Kultur Pirmasens: Lilli Elsner stellt trotz Ermittlungen gegen Galeristen in Neuffer-Kunsthalle aus

Die immer gleiche Frau im Wirbel der Malerei von Lilli Elsner.
Die immer gleiche Frau im Wirbel der Malerei von Lilli Elsner. Foto: KKa

Es dreht sich alles um eine Frau in der heute startenden Ausstellung der Pirmasenser Neuffer-Kunsthalle. Eine ganz bestimmte Frau mit einer recht groß wirkenden Nase, die so gar nicht dem aktuellen Schönheitsideal entspricht und auf den ersten Blick etwas angegriffen wirkt. „Ozeanische Entgrenzung“ nennt die aus Brandenburg an der Havel stammende Künstlerin Lilli Elsner ihre Ausstellung und lässt, wie das gute Kunst auch tun sollte, einige Fragen offen.

Es ist immer dieselbe Frauengestalt mit zu Berge stehenden Haaren auf ihren großformatigen Gemälden, die den Betrachter direkt ansieht und mit ihren Hautschattierungen den Eindruck erweckt, dass sie entweder gerade aus dem Fitnessstudio kommt oder aus anderen Gründen kräftig gelitten hat. Sie könnte sich auch mächtig bei der Gartenarbeit verausgabt haben, worauf die einzigen Requisiten auf den Bildern hindeuten. Gartenschere und Sichel sind mehrfach auf den Gemälden zu sehen.

„Frische und freche Malerei“

Als „frische und freche Malerei“ hat die Galerie die Bilder der 26-jährigen Künstlerin angekündigt. Und in der Tat schert sich Lilli Elsner wenig um die Konventionen. In ihrer Biografie vermerkt sie explizit, dass sie nach fünf Semestern an der Berliner Universität der Künste das Studium wegen „fehlenden Erkenntnisgewinns“ abgebrochen habe. Die in Brandenburg an der Havel geborene Künstlerin lebt auch immer noch dort. Der Metropolenzwang, der sonst für Künstler gelten mag, interessiert Elsner nicht.

Für die Malerei selbst lässt sie Textilien mit immer gleichen Motiven bedrucken. Röhrende Hirsche, Papageien und Heuschrecken bilden den Hintergrund für die immer gleiche Frauengestalt, die bis zu siebenfach auf einer Leinwand herumschwirrt. Immer mit diesem Blick, der erstaunt, fragend und neugierig in die Augen des Betrachters schaut.

Amazonen und Himmelstöchter mit Scheren bewaffnet

„Amazonenmythos“ oder „Himmelstochter vaterlos“ sind die Titel einiger der Bilder. Sie geben eine Richtung für die Interpretation der forsch auftretenden Frauengestalt vor, von der meist nur das Gesicht zu sehen ist. Amazonen und Himmelstöchter sind also hier zu sehen. Frauen, die selbstbestimmt mit der Heckenschere bewaffnet, ihren Mann pardon: ihre Frau stehen. Aggressivität ist den Figuren von Elsner aber fremd. Das Weibliche bleibt der Frauengestalt erhalten. Was da mit Heckenschere und Sichel abgeschnitten werden soll, bleibt offen. Es könnten auch wirklich nur Gestrüpp oder Kräuter sein. So mancher Vertreter des männlichen Geschlechts wird aber sicher anderes befürchten. Aber wie gesagt, der Gesichtsausdruck der Protagonistin in Elsners Malerei sagt anderes.

Auffällig ist die große Dynamik und Energie, die von der Künstlerin in die Bilder gelegt wurden. Wie in einem Wirbel drehen sich die Gesichter auf mehreren Bildern um eine Frauengestalt in der Mitte. Gelegentlich schweben undefinierbare Kugeln als Andeutung eines Traums ins Bild. Das wird dann wohl mit dem Ozean gemeint sein, in dem sich die Frau wild träumend entgrenzt, befreit und vom Hintergrund miefiger Hirschtapeten löst. Es dürfte ein anstrengender, schweißtreibender Kampf gewesen sein, der auch die ein oder andere Schramme hinterlassen haben könnte.

Ausstellung stand auf der Kippe

Die Ausstellung hat im Vorfeld in Pirmasens für Furore gesorgt. Der Pirmasenser Unternehmer Bernd Hummel, der die Neuffer-Kunsthalle seit genau 25 Jahren betreibt und dort bereits rund 100 Ausstellungen veranstaltete, arbeitet immer mit Galeristen zusammen, die den Künstler mitbringen und sich um den Verkauf kümmern. Für Elsner wollte er erstmals mit einem Berliner Stargaleristen kooperieren. Gegen den Galeristen wird jedoch seit wenigen Wochen wegen des Verdachts des Betrugs ermittelt und zeitweise war der Galerist sogar in Haft. Einen falschen Gerhard Richter soll er einem Gläubiger untergeschoben haben, so der Vorwurf der Berliner Staatsanwaltschaft. Die Galerie in Charlottenburg ist inzwischen geschlossen. Die Ausstellung in Pirmasens wird von einer früheren Mitarbeiterin des Galeristen zusammen mit der Künstlerin veranstaltet. Die wird heute Abend bei der Vernissage auch anwesend sein. Der in der Einladung angekündigte Galerist wird nicht kommen.

Die Ausstellung

„Ozeanische Entgrenzung“ in der Neuffer-Kunsthalle, Neufferstraße, Pirmasens, bis zum 7. Dezember. www.neuffer-am-park.de

x