als Spielhilfen hat sie einen Registerschweller und Jalousieschweller als Relikte der wenige Jahrzehnte zurückliegenden Spätromantik. Daher sieht sie Reitzig auch als Übergangsorgel; dazu passt, dass sie über fest gespeicherte vorprogrammierte Lautstärkedifferenzierungen (vom sehr leisen Pianissimo bis zum gewaltigen Fortissimo) als Hilfe bei fehlendem Registranten verfügt. So kann der Organist schnellstens ein abgestuftes Spiel erreichen. Die zweimanualige Orgel mit ihren 30 Registern rechnet Reitzig zu den größten des Landkreises. Bei einem Rundgang durch die Kirche erkennt Reitzig auch bei dieser eine Mischform, hier aus Jugendstil, Gotik und Romanik. Vor allem die Seitenschiffe seien untypisch, findet Reitzig, der zunächst im Eingangsportalbereich die vier Säulen bewundert. Allerdings sind sie möglicherweise mit der Grund, dass der Orgelklang an ihnen vorbei im Kirchenschiff wesentlich besser (gefiltert) klingt als oben. Auch hier bestätigt sich eine Einheit aus Klang und Raum. Fachkundig erkennt er oben auf der Empore, dass die Pfeifen nur optisch wie Zinnpfeifen erscheinen, in Wirklichkeit aber preiswerteres Material verwendet wurde. Dieses ist leichter, klingt aber dennoch erstaunlich gut. Auffällig sind viele Flötenregister bei wenigen Streichern und einigen Zungenregistern. Reitzig lotet die spielerischen Möglichkeiten der Orgel aus und stellt fest, dass sie für Bachfugen beispielsweise aufgrund der holprigen Ansprache bei schnellen Tonwiederholungen nicht optimal geeignet ist. Auch Mozarts Flötenuhrstücken würde die Leichtigkeit der Ansprache und somit die Eleganz fehlen, findet er. Schließlich wird er aber mit mitgebrachten Klangbeispielen fündig: Eine Sammlung „L’ Organiste“ von César Franck offenbart hier unter Reitzigs kompetenten Händen ihren besonderen Reiz und klingt unten noch besser als oben. Reitzigs Fazit: Hier gibt die Orgel das bestmögliche Repertoire vor, nicht der Spieler. Zur Serie In der Serie „Orgelschätze der Nordpfalz“ haben wir bislang die Kirchenorgeln von Pauls-, Peters und St. Peters-Kirche in Kibo, die Oberlinger-Orgel im Nordpfalzgymnasium Kirchheimbolanden, die Orgel der Zoar-Kapelle und die der katholischen Kirche Winnweiler vorgestellt.

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