Rheinland-Pfalz Ärger um neuen Rettungshubschrauber in Sembach

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Auf dem Gelände der Firma Korz in Sembach (Kreis Kaiserslautern) ist übergangsweise der Rettungshubschrauber »Air Rescue Pfalz« stationiert. Mittelfristig soll er einen Platz in Imsweiler (Donnersbergkreis) bekommen.

Seit Ende Oktober haben die Johanniter einen Rettungshubschrauber in Sembach stationiert. Der musste währenddessen schon 35 mal ausrücken. Allerdings droht nun Ärger. Die Landesregierung sieht nach wie vor keinen Bedarf für die zusätzlichen Luftretter und die Krankenkassen verweisen auf fehlende Verträge.

Es war ein Termin, auf den die versammelten Lokalpolitiker aus der Westpfalz lange warten mussten: Seit Jahrzehnten kämpfen die Verantwortlichen für einen Rettungshubschrauber in ihrer Region. Am 22. Oktober war es dann endlich so weit. Die Landräte von Kaiserslautern, Kusel und dem Donnersbergkreis informierten in Sembach, dass die Johanniter künftig einen Rettungshubschrauber in der Westpfalz stationieren. Möglich wurde dies durch einen Kniff: Das Westpfalzklinikum, in dessen Aufsichtsrat Vertreter der besagten Kommunen sitzen, hat mit dem Rettungsdienst einen Vertrag abgeschlossen. Um Intensivpatienten zwischen den einzelnen Krankenhausstandorten verlegen zu können, nutzt das Klinikum künftig die Hilfe der Johanniter. Ein Nebeneffekt: Falls es zu Notfällen kommt, bei denen ein Rettungshubschrauber alarmiert werden muss, ruft die Leitstelle normalerweise den Helikopter, der am nächsten ist. In der Westpfalz wäre das der Hubschrauber der Johanniter. Der ADAC hat Rettungshubschrauber in Mainz, Ludwigshafen und Saarbrücken stationiert.

Krankenkassen pochen auf Gespräch

Allerdings haben die Krankenkassen ein Problem mit dem neuen Helikopter. Die AOK verweist auf Anfrage darauf, dass die momentane Situation „ohne jegliche Abstimmung außerhalb des üblichen Verfahrens“ zustande gekommen sei. Die Krankenkasse ist überzeugt, dass die innerklinischen Verlegungen nur ein Vorwand sind, „obwohl offensichtlich vorrangig Rettungseinsätze erfolgen“. Sowohl das Mainzer Innenministerium als auch die AOK verweisen darauf, dass in der Westpfalz die rettungsdienstliche Versorgung gesichert sei und „insbesondere kein Bedarf für die Stationierung eines weiteren Luftrettungsmittels“ gesehen werde. Die gesetzlichen Krankenkassen in Rheinland-Pfalz pochen nun auf ein Gespräch mit Johannitern und Westpfalz-Klinikum, um die Situation zu klären. Die Versicherungen verweisen auf „viele offene, zwingende Sachverhalts- und Rechtsfragen“, allerdings erläutern sie diese nicht näher. Gänzlich unbeeindruckt davon geben sich die Verantwortlichen bei den Johannitern: „Wir fliegen weiter." Mit diesen Worten kommentiert der Geschäftsführer der Johanniter Luftrettung, Günther Lohre, Meldungen, nach denen vorerst keine Rettungseinsätze mit dem in Sembach stationierten Hubschrauber geflogen werden dürfen. Es sei offensichtlich, so Lohre, dass es bei der Notfallrettung im Bereich Westpfalz eine Unterversorgung gebe, „und das weiß auch das Land“. Die Zahlen sprächen für sich: seit Beginn des Probebetriebs in Sembach vor zwei Wochen habe es bereits 35 Einsätze gegeben. „Dass der Bedarf so hoch ist, hat allerdings auch uns erstaunt“, so Lohre.

Zusatzausstattung für stark adipöse und hochinfektiöse Patienten

Für die Johanniter sei die Sachlage eindeutig. „Wir haben einen Vertrag mit dem Westpfalz-Klinikum über den Transport von Intensivpatienten, und den werden wir erfüllen“, so der Johanniter-Geschäftsführer. Dementsprechend habe der momentan in Sembach stationierte Hubschrauber eine Zusatzausstattung und sei beispielsweise in der Lage, stark übergewichtige Patienten zu befördern, was im Hinblick auf das Adipositaszentrum in Kirchheimbolanden eine Rolle spielt. Außerdem könnten damit auch hochinfektiöse Patienten verlegt werden. Bei Notfällen könne die Rettungsleitstelle nur auf den Hubschrauber in Sembach zurückgreifen, wenn kein anderes Rettungsmittel zur Verfügung stehe. „Wenn wir dann allerdings nicht fliegen würden, dann könnte man uns wegen unterlassener Hilfeleistung belangen“, schildert Lohre die Situation aus der Sicht der Johanniter. Dabei gebe es allerdings eine Regelung, die bei ihm für Empörung sorgt: Demnach habe die Rettungsleitstelle in Kaiserslautern die Auflage, den Johanniter-Hubschrauber erst zu verständigen, wenn innerhalb von zehn Minuten nach Eingang des Notrufs kein anderes Rettungsmittel zur Verfügung steht. Diese zusätzliche Wartezeit bedeute immer eine Gefahr für die betroffenen Menschen.

Geschäftsführer des Westpfalz-Klinikums sieht sich nicht unmittelbar betroffen

Jetzt müsse man nachverhandeln in der Hoffnung, dass die Kassen „ihren Boykott“ aufgeben. „Am einfachsten wäre natürlich, wenn das Innenministerium diesen Standort genehmigen würde“, so Lohre. Von dem aktuellen Streit um die Kostenerstattung bei Rettungsflügen sieht sich der Geschäftsführer des Westpfalz-Klinikums, Peter Förster, nicht unmittelbar betroffen. „Unser Vertrag mit den Johannitern ist davon nicht berührt. Wir haben im Jahr schätzungsweise fünf Patienten, die innerklinisch transportiert werden müssen, die Kosten für diese Transorte werden wir selbstverständlich übernehmen." 

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