Bad Dürkheim Zwei vielversprechende junge Geigerinnen

Endlich mal ein Orchester, das sein Heil nicht in auftrumpfend-lautem, überhetztem Spiel sucht, sondern gewissermaßen dem, was es spielt, nachhorcht und es zurückhaltend-nachdenklich gestaltet. Dazu zwei sechs- und neunjährige Mädchen, die schon höchst bemerkenswerte geigerische Fähigkeiten souverän zu servieren wissen und ein großes Publikum – all das machte das Serenadenkonzert zum Auftakt des Raachhinkel-Fests im Ellerstadter Weingut Herbert Hammel zu einem ebenso kurzweiligen wie angenehmen Vergnügen.

Auf der Bühne: das Kammerorchester der Mannheimer Abendakademie und die jungen Violinsolistinnen Amira und Mariam Abouzahra, ungarisch-ägyptischer Abstammung, in Heidelberg geboren. Jürgen Weisser war nicht nur ein umsichtiger und sensibler Orchesterleiter, er verstand es auch, ebenso kurzweilig wie aufschlussreich in die gespielte Musik einzuführen. Die stammte in der ersten Konzerthälfte ausschließlich von Antonio Vivaldi, dem temperamentvollen italienischen Barockmeister. Das D-Dur-Concerto für Streicher RV 121 bewies ebenso wie die Sinfonia C-Dur RV 116, wie viel Effekt mit einfachster Struktur und viel Unisono-Spiel zu machen ist, wenn die kompositorische Erfindung stimmt. Die Intonation der Streicher war leider nicht vollkommen rein, aber insgesamt durchaus erfreulich. Was den ganzen Abend über erfreute, war der sensible Sinn von Dirigent und Orchester für lebhaft-bewegte, aber nie überzogen-scharfe rhythmische Bewegtheit. Ganz besondere Aufmerksamkeit fanden die beiden Violinkonzerte „Frühling“ und „Sommer “ aus den berühmten „Vier Jahreszeiten“, die Amira Abouzahra, die ältere der beiden Schwestern, mit bemerkenswerter Präzision und Unerschütterbarkeit zusammen mit dem Orchester vortrug. Den spieltechnischen Anforderungen zeigte sie sich vollkommen gewachsen; auch den komplexen Solopart auswendig vorzutragen, schien ihr keine Schwierigkeiten zu machen. Jürgen Weisser hatte die Sonette vorgelesen, mit denen Vivaldi den Ablauf unterschiedlicher Wetterlagen, Stimmungen und Hantierungen erläutert, die er der Reihe nach in Tönen malt, und so war die Aufführung für den Zuhörer genauestens nachvollziehbar. Amira spielte die virtuosen Passagen mit sicherer Klarheit, wusste auch verhaltene Stellen angenehm und angemessen zu artikulieren, im Ausdruck richtig, wenn auch noch nicht im eigentlichen Sinne persönlich, wobei die kurze Kindergeige den klanglichen Möglichkeiten auch deutliche Grenzen setzte. So war das Publikum, das den Vivaldikonzerten dankbar applaudiert hatte, mit Recht noch um einiges mehr begeistert, als sie später auf der großen Geige von Fritz Kreisler ein Präludium mit Allegro im Stile Pugnanis spielte. Hier ging es weniger um Virtuosität, und die junge Geigerin entfaltete sich klanglich wunderschön differenziert, die Tongebung war subtil und voller Wärme, alles war verstanden und somit auch verständlich – und vielversprechend. Exakt und sauber bewältigte die um drei Jahre jüngere Mariam Abouzahra den Kopfsatz eines Geigenkonzerts von Charles-Auguste de Bériot, es gab vom Orchester Schönes von Dvorák – zwei höchst subtil gestaltete Walzer – Svendsen oder Tschaikowsky, und einen ganzen Reigen glänzender und gutgelaunter Zugabem. Den Vogel schoss Dirigent Weisser ab, als er am Ende höchstselbst und in der originalen hohen Stimmlage urkomisch das Auftrittslied des Prinzen Orlowsky aus der „Fledermaus“ zum Besten gab.

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