Bad Dürkheim Gottessohn ganz menschlich

Ein Musical über Jesus Christus: Der erste große Erfolg von Andrew Lloyd Webber und Time Rice vor mehr als 40 Jahren ist auch ihr provokantestes Werk. „Jesus Christ Superstar“ ist in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder inszeniert und mehrfach verfilmt worden. Vom 4. bis 9. August gastiert die aktuelle Produktion aus dem Londoner West End im Mannheimer Nationaltheater.

Gerade 21 Jahre alt war der britische Musikstudent Andrew Lloyd Webber, als er 1970 zusammen mit dem 24-jährigen Texter Tim Rice „Jesus Christ Superstar“ schrieb. Weil sich kein Produzent fand, veröffentlichte das Duo die Musik zunächst als Konzeptalbum. Das stieg an die Spitze der amerikanischen Charts, und so kam es dann doch zu einer Bühnenshow. 1971 fand die Premiere am New Yorker Broadway statt. Trotz des unorthodoxen Umgangs mit einem religiösen Thema war die Show ein großer Erfolg, auch in Europa. Heute zählt „Jesus Christ Superstar“ zu den Klassikern des Musical-Repertoires. In aufwühlenden Bildern wird hier die Leidensgeschichte von Jesus Christus erzählt, inklusive letztem Abendmahl und Kreuzigung. Das Musical konzentriert sich dabei auf die menschliche Dimension der Geschichte. Jesus Christus wird entmystifiziert. Er ist ein Mensch, der Angst vor seinem Schicksal hat, der emotional ist, der Freude empfindet und Leid. Gleichzeitig ist das Musical ein Plädoyer für den biblischen Ober-Bösewicht Judas. Der wird von Jesus fast schon zum Verrat getrieben und zerbricht an dieser Entscheidung. Die Pharisäer wollen Jesus Tod aus machtpolitischem Kalkül. Pontius Pilatus wehrt sich dagegen, einen offensichtlich Unschuldigen hinzurichten, doch er hat am Ende keine Wahl. Auf die Liebesgeschichte zwischen Maria Magdalena und Jesus Christus verzichten Regisseur Bob Tomson und Produzent Bill Kenwright. „Viele Inszenierungen haben eine körperliche Beziehung der beiden teilweise sehr deutlich herausgearbeitet, doch die Uraufführung von Webber und Rice zeigte das nicht so explizit“, begründet Bob Tomson seine Inszenierung. Bill Kenwright und er wollten zurück zu den Wurzeln, sie haben „Jesus Christ Superstar“ deshalb so nah wie möglich an der Urversion inszeniert. Die Darsteller tragen historische Kostüme mit Hippie-Einschlag, Jesus hat langes Haar, und Änderungen in den Textpassagen wurden nur mit Genehmigung von Tim Rice selbst vorgenommen. Mit musikalischen Motiven und kontrastierenden Stilen unterstreicht Webber den Charakter einzelner Figuren: Maria Magdalena singt Balladen wie „Everything’s Alright“ oder „I don’t know how to love him“, während Judas mit Rocknummern wie „Damned for all Times“ oder „Heaven on their Minds“ brilliert. Ergänzt werden die Solostücke durch Chorszenen wie beim Titelsong „Superstar“. Tim Rice transferierte die biblische Sprache in die Jetztzeit und mischte Straßenslang mit Bibelzitaten. Da es sich um die Londoner West End Produktion handelt, kommt das Musical in Mannheim in englischer Sprache auf die Bühne. Zu den Darstellern zählt Glenn Carter, der die Rolle des Jesus bereits in zahlreichen Musical-Produktionen und Verfilmungen verkörpert hat. Die 23-jährige Sängerin und Songschreiber Rachel Adedeji übernimmt die Rolle der Maria Magdalena. Sie war 2009 Finalistin der britischen Ausgabe der TV-Castingshow „X-Factor“. Der Australier Tim Rogers spielt Judas. Termine „Jesus Christ Superstar“ als Gastspiel im Mannheimer Nationaltheater: Dienstag bis Freitag, 4. bis 7. August, jeweils 20 Uhr, Samstag, 8. August, 15 und 20 Uhr, Sonntag, 9. August, 14 und 19 Uhr.

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