Country-Musik Johnny Cash, der „Man in Black“: Er wäre jetzt 90

Der einzige, der es gleichzeitig in die „Hall of Fame” des Rock'n'Roll, des Country und der Songwriter schaffte: Johnny Cash.
Der einzige, der es gleichzeitig in die »Hall of Fame« des Rock'n'Roll, des Country und der Songwriter schaffte: Johnny Cash.

Ein Bild, das bleibt: Die Gitarre lässig über den Rücken gehängt, betritt ein schwarz gekleideter Mann die Bühne und sagt: „Hello, I’m Johnny Cash“. Auch fast 20 Jahre nach seinem Tod ist er unvergessen, ein Monument der Country-Musik. An diesem Samstag wäre sein 90. Geburtstag.

Auf dem Friedhof von Hendersonville, einer Kleinstadt in Tennessee, eine halbe Stunde von Nashville entfernt, liegen auf einer grünen Wiese Hunderte kleiner Grabplatten. Ganz schlichte. Zwischen ihnen hindurch führt ein kleiner Fußweg zum Grab von Johnny Cash. Seit 2003 liegt er hier, begraben neben seiner Frau June Carter, die wenige Monate vor ihm verstarb. Ihr gemeinsames Grab auf einem kleinen Hügel in der Mitte des Friedhofs Memory Gardens ist größer als alle anderen. Hinter ihm steht eine Bank aus schwarzem Granit, in den mit weißen Lettern „I Walk The Line“ eingraviert ist, der größte Hit des Musiker, der heute 90 Jahre alt geworden wäre.

Als Cash am 12. September 2003 an den Folgen einer schweren Diabetes stirbt, steht er – wieder einmal – auf einem Höhepunkt seiner Karriere. Ein Jahrzehnt zuvor hatte er noch Probleme, überhaupt einen Plattenvertrag zu bekommen, denn in Nashville wollte man es inzwischen jünger und poppiger. Doch als er mit Rick Rubin seine „American Recordings“ aufnimmt, auf denen er minimalistisch und düster mit tiefer, mächtiger Stimme von Schuld, Buße und Erlösung erzählt, kommt der Erfolg zurück. Cash wird zur Ikone selbst für die Generation seiner Enkel. Und viele alte Fans haben das Gefühl, ihm Unrecht getan zu haben, denn Country-Musik klang doch irgendwie reaktionär und gestrig. Dabei wurde lange nicht gesehen, welch gewaltige Figur der „Man in Black“ stets gewesen ist. Dazu kommt eine geradezu makabre Faszination: Man weiß um Cashs schwere Krankheiten, man hört, wie seine Stimme immer brüchiger wird, und man sieht seine gramgebeugte Gestalt, die nie aufgibt.

Gitarrenspiel in Augsburg

Bis heute bleibt das Bild, das Cash über 50 Jahre lang prägte, wie er, die Gitarre lässig über den Rücken gehängt, die Bühne betritt, und er sich ganz so, als sei das Publikum nur durch Zufall in sein Konzert geraten, vorstellt: „Hello, I'm Johnny Cash!“. Der Superstar der Country-Musik blieb stets bescheiden, hat nie vergessen, dass er einmal ganz unten angefangen hat, dass hm das Leben immer wieder Fallen gestellt hat. Native Americans, also Ureinwohner, und Strafgefangene sind sein liebstes Publikum. Menschen, die am unteren Ende der sozialen Leiter stehen, die das Elend in unterschiedlichen Facetten kennen, das er selbst in frühester Jugend zu spüren bekam.

Als viertes von sieben Kindern eines Farmers in Arkansas geboren, muss Johnny bereits in jungen Jahren erfahren, was es heißt, arm zu sein. Er arbeitet auf den Feldern, heuert mit zehn bei einer Straßenbaukolonne an und schleppt mit zwölf drei Meter hohe Baumwollballen. Abends lauscht er dann der Mutter, wenn sie zur Gitarre Folksongs singt. Von den Country-Stars aus dem Radio beeinflusst, beginnt er als Zwölfjähriger, Songs zu schreiben, und mit seinem ersten selbst verdienten Geld besucht er die Country-Konzerte im örtlichen Lebensmittelladen. Doch erst als Soldat in Landsberg bei Augsburg lernt er Gitarrespielen.

Schwimmer gegen den Strom

1954 verlässt Cash die Air Force, zieht nach Memphis und jobbt als Vertreter, bis er auf die Gelegenheitsmusiker „Tennessee Three” trifft. Mit ihnen hat er 1955 die ersten regionalen Erfolge: „Hey, Porter” und „Cry, Cry, Cry”. Er tritt nun neben Elvis Presley und Carl Perkins auf, und schon ein Jahr später schafft er mit „I Walk The Line” den Sprung in die US-Popcharts.

Johnny Cash erlangt als erster Country-Sänger internationalen Ruhm, wird neben Willie Nelson und Waylon Jennings zum wichtigsten Protagonisten der alternativen Country-Bewegung und schließlich sogar von der Grunge-Generation als Urvater ihres Genres entdeckt. Cash verfügt über Charisma und gilt als aufrechter, kritischer US-Amerikaner, der von den Liberalen und der Mittelschicht verehrt wird, der andererseits aber auch patriotische Lieder wie „Sold Out Of Flagpoles” schreibt.

Gegen den Strom

So war Cash stets ein Schwimmer gegen den Strom, der sich keinem Klischee unterwarf und deshalb im Country-Mekka Nashville bald als Rebell misstrauisch beäugt wurde.

Weit mehr als 100 Platten mit über 1500 Songs hat er aufgenommen und über 50 Millionen Mal verkauft. Er kam damit annähernd 50 Mal unter die Top 100 der Charts und gewann acht Grammys. Johnny Cash ist der einzige Künstler, der gleichzeitig in die „Hall of Fame” des Rock'n'Roll, des Country und der Songwriter aufgenommen wurde.

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