Bad Dürkheim Gelungenes Gastspiel

Knapp 100 Zuhörer mögen es gewesen sein, die am Sonntagnachmittag den Weg durch das Bauernmarkt-Gewimmel zum hörenswerten Orgelkonzert in der Dürkheimer Ludwigskirche mit dem Regensburger Domorganisten Professor Franz Josef Stoiber gefunden haben.

Machtvolle, geradezu monumentale Akkordtürme eröffnen Johann Sebastian Bachs Fantasie und Fuge in g-Moll BWV 543, eines der berühmtesten Werke seiner Art. Stoiber gibt der Fantasie Zeit zu wirken, ihren Klang zu entfalten. Bizarr und fantastisch soll diese Musik klingen , die Epoche hat dafür eigens den Begriff „stylus phantasticus“ geprägt – und sie tut es. Stoiber hält – hier wie im ganzen Konzert – die Mitte. Er hat keine Eile, er lässt den musikalischen Verlauf aber auch nicht formlos ausfransen. Die Fuge ist deutlich gegliedert, aber nicht abgeteilt, sie schreitet vor allem gleichmäßig voran, ist klanglich stark registriert und durchhörbar. Stoiber liefert eine sehr verständliche und klanglich reiche, schwungvolle und klare Interpretation. Marco Enrico Bossi (1861 bis 1925). war der wesentlichste italienische Komponist seiner Zeit. Sein Scherzo in g-Moll beginnt mit einer Art impressionistischem Flirren, wird dann kinderliedartig, Glockenspiel oder Zimbelstern klingen munter drein. Es ist eine kurzatmig-bizarre Komposition mit durchaus mitreißendem Schlussteil – insgesamt recht gut geeignet, die Klangfarben der in dieser Hinsicht reichen Matz- und Luge-Orgel zu leuchtender Wirkung zu bringen. Dann präsentiert sich Stoiber als Improvisator und ziert vier Kirchenlieder musikalisch aus. Zwischen die Zeilen von „Mein schönste Zier und Kleinod bist“ füllt er eine Art munteres, leichtfüßiges Konzert. Auch „Wenn ich, o Schöpfer, Deine Macht“, und „Lobt Gott, ihr Christen, allzugleich“ – in Dürkheim zugleich das „Velten-Lied“ zu Ehren des Wohltäters Valentin Ostertag – umspielte er mit freundlich leuchtenden, kaum einmal chromatisch gebrochenen Tonfolgen. Das war elegant und freudig, wie man es in der Messe brauchen kann, indes das einer anderen musikalischen Tradition entstammende, reichlich schmalzige „Du lässt den Tag, o Gott, nun enden“ sich in entsprechend gedeckte, tendenziell sentimentale Farben getaucht fand. All das war rund, hübsch, sympathisch und in jeder Hinsicht hörenswert, aber keineswegs aufregend. Mozarts für eine kleine Flötenuhr komponierte Fantasie f-Moll machte Franz Josef Stoiber klanglich groß: Den gliedernden, ganz knappen Allegro-Akkorden gab er die mächtigen Farben der Bach-Toccata. Es folgt eine etwas trockene, ebenfalls kurze Fuge – Mozart sah sich von dieser, seiner Zeit nicht mehr entsprechenden Form der Polyphonie herausgefordert, als er Kompositionen Johann Sebastian Bachs kennenlernte. Nun wieder Akkordschläge in satten Zungenstimmen, ein etwas brütendes Andante, nachdenklich in weicher Flötenregistrierung gespielt. Es folgen ein choralartiger Teil mit Zwischenspielen und noch eine Fuge. Insgesamt wunderschön. Freuen darf man sich auch über Stoibers ebenfalls improvisierte Choralfantasie, der „Nun danket alle Gott“ zugrunde liegt. Vielfältig variiert er die festliche Melodie, verziert und umspielt sie bis hin in die mächtigen Staccato-Akkorde des Schlusses. Nichts disharmonisch oder modern Klingendes hat hier Platz – strahlendes Dur erfreut. Als Zugabe folgt ein sehr subtil glänzendes „Der Mond ist aufgegangen“ in gedeckten Farben, und, auf Effekt gebürstet, eine improvisierte Toccata in Widor’scher Anmutung, in die Stoiber das Kirchenlied „Lobet den Herren alle, die ihn ehren“ geschickt einflicht.

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