Donnersbergkreis Angekommen in der „Familie“

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„Es ist gut, dass man hier mit mir versucht hochdeutsch zu sprechen“, sagt Arnaldo Iezzi, schaut aus dem Fenster auf das Kirchheimbolander Werk und lächelt. Mit dem Pfälzischen, da hat es der neue Geschäftsführer noch nicht so. Hochdeutsch spricht er dagegen schon gut. „Wenn auch nicht so fließend wie meine 17-jährige Tochter“, sagt der 48-Jährige. Die hatte in der Heimat aber auch eine brasilianisch-deutsche Schule besucht. Seine achtjährige Tochter kam sogar in Deutschland zur Welt, besucht derzeit eine Schule in Mainz, wo seine Familie heimisch geworden ist. „Als wir zuletzt in Brasilien waren, hatte sie sogar das Trikot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft an“, erzählt der Vater. Klar, als Brasilianer ist man auch leidenschaftlicher Fußballfan. In Mainz und in Kaiserslautern war Iezzi schon im Stadion. „Die Stimmung war überall gut“, sagt er ganz diplomatisch. Das Thema Fußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr in Brasilien und die 1:7-Halbfinalniederlage gegen Deutschland spricht der Geschäftsführer dagegen nicht so gerne an. „Bis dahin war es eine schöne Weltmeisterschaft.“ Stattdessen redet Arnaldo Iezzi auch lieber über sein Unternehmen. 1999 kam er zu Borg Warner – nach einem Engineering-Studium und verschiedenen Tätigkeiten in der Automotiv-Sparte. „Wolfgang Schneider hatte mich damals eingestellt“, erzählt er – und schaut über den Tisch zu seinem Vorgänger. Der ist mittlerweile aufgestiegen in den Aufsichtsrat und in der weltweiten Geschäftsführung des Unternehmens tätig. Aber Wolfgang Schneider bleibt Kirchheimbolanden treu, hat ein Büro im neuen Gebäude in der Kaiserstraße bezogen. 1999 hieß Borg Warner in Kirchheimbolanden noch KKK. 2005 war Iezzi dann erstmals länger in der Kleinen Residenz, plante von hier aus ein neues Werk in Polen und baute das dort dann auf. 2009 zog es ihn zurück nach Brasilien, wo er ebenfalls ein neues Werk aufbaute. Nun ging es wieder in die Pfalz. Eine Entscheidung, die er mit seiner Familie zusammen traf. „Diesmal werde ich wohl länger hier bleiben“, sagt Iezzi, der in seiner Freizeit gerne den Tennisschläger schwingt. Die Wahl auf den Wohnort Mainz fiel unter anderem deswegen, weil die Familie dort Freunde hat und Arnaldo Iezzi auch bei seinem ersten längeren Aufenthalt dort lebte. Was nicht heißt, dass es ihm in Kirchheimbolanden nicht gefällt. „Eine schöne Stadt, nicht zu groß und nicht zu klein. Die Menschen sind sehr offen, sympathisch.“ Dass sein Vorgänger weiterhin in Kirchheimbolanden arbeitet, hat ihm den Einstieg erleichtert. „Auch, dass ich noch manche von früher kenne.“ Die ersten sechs Monate seien dennoch nicht einfach gewesen. „Ich habe die Zeit gebraucht, um Details zu verstehen. Das hier ist ein großes Werk.“ Und es ist eins mit einem besonderen Geist, eines, in dem zum Teil ganze Familien arbeiten. Iezzi ist das bewusst. „Wir haben hier ein gutes Team mit hoch qualifizierten Mitarbeitern.“ Wolfgang Schneider sieht das nicht anders. „Man redet hier ja auch von der Familie Borg Warner. Da sind wir stolz darauf.“ Deswegen halte man auch einerseits Traditionen hoch, wie die Jubiläumsfeiern, einen Ehemaligentag oder alle zwei Jahre einen Familientag, und biete zudem ein Ferienprogramm für Kinder der Mitarbeiter oder zahle einen Beitrag zum Fitnessstudiobesuch dazu. „Und wir statten die Kantine mit neuen Möbeln aus“, ergänzt Iezzi einen weiteren Punkt. Froh ist er auch, dass man sich mittlerweile mit dem Betriebsrat auf Augenhöhe begegne. Im April machte sich dieser Sorgen, dass das Unternehmen in seinem Werk für die Produktion von Turboladern künftig deutlich weniger Mitarbeiter als bisher benötigen könnte (wir berichteten). Rund 2000 Menschen sind im Werk in Kirchheimbolanden beschäftigt, hinzu kommen noch einmal rund 450 Mitarbeiter im Entwicklungszentrum, das ebenfalls seinen Sitz in der Kreisstadt hat.Wolfgang Schneider betont, dass sich das Unternehmen eben Gedanken um die Zukunft machen muss, sagt aber auch: „Wir sind uns unserer Verpflichtung für die Mitarbeiter und die Region bewusst.“ Mit dem Betriebsrat wolle man hier nun gemeinsam an dieser Vision arbeiten und zu gegebener Zeit Ergebnisse präsentieren. Und wenn Schneider und Iezzi über die Zukunft von Borg Warner Turbo Systems reden, dann fällt auch schnell der Begriff „Design for Value“. Dabei gehe es um die Frage, wie sich ein Produkt optimal für den Kunden entwickeln lässt. „Nur Kosten drücken geht nicht, es gibt ein Limit. Hier müssen wir mit dem Lieferanten zusammenarbeiten, Lösungen finden“, sagt Schneider. Es gehe hier um die Optimierung des Designs eines Turboladers. Ein weltweites Thema für Borg Warner. Und eines, das auch den Standort Kirchheimbolanden sichern kann, wie er betont. Das tun sicher auch solche Großaufträge, wie ihn Kirchheimbolanden gerade von BMW bekommen hat. „Die Verträge sind unterschrieben“, freut sich Schneider. Es dreht sich hier um zweistufige Lader, die zusammengekoppelt werden. 700.000 pro Jahr sollen in der Kleinen Residenz entstehen. „Wenn man bedenkt, dass Kibo eine Kapazität von 3,5 Millionen Ladern im Jahr hat, ist das schon eine große Nummer“, sagt der 59-Jährige. Und Iezzi hofft, dass bald noch ein Projekt dieser Größenordnung an Land gezogen werden kann. „Bis Ende des Jahres wissen wir mehr“, erzählt der Geschäftsführer. Schwer zu kommentieren sei dagegen das, was sich derzeit bei Volkswagen abspielt, erzählt Schneider mit Blick auf den Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Dieselmotoren. Borg Warner stattet Dieselmotoren von VW mit Turboladern aus. „Im Moment sehen wir keine Volumenreduktion, aber das ist immer ein Punkt, der sich kurzfristig ändern kann“, berichtet Arnaldo Iezzi. Und Wolfgang Schneider ergänzt: „Wir beobachten das alles. Bisher ist es Business as usual.“

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