Bad Dürkheim Gemeinsam für Leistadt

Kämpfen für das Backhäus’l (von links): Axel Nösner, Barbara Hanewald, Andrea Kost-Krapp, Yvonne Rusch, Doris Kraus, Verena Sura
Kämpfen für das Backhäus’l (von links): Axel Nösner, Barbara Hanewald, Andrea Kost-Krapp, Yvonne Rusch, Doris Kraus, Verena Suratny, Stefanie Petrovi, Axel Günther, Katja Schoemann, Alexander Petrovic.

«Bad Dürkheim.»Neben vielen Sorten Brot liegen Donuts, Muffins und Plunderteilchen verlockend bereit. Außerdem gibt es Kaffee zum Mitnehmen. In zwei Schränken werden Getränke sowie Butter, Quark und Eier gekühlt. Beate Lorum betritt gerade das Leistadter Backhäus’l. „Wir hoffen, dass es weiter geht. Der Bäckerladen ist sehr wichtig für Leistadt“, betont die 63-Jährige, die jeden Tag hier einkauft. Sie findet, dass der Laden insbesondere für die älteren Leistadter erhalten bleiben sollte. „Wenn es noch Obst oder Gemüse gebe, wäre das ganz toll“, meint sie. Auch Juliane Kupitz ist hier Stammkundin. Sie greift neben Brot und Brötchen gerne auch beim kleinen Lebensmittelsortiment zu. „Den Großeinkauf für die Familie mache ich aber im Supermarkt“, erzählt Kupitz, die sich auch noch ein Café oder eine Gaststätte für Leistadt wünschen würde. Sie ist davon überzeugt, dass mehr Autofahrer anhalten würden, wenn die Parkplatzsituation besser wäre. „Insbesondere am Wochenende, wenn viele Richtung Weisenheim am Berg unterwegs sind“, ergänzt Kupitz. Seit zwei Jahren leitet Stefanie Petrovic das Backhäus’l. „Meinem Mann und mir gehört das Haus. Und als klar war, dass die Vormieterin aufhören würde, habe ich eigentlich nicht groß nachgedacht und das Geschäft übernommen“, erzählt die 33-Jährige. Den größten Teil des Sortiments beziehe sie von der Stadtbäckerei Frankenthal. Laugengebäck der Firma Bäko wird vor Ort in dem 46 Quadratmeter großen Laden aufgebacken. Mit zwei Kindern im Alter von elf und neun Jahren sowie einer kranken Mutter sei ihr das Geschäft aber zu viel geworden. Im Juni habe sie ihre Kunden informiert, dass sie das Backhäus’l aufgeben müsse, bedauert Petrovic. „Dass am 31. August der Bäckerladen geschlossen werden sollte, schlug in Leistadt ein wie eine Bombe“, sagt Ortsvorsteher Axel Günther (FWG). Damit würde das letzte Geschäft für eine Grundversorgung vor Ort schließen. Petrovic habe das Backhäus’l mit großem persönlichem Einsatz am Leben erhalten, lobt Günther. Inzwischen seien im Ort Ideen gereift, um einen schönen Dorfladen oder einen Gastrobetrieb in Leistadt zu eröffnen. „Es entstand der Plan, ein sozialwirtschaftliches Unternehmen zu gründen und mit Bürgerbeiträgen abzusichern“, berichtet Günther. Wo die Gewinnaussichten für einen privaten Unternehmer nicht ausreichten, sollte die Gewinnaussicht für die Gemeinschaft in den Vordergrund treten. „Wenn wir uns hinter unseren eigenen Laden stellen, dann kaufen wir da auch ein, und dann kann er auch überleben“, erläutert Axel Nösner, ein in Leistadt lebender Unternehmer, den Grundgedanken. 23 Bürger kamen trotz der Sommerferien zu einem ersten Treffen am vergangenen Freitag ins Leistadter Rathaus. „17 Teilnehmer sagten am Ende ihre aktive Mitwirkung als Gesellschafter in dem zu gründenden Unternehmen zu. Das waren eigentlich alle, denn manche waren paarweise erschienen“, erklärt der Ortsvorsteher. Geeinigt habe man sich darauf, eine Unternehmergesellschaft (UG) als kleine GmbH mit stiller Beteiligung zu gründen. „Damit müssten die Entscheidungen nicht immer vom ganzen Plenum getroffen werden. Wir wollen ja nicht, dass es zu einer Lähmung des Ganzen kommt“, erläutert Günther, der als Wirtschaftsanwalt das nötige Expertenwissen mitbringt. Das Startkapital von 15.000 Euro sei schnell beisammen gewesen. Von 300 bis 5000 Euro schwanke die Beteiligungssumme. „Auch Bürgermeister Christoph Glogger hat zugesagt, sich mit einer Einlage zu beteiligen, da er die Initiative lobenswert findet“, freut sich Günther. Gebraucht werde aber noch weiteres Personal, das in Teilzeit die Arbeit ab 1. September versieht. Schließlich soll der Laden von 6 bis 19 Uhr an Werktagen, samstagvormittags und sonntags bis 11 Uhr geöffnet haben. Zwölf Stunden in der Woche wird Yvonne Rusch im Backhäus’l arbeiten. Die 42-Jährige erzählt, dass sie vor 21 Jahren mit einem Kind hierhergezogen sei. „Ich hatte kein Auto und weiß wie wichtig eine wohnortnahe Versorgung ist.“ Auch Stefanie Petrovic will stundenweise anpacken. Alle Mitarbeiter sollen in versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen für ihre Tätigkeit bezahlt werden, betont der Ortsvorsteher. Ehrenamtlich werde hingegen die Arbeit im Hintergrund sein. So werde Doris Kraus das Unternehmen als Geschäftsführerin ehrenamtlich leiten. Es gehe jetzt noch darum, ein Konzept festzuzurren, einen Lieferantenkreis zu finden und Modelle für Digitalisierung und Logistik zu entwickeln. Um das Marketing werde sich Christoph Ziegler von den Dürkheimer Medienagenten kümmern. Gesucht würden aber noch weitere Teilhaber und Mitstreiter, betont Günther. „Was wir jetzt haben, reicht für den Start und sichert den Betrieb des Bäckerladens ab.“ Für die Zukunftsprojekte werde noch mehr Kapital benötigt. So sei nach wie vor die Eröffnung eines Dorfladens das Ziel der Gesellschaft. Als nächstes stehen aber erst einmal die Gründungsformalitäten an: Gänge zum Notar und zum Finanzamt sind nötig, damit das Gewerbe angemeldet werden kann. Danach soll aber schon bald eine Veranstaltung für die ganze Bevölkerung von Leistadt vorbereitet werden. „Wir wollen jeden Leistadter mit auf unseren Weg nehmen und ihn davon überzeugen und begeistern, sich für die Dorfgemeinschaft und die Versorgung im Ort einzusetzen. Denn dann ist Leistadt der Gewinner“, meint Doris Kraus.

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